Himmlische Verfuehrung
Spritze in der Hand. Schrill lachend hob sie ihre Hand und stach die Spritze in die Infusionsflasche und drückte den Inhalt hinein.
„Du wirst sterben“, rief sie lachend und ihre Augen glühten wieder rot. Ich schrie und versuchte den Schlauch aus meinem Arm zu bekommen, doch es ging einfach nicht. Ich bekam ihn nicht heraus. Ich schrie weiter und strampelte, als ich merkte, wie jemand meinen Namen rief und mich an den Schultern packte.
„Jamie, Süße wach auf“, rief Sixt und ich öffnete meine Augen. Ich zitterte am ganzen Körper und Tränen liefen mir über das Gesicht. Sixt nahm mich sofort in seine Arme und schaltete das Licht ein.
„Hey, es ist alles gut. Es war nur ein Traum“, versuchte er mich zu beruhigen.
„Nein, sie ist hier und will mich umbringen.“ Panisch schaute ich mich im Zimmer um, doch ich konnte keine weitere Person entdecken.
„Hier ist niemand. Du hast nur schlecht geträumt. Ich bin doch bei dir.“ Er drückte mich fester an sich und küsste mich auf das Haar.
„Aber da war diese Frau und sie hat mir etwas in die Infusionsflasche gespritzt und gesagt, dass ich ... sterben werde. Und ... und ihre Augen ... sie glühten rot“, brachte ich unter einem Schluchzen heraus.
„Dir wird niemand etwas tun. Ich bin bei dir und pass auf dich auf“, sagte Sixt und spannte sich kurz an. Im nächsten Moment wich seine Anspannung der Fürsorge und er wischte mir zärtlich die Tränen aus dem Gesicht. Die Krankenzimmertür wurde geöffnet und die Krankenschwester betrat das Zimmer.
„Ist etwas passiert? Ich habe einen Schrei gehört“, fragte sie und schaute uns an.
„Nein, sie hat nur schlecht geträumt“, erwiderte Sixt.
„Dann ist ja gut. Eigentlich müsste ich bei Ihnen noch einmal den Blutdruck messen, aber jetzt werden die Werte erhöht sein und wir bekommen kein richtiges Ergebnis. Versuchen Sie noch etwas zu schlafen. Ihr Körper muss sich von dem Unfall erholen. Ich werde nachher noch einmal wiederkommen. Aber die Infusion kann ich Ihnen schon einmal abmachen. Der Zugang bleibt aber noch drin, bis der Arzt morgen früh bei Ihnen war.“ Die Krankenschwester entfernte den Infusionsschlauch und warf ihn mit der Flasche in den Müll. Anschließend ging sie aus dem Zimmer und ließ uns allein.
„Du hast die Krankenschwester gehört. Versuch noch ein wenig zu schlafen“, sagte Sixt und setzte sich wieder neben mich.
„Ich weiß nicht, ob ich es kann.“ Sixt legte sich auf das Kissen und zog mich in seine Arme.
„Versuch es. Ich bin bei dir. Es wird dir nichts passieren.“
Ich wurde wach, als die Krankenschwester hereinkam. Die Sonne schien bereits ins Zimmer. Sixt lag nicht mehr neben mir. Ich schaute auf und entdeckte ihn mit dem Kissen und der Decke auf dem Stuhl neben meinem Bett. Er war ebenfalls durch das Eintreten der Krankenschwester wach geworden. Zumindest sah es so aus, denn er gähnte und streckte sich. Aber warum hatte er auf dem Stuhl geschlafen? Heute Nacht war er doch noch bei mir im Bett gewesen. Oder hatte er sich gerade erst, bevor die Schwester hereinkam, auf dem Stuhl gesetzt, damit sie es nicht merkte, wo er wirklich geschlafen hatte? Die Schwester kam zu mir, maß noch einmal den Blutdruck und den Puls und schüttelte das Kopfkissen auf.
„Wann kann ich denn nach Hause“, fragte ich sie voller Ungeduld. Ich hatte keine Lust mehr hier zu liegen. Zu Hause gefiel es mir viel besser.
„Nach dem Frühstück kommt der Arzt noch einmal und untersucht Sie. Wenn alles in Ordnung ist, können Sie gehen“, erklärte sie mir freundlich und verließ das Zimmer.
„So lange noch.“ Ich sprach mehr zu mir selber. Ich schaute zu Sixt herüber, der mich anlächelte. „Sag mal, was machst du da eigentlich“, fragte ich ihn.
„Ich habe nur kurz, bevor die Schwester gekommen ist, meinen Schlafplatz aufgesucht. Die sehen es hier nämlich nicht gerne, wenn man zu zweit im Bett liegt.“ Er setzte sich zu mir aufs Bett und küsste mich. Also stimmte meine Vermutung, dass er seinen Schlafplatz nur wegen der Krankenschwester gewechselt hatte, damit er keinen Ärger bekam. Es war ja schon nett gewesen, dass er überhaupt hier schlafen durfte. Da musste er die Gutmütigkeit der Krankenschwester beziehungsweise des Krankenhauses nicht noch weiter ausnutzen. Schließlich war es nicht selbstverständlich, dass man als Angehöriger im Krankenhaus übernachten durfte. Zumindest nicht bei einer erwachsenen Person. Bei Kindern sah es da schon etwas anders
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