Himmlische Träume: Die Fortsetzung des Weltbestsellers "Chocolat" (German Edition)
Ihr seid willkommen.«
Und so nahmen wir auf den farbenfrohen Kissen Platz, die Männer auf der einen, wir Frauen auf der anderen Seite. Medhi Al-Djerba fand sich ein, mit Yasminas Mann Ismail. Er sieht seinem Bruder Saïd sehr ähnlich, hat allerdings einen Bart und ist westlich gekleidet. Mohammed sprach die Gebete. Alyssa war still, wirkte aber ganz zufrieden. Ich beobachtete amüsiert, wie Maya meiner kleinen Rosette Tischmanieren beibrachte – »So machen wir das, Rosette«, und: »Setz dich aufrecht auf dein Kissen« –, während Bam auf seine drollige Art alles nachahmte, kerzengerade auf dem Kissen saß und im Halbdunkel schimmerte.
Wir fingen mit Datteln an, wie es der Tradition beim Fastenbrechen im Ramadan entspricht. Dann ging es mit Harissa- und Rosenblättersuppe weiter. Es gab crêpes aux mille trous, Safran-Couscous und gegrilltes Lamm. Mandeln und Aprikosen zum Dessert, mit rahat lokum und Kokosreis. Zum Schluss die Pfirsichtaschen, die wir mitgebracht hatten, und Pralinen für alle.
Mohammed Mahjoubi aß wenig, aber er ließ sich von Maya eine Pfirsichtasche geben. »Du musst eine essen, jiddo. Rosette und ich haben beim Backen geholfen!«
Er lächelte. »Natürlich. Wie könnte ich da nein sagen? Schon gar nicht, wenn es Zaubertaschen sind.«
Auch Omi ließ sich bei den Pralinen nicht zweimal bitten. Dass sie keine Zähne mehr hat, stört sie nicht, sie wartet einfach, bis die Schokolade geschmolzen ist. »Die schmecken besser als Datteln«, verkündete sie. »Gebt mir noch eine.«
Mag sein, dass es keine echte Zauberei ist. Aber Speisen, die mit Liebe zubereitet werden, haben besondere Eigenschaften.
Mittlerweile war Mohammed müde geworden und kündigte an, jetzt ins Bett zu gehen.
»Gute Nacht«, murmelte er. »Es war ein langer Tag. Und morgen ist wieder einer.« Er warf Alyssa einen vielsagenden Blick zu.
»Aber es ist noch so früh!«, protestierte Maya. »Und du hast versprochen, dass du mit mir Dame spielst!«
»Es ist gleich Mitternacht«, mischte sich Omi ein. »Und Zauberpralinen haben auch nur eine begrenzte Wirkung. Alte Menschen werden schnell müde.«
»Du bist doch nicht müde!«, sagte Maya.
»Ich bin unverwüstlich«, antwortete Omi.
Maya dachte nach. »Wir brauchen die Katze«, sagte sie schließlich. »Hazi wird jiddo wieder froh machen. Ich sage meinem Dschinn, dass er sich darum kümmern soll.«
Yasmina lächelte. »Tu das.«
Während Yasmina die kleine Maya ins Bett brachte, kochte Zahra Minztee. Ich ging zu ihr in die Küche, die andern blieben nebenan sitzen und unterhielten sich. Yasmina nahm ihr Kopftuch ab, während sie den Tee zubereitete. Sie wirkte irgendwie bedrückt.
»Du machst dir immer noch Sorgen wegen Inès«, sagte ich.
Sie zuckte hilflos die Achseln. »Da bin ich wohl die Einzige.«
»Glaubst du, ihr ist etwas zugestoßen?«
Wieder zuckte sie die Achseln. »Wer weiß? Vielleicht ist sie das ganze Gerede einfach leid.«
»Ist sie wirklich Karims erste Frau?«
Zahra schüttelte den Kopf. »Ich weiß genau, dass sie es nicht ist.« Sie klang fest überzeugt.
»Glaubst du, sie ist seine Schwester?«
Jetzt schaute sie mich an. »Ich weiß, wer sie ist. Aber es steht mir nicht zu, darüber zu sprechen.«
Der Tee duftete wunderbar. In einer silbernen Teekanne, so schwer, dass man sie nur mit beiden Händen hochheben konnte, hatte Zahra zwei gute Handvoll frische Minze aufgebrüht. Aus der Tülle in Form einer Rosenknospe stieg Dampf auf, wie ein Flaschengeist im Comic.
Ich dachte an Mayas Dschinn. Sieht Maya ihn auf dieselbe Art, wie Anouk und Rosette ihre Freunde sehen? Ich muss sagen, es überrascht mich ein bisschen, dass ich ihn bisher noch nicht gesehen habe. Kinder haben eine lebhafte Phantasie, und ich bin dafür sehr empfänglich. Doch jetzt entdeckte ich im Wasserdampf auf einmal etwas anderes: ein Muster, wie Eisblumen auf einer kalten Fensterscheibe. Ich trat ein Stückchen näher heran. Der Geruch nach Minze hüllte Zahra und mich ein.
»Zahra, bitte. Ich will helfen«, sagte ich und streckte vorsichtig die Hand aus – allerdings nur in Gedanken. Das ist ein Trick, der gelegentlich Einblicke vermittelt, auch wenn ich meistens nur Schatten und Spiegelungen sehe.
Ein Korb mit feuerroten Erdbeeren, ein Paar gelbe Pantoffeln, ein Armband aus pechschwarzen Perlen, das Gesicht einer Frau im Spiegel. Wessen Gesicht ist das? Habe ich es schon einmal gesehen? Oder ist es das Gesicht der Frau in Schwarz? Wenn ja, dann ist es schöner,
Weitere Kostenlose Bücher