Himmlisch verliebt
gut verstehen. Er spürte ja selbst, wie unruhig ihn die Situation machte. Lilith um sich zu wissen machte ihn glücklich und beruhigte ihn. Aber sie hinderte ihn auch daran, Merle von ganzem Herzen zu lieben.
Merle schaute ihn nachdenklich an. Dann küsste sie ihn noch einmal lange und innig. Der Kuss ging Elias durch und durch. Es war so schön, ihre Lebendigkeit zu spüren.
Als sie von seinem Schoß kletterte, spürte er ihre nackten Füße auf seinen Oberschenkeln. Seine Hände umfassten kurz ihre Fußknöchel. Merle lachte und schüttelte sie ab. Dann sprang sie leichtfüßig von der Schaukel und schlüpfte in ihre Sandalen.
„Ich muss gehen“, sagte sie. „Es ist schon spät.“
Er nickte. Machte keine Anstalten, sie am Gehen zu hindern. Er brauchte ein bisschen Zeit, um in Ruhe über alles nachzudenken.
Lilith sah Merle nach, wie sie in der Dunkelheit verschwand. Jetzt war der Moment gekommen, mit Elias zu reden. Immer noch saß er still auf der Schaukel, bewegte sich nur ganz leicht hin und her, die Beine am Boden. Lilith betrachtete sein Gesicht. Es hatte sich verändert. Seitdem er bewiesen hatte, dass er mehr konnte, als Computer zu spielen, seit er mit ihr gemeinsam um Alinas Rettung gekämpft hatte, war ein anderer Zug um seinen Mund zu sehen. Entschlossener sah er plötzlich aus. Ernster. Reifer. Männlicher. Es tat weh ihn jetzt zu verlassen. Und doch wusste Lilith, dass sie genau das tun musste.
Langsam ging sie auf ihn zu. Als sie direkt vor ihm stand, hob Elias den Kopf. Er sah ihr direkt ins Gesicht.
„Du bist da, Lilith“, sagte er.
„Ja, ich bin da“, antwortete sie.
Er stand auf und ging in ihre Richtung. „Kannst du dich sichtbar machen?“, fragte er.
Lilith lächelte. Sie spürte, wie sich ihr Körper erwärmte, spürte, wie es in ihren Armen und Beinen zu kribbeln begann, wie das Leben in sie zurückkehrte.
„Wie schön du bist“, sagte Elias leise. Seine Stimme klang traurig. „Ich liebe dich so sehr.“
„Elias“, erwiderte Lilith leise. „Ich liebe dich auch. Aber wir beide …“
„Ich weiß“, unterbrach sie Elias.
„So, wie wir jetzt zusammen sind, ist es eine unglückliche Beziehung“, fügte Lilith hinzu. „Du traust dich nicht, dich in Merle zu verlieben, solange ich bei dir bin.“ Elias wollte etwas erwidern, aber Lilith winkte ab. „Ich weiß, dass es so ist. Und so kann es einfach nicht weitergehen. Das ist unfair, Merle gegenüber, und es wird auch dich unglücklich machen. Und mich ebenfalls.“
„Ich weiß“, sagte Elias wieder. Eine Weile schaute er auf den Boden vor sich. Dann richtete er seinen Blick wieder auf Lilith. „Du wirst mich verlassen, oder?“, fragte er.
Lilith nickte.
Elias schluckte. Sah wieder auf den Boden und schwieg. Nach einer langen Pause räusperte er sich. „Und wer wird dann bei mir sein?“
„Ich werde Seraphin bitten dir jemanden zu schicken“, sagte Lilith. „Ich glaube, es ist gut, wenn du einen männlichen Begleiter zur Seite hast. Er würde besser für dich sorgen, als ich.“
„Du warst die beste Begleiterin, die ich mir vorstellen kann“, erwiderte Elias. Seine Stimme klang belegt. Lilith sah, wie seine Augen feucht wurden.
Er blinzelte die Tränen weg. „Wie viel Zeit haben wir noch?“, fragte er.
„Wir haben die ganze Nacht“, erwiderte Lilith.
„Dann lass sie uns ganz für uns allein haben“, sagte Elias.
Sie legte ihren Arm um Elias. Er drückte sie an sich. Eng umschlungen gingen sie durch den Park, spazierten weiter über eine Wiese, bis sie schließlich an einem See ankamen. Dort ließen sie sich auf einer Bank nieder, schauten, wie sich das Mondlicht im See spiegelte. Einen kurzen Moment lang dachte Elias daran, sich bei seiner Mutter zu melden, damit sie sich keine Sorgen machte. Doch er hatte keine Lust, das Handy aus der Tasche zu ziehen. Jede Sekunde zählte nun. Seine Mutter würde das verstehen. Lilith und er redeten nicht viel. Sie schauten auf den See, sie hielten sich aneinander fest, sie küssten sich immer und immer wieder.
„Wohin wirst du gehen, wenn du nicht mehr bei mir bist?“
Diese Frage hatte Elias schon eine ganze Weile auf den Lippen gebrannt.
Lilith zuckte die Schultern. „Seraphin wird eine andere Aufgabe für mich haben. Vielleicht holt er mich eine Weile auf die zweite Stufe zurück. Vielleicht darf ich aber auch auf der ersten Stufe bleiben und einen anderen Menschen beschützen. Das weiß ich noch nicht.“
Wieder schwiegen sie. Die Traurigkeit
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