Himmlische Leidenschaft
sie sich anfühlten.
»Es ist nichts, weswegen man sich schämen müßte«, meinte Lola. »Ich hab’ gehört, manche Frauen mögen es, für einen Mann die Beine zu spreizen.«
Ein Schauder des Abscheus überlief Sarah.
»Ich habe es nicht gemocht«, sagte sie gepreßt.
»Ich selbst hab’ mir auch nie sonderlich viel daraus gemacht, bis ich Ute begegnet bin. Es macht die Sache erträglicher, wenn man einen Mann mag. Je mehr man ihn mag, desto erträglicher wird es.«
Blindlings streckte Sarah der anderen Frau den Beutel hin.
»Hier, nimm ihn zurück«, sagte sie. »Ich werde ihn nicht brauchen.«
»Das hat Conner auch gesagt, als du ihm neulich geraten hast, eine Jacke überzuziehen. Und was passierte?«
»Er hat sie nicht angezogen«, gab Sarah zurück.
»Und dann kam er mit eingekniffenem Schwanz und halb erfroren nach Hause zurückgeschlichen.«
»Ich bin nicht Conner.«
»Zum Teufel, Mädchen, natürlich bist du das nicht. Conner kann kein Kind in seinem Bauch tragen.«
Sarah griff nach Lolas Hand, drückte energisch den kleinen Lederbeutel hinein und ließ ihn los.
Die ältere Frau zuckte nur die Achseln und schob den Beutel wieder in ihre Hosentasche.
»Wenn du es dir anders überlegst, brauchst du nur zu rufen«, sagte sie.
Sarah nickte, doch als sie es tat, schoß ihr unwillkürlich der Gedanke durch den Kopf, daß es schlimmere Dinge gab, als Cases Baby zu bekommen.
Weitaus schlimmere.
»Sarah, bist du wach?«
Utes leiser Ruf ließ sie mit einem Ruck aus dem Schlaf hochfahren, während ihr Herz wie verrückt hämmerte.
»Was ist los?« flüsterte sie. »Banditen?« »Nein. Es geht um Case.«
»Was ist denn mit ihm?«
»Er wirft sich auf seinem Lager hin und her und stöhnt so laut im Schlaf, daß es Tote aufwecken könnte.«
Sie überlegte hastig. Sie hatte Case seit dem Nachmittag des vergangenen Tages nicht mehr zu Gesicht bekommen, als er das Haus verlassen hatte, während sie und die anderen das uralte Miniaturtongeschirr bewunderten.
»Ist er krank?« fragte sie besorgt.
»Nein, Ma’am. Nur schrecklich unruhig. Ruft ständig irgendwelche Namen und stöhnt und wälzt sich herum.«
Genau wie in seinen Fieberträumen, dachte sie. Ob er wieder nach seiner kostbaren Emily ruft?
»Dann weck ihn auf«, sagte sie.
»Ich werde mich hüten«, erwiderte Ute nachdrücklich.
»Warum?«
»Das letzte Mal, als ich einen Mann aufgeweckt habe, der sich wild im Schlaf herumwarf und stöhnte, hätte er mich beinahe umgebracht, bevor er wieder zu sich kam. Aber dir würde Case kein Haar auf dem Kopf krümmen, ganz gleich, was geschieht.«
»Na schön«, sagte sie und schlug die Bettdecke zurück. »Ist Conner oben auf dem Felsrand?«
»Ja, er hat mich gerade abgelöst. Daher habe ich auch Case im Schlaf rufen hören. Ich bin auf dem Rückweg zum Haus an seinem Lager vorbeigekommen.«
»Leg dich hin und sieh zu, daß du etwas Schlaf bekommst. Ich werde nach Case sehen.«
»Äh, Sarah?«
»Was?«
»Es wäre sicher ratsam, wenn du zuerst auf ihn einsprichst, ganz ruhig und vorsichtig, bevor du ihn an der Schulter rüttelst, verstehst du?«
»Ich habe schon öfter mit wilden Tieren gearbeitet«, erwiderte sie trocken.
Utes Lachen klang, als riebe man zwei Hände voll Geröll aneinander.
Sarah zog sich rasch an, griff nach einer Jacke und eilte in die Nacht hinaus.
Der Nachthimmel über ihr glich einer Explosion von Silber und Schwarz. Die atemberaubende Schönheit des Anblicks ließ Sarah mehrere Herzschläge lang wie verzaubert innehalten. Ihr Atem kam in einem staunenden Seufzer über ihre Lippen, der sich in kleine silberne Wölkchen verwandelte, als er zu dem glitzernden Gewölbe der Nacht aufstieg.
Dann biß die Kälte durch ihre Jacke und das Hemd und die Hosen aus Rehleder, und der Bann war gebrochen. Fröstelnd setzte sie sich in Bewegung und strebte zu dem hohen Salbeigebüsch, wo Case sein »Lager« aufgeschlagen hatte.
Ute hatte recht.
Case schlug im Schlaf um sich und wälzte sich ruhelos hin und her, während er ununterbrochen Wortfetzen und Namen vor sich hinmurmelte. Die unzusammenhängenden Laute übertönten nur knapp das Knirschen und Quietschen der Ölhaut, auf der er schlief.
Dennoch war sich Sarah sicher, daß sie Emilys Namen am häufigsten aus dem Gemurmel heraushörte.
Vorsichtig näherte sie sich dem Lager. Sie sehnte sich danach, Case in die Arme zu nehmen und beruhigend zu streicheln, bis sie verjagt hatte, was immer es sein mochte, was seine Alpträume
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