Himmlisch Verliebt
hast, würde ich mich freuen, sie zu hören«, bittet er mich. »Ich glaube, es fehlt noch der letzte Schliff.«
»Ich mache mir ein paar Gedanken.« Als ich meinen imaginären Blick über seinen imaginären Artikel wandern lasse, kommt mir die Realität in die Quere.
»Kannst du das nachher im Sekretariat abgeben, Gemma?« Cindy hält einen Locher in der Hand. »Ich habe Mrs Flint versprochen, ihn vor Ende des Schultages zurückzubringen.«
Sam unterbricht sie. »Ich muss sowieso am Sekretariat vorbei«, sagt er. »Dann werde ich ihn abgeben.«
Cindy wirft ihm einen dankbaren Blick zu. »Sam, du bist mein Retter in der Not.« Dann lässt sie ihren Blick durch den Raum wandern. »Braucht sonst noch jemand Gemmas Hilfe?«, fragt sie und bietet mich an wie ein rohes Stück Fleisch.
Will mustert mich von oben bis unten, als hätte er sich einen Sportwagen gewünscht und stattdessen leider einen Hometrainer bekommen.
Phil kratzt sich am Ohr. »Wir brauchen keine Hilfe.«
Überraschung!
»Trotzdem danke, Gemma«, fügt David hinzu.
Wenigstens sind sie höflich.
»Ja«, stößt Barbara hervor. »Danke, Gemma. Du wirst uns bestimmt eine große Unterstützung sein. Da bin ich mir sicher.« Sie lächelt mir freundlich zu und klemmt sich eine widerspenstige Locke hinter das Ohr.
»Ich habe weitere Neuigkeiten.« Cindy tippt mit ihrem Stift auf den Tisch. »Ich habe eine wundervolle Astrologin namens Jessica Jupiter dazu überreden können, die Horoskope für unser
Webzin
zu schreiben.«
Mein Herz hämmert. Also werden meine Worte unter dem Namen Jessica Jupiter veröffentlicht? Das klingt nach einer Comicheldin.
»Wer ist Jessica Jupiter?«, fragt Will.
»Sie hat früher für die Zeitung meines Vaters gearbeitet«, erzählt Cindy.
»Und jetzt arbeitet sie für uns?« Will sieht nicht gerade überzeugt aus. »Unbezahlt?«
»Aus alter Freundschaft zu meinem Vater.«
»Sie schuldet ihm was, nicht?« Will kichert.
»Sie ist eine Freundin der Familie .« Wenn Cindy richtige Laseraugen hätte, wären die tödlich.
Sie steht auf und kommt mit einer Plastiktüte in der Hand auf mich zu. Was wird das denn? Sie leert die Tüte aus, und ein Schwall von Nagellack, Lippenstiften, Eyelinern und Testdöschen klappert auf meinen Tisch. »Kannst du mir helfen, die zu bewerten, Gemma? Ich bin komplett damit beschäftigt, an unserem Layout zu basteln.«
Sie sollte meine Jobbezeichnung von Redaktionsassistentin in Versuchskaninchen umändern. Ich nehme eines der Döschen und lese die Beschriftung. Faltencreme. Großartig. Ich bin immer noch mit Pickeln beschäftigt und soll mich um Falten kümmern.
Cindys Wimpern klimpern, als sie sich an Sam wendet. »Wärst du so nett, mir bei dem Design unseres
Webzins
behilflich zu sein, Sam?«, fragt sie zuckersüß.
In mir kribbelt es vor Enttäuschung, als Sam nickt. Kann hier niemand den Befehlen der Eiskönigin widersprechen?
Mein innerer Nachrichtenticker bastelt an einer Überschrift:
Erbarmungslose Diktatorin erringt den Sieg, als die Opposition zerbröckelt
Auch der letzte Widerstand fiel an diesem Nachmittag der Charmeoffensive der herzlosen Diktatorin Cindy Jensen zum Opfer. Unter Einsatz ihres Gammastrahlen-Blickes und ihrer tödlichen Wimpern nutzte Jensen einen klassischen Zangenangriff, um die Rebellen einzukreisen und sie in willenlose Untertanen zu verwandeln. Die mutige Widerstandsanführerin Gemma Stone wurde gezwungen, sich zu verstecken, als die letzten Reste ihrer Redefreiheits-Bewegung zusammenbrachen. Gemma schmuggelte folgende geheime Botschaft nach draußen: »Ich bin bereit, meine Kameraden zu befreien. Doch ohne Unterstützung und mit der bescheidenen Munition, die mir zur Verfügung steht, sehe ich mich nicht dazu imstande, Jensens gnadenlosen Vormarsch zu stoppen.«
Als Sam und Cindy sich zusammen hinter den Bildschirm setzen, flüstern und die Maus hin und her schieben, öffne ich seufzend den Browser. Ich recherchiere jetzt besser erst einmal zum Thema Astrologie. Es ist vielleicht nicht der beste Job beim Webmagazin, dennoch bin ich fest entschlossen, ihn gut zu machen.
Jeff starrt niedergeschlagen auf seine lange Liste mit den Sportveranstaltungen. Will hämmert auf seine Tastatur ein und runzelt ab und zu die Stirn, wenn er auf den Bildschirm blickt. Die Zwillinge arbeiten ruhig nebeneinander, während Barbara an ihrem Stift saugt und auf ihre Notizen blickt.
»Ich kann mich nicht entscheiden, welches Thema ich diese Woche nehme«, seufzt sie.
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