Himmlische Leidenschaft
verursachte. Sie hatte das gleiche viele Male für Conner getan in den Jahren, nachdem die Flutkatastrophe ihre Familie getötet hatte.
Doch statt Case zu berühren, hockte sie sich ein paar Schritte von ihm entfernt auf den Boden. Er war ein Kämpfer, der sich allein schlafen gelegt hatte, im Freien außerhalb des Blockhauses. Wenn er plötzlich fühlte, wie jemand nach ihm griff, würde er automatisch davon ausgehen, daß es ein Feind war, und entsprechend reagieren.
»Case«, sagte sie beschwichtigend. »Ich bin’s, Sarah. Beruhige dich. Ich bin ja bei dir. Du bist in Sicherheit, Case. Alles ist gut.«
Sie wiederholte die Worte viele Male, wobei sie ihre sanfteste Stimme benutzte, den Tonfall, den Case als Sonnenschein und Honig bezeichnet hatte.
Nach einer Weile hörte er auf, sich in seinem Schlafsack von einer Seite auf die andere zu werfen und qualvoll zu stöhnen. Er war noch immer unruhig, aber er schlug nicht länger wild um sich wie ein Tier, das in der Falle gefangen ist.
»So ist es gut«, murmelte sie beruhigend. »Hab keine Angst. Niemand wird dir etwas tun. Ich sorge dafür, daß dir nichts passiert.«
Sie rutschte vorsichtig ein Stück näher an ihn heran, während sie die ganze Zeit leise auf ihn einsprach. Was sie sagte, war eine Mischung aus Sinn und Unsinn, ein sanft dahinplätschernder Fluß von Lauten, der ihn auf einer tieferen Bewußtseinsebene beruhigte, als es bloße Worte vermocht hätten.
Als sie seine Hand streichelte, stieß er einen zittrigen Seufzer aus. Sein Arm schloß sich um sie und zog sie zu sich herab.
»Emily«, murmelte er mit undeutlicher Stimme. »Ich dachte schon, du wärst für immer fort. Komm, kriech unter die Decke und Schlaf. Onkel Case wird die bösen Geister wegjagen.«
Sarah war zu überrascht, um zurückzuweichen, als er zärtlich mit der Hand über ihr Haar strich, ihren Kopf an seine Brust schmiegte und die Schlafsackdecke über ihrer beider Schultern heraufzog.
Sein Verhalten hatte überhaupt nichts Sexuelles an sich. Er hielt sie im Arm, als ob sie ein Kind wäre statt einer Frau.
Onkel? dachte sie verblüfft. Ist seine geliebte, schmerzlich vermißte Emily etwa, seine Nichte?
Sarah war schon drauf und dran, Case zu wecken und ihm zu sagen, daß sie nicht Emily war. Doch als sie spürte, wie er sich neben ihr entspannte, gab sie den Gedanken wieder auf. Er war nicht länger unruhig und murmelte unzusammenhängende Worte vor sich hin, während er gegen etwas kämpfte, was nur er sehen konnte. Sein Körper war jetzt vollkommen entspannt, geschmeidig.
Ein langer, tiefer Seufzer kam über seine Lippen, als er sie an seine Seite schmiegte. Dann verlangsamte sich der Rhythmus seines Atems und sagte ihr, daß er fest eingeschlafen war.
Eine Zeitlang horchte Sarah auf das gleichmäßige Pochen seines Herzens unter ihrer Wange und beobachtete die Pracht der Sterne am nächtlichen Himmel. Die beißende Kälte der Nacht wurde durch Cases pure Körperwärme in Schach gehalten. Es war, als ob man sich neben einem Feuer zusammenrollte, das niemals geschürt werden mußte.
Ein tiefer Atemzug ließ den Duft nach Salbei und Wolle und Mann in ihre Nase steigen. Seufzend kuschelte sie sich noch fester an Case, schwelgte in dem Gefühl seines Armes um sie, während seine Hand ihren Nacken umschlungen hielt und sein Atem als ein warmer Hauch über ihr Haar streifte.
Seine Hitze drang durch ihre Haut, wärmte sie bis ins Innerste und entspannte sie so vollkommen, daß ihr fast schwindelig vor Wohlbehagen war. Nicht einmal, seit der Hurrikan ihre Familie ausgelöscht hatte, hatte sie sich derart mit sich und der Welt in Frieden gefühlt.
Ich sollte ins Haus zurückgehen, dachte sie schläfrig. Case schläft jetzt ruhig und tief.
Widerstrebend begann sie, sich aus der Friedlichkeit und Wärme ihres gemeinsamen Nests zurückzuziehen. Sofort schloß sich sein Arm um sie und hielt sie fest.
»Case?« flüsterte sie. »Bist du wach?«
Er gab keine Antwort. Auch der Rhythmus seines Herzschlags oder seines Atems veränderte sich nicht.
Sie wartete, bis sich der Griff seines Armes lockerte. Dann versuchte sie erneut, sich von ihm zu lösen.
Wieder spannte sich sein Arm an. Er murmelte etwas und bewegte sich unruhig im Schlaf.
»Ruhig, ganz ruhig«, sagte sie beschwichtigend. »Ist ja gut. Ich werde bei dir bleiben.«
Für eine Weile, fügte sie schweigend hinzu.
Seufzend richtete Sarah sich darauf ein, weiter die atemberaubende Schönheit des Sternenhimmels zu
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