Himmlische Versuchung - Engelsjägerin #1 (German Edition)
umwerfend attraktiv sein, denn er sah jetzt schon, blass und mehr als geschwächt, unverschämt anziehend aus. Ich seufzte leise und strich noch einmal über seine Wange. Seine hohe Körpertemperatur machte mir Sorgen. Das war ganz gewiss nicht normal. Er glühte regelrecht.
Ich riss mich von seinem perfekten Gesicht los, ging zurück zu meinem kleinen Schreibtisch und schaltete den Computerbildschirm an. Ich musste mehr über seine Spezies herausfinden, Dinge, die uns als Jäger sonst nicht interessierten. Leider konnte ich mich nicht im Hauptquartier schlaumachen, da ich mich sofort verdächtig gemacht hätte. Warum interessierte sich eine Jägerin, deren Job es lediglich war, so viele Engel wie möglich zu liquidieren, dafür wie man Wunden heilte oder eine zu hohe Körpertemperatur senkte? Das Argument, dass ich dieses Know-how für meine Gesundheit benötigte, war absolut unglaubwürdig, da wir Dämonen – sehr zum Leidwesen der Engel – zwar verwundbar, aber letztendlich unsterblich waren. Ein klitzekleiner Vorteil, der uns immer wieder die Oberhand gewinnen ließ, egal, wie viele geflügelte Heerscharen der Himmel zum Schutz der so gut wie ausgerotteten Menschheit auch aussandte.
Meine medizinische Fortbildung gestaltete sich kompliziert, denn der Großteil des digitalen menschlichen Wissens war verloren gegangen. Ich wusste nur, dass Menschen und Engel sich in ihren anatomischen Eigenschaften sehr ähnelten. Die Ergebnisse meiner Suche machten mich noch unruhiger als vorher. Die Schlagwörter »Blutvergiftung« und »Fieberkrampf« bereiteten mir Angst. Immer wieder tauchte ein Mittel namens Antibiotikum auf, das anscheinend nur noch in Geheimvorräten der Engel existierte. Ich las, dass man bei Fieber viel trinken musste. Wann hatte Levian das letzte Mal etwas getrunken? Ich hatte sowieso nur Dosenblut vorrätig. Was tranken Engel eigentlich?
Ich dachte noch darüber nach, da klingelte es, und das Gesicht meiner Mutter erschien auf dem Computerbildschirm.
»Ach, da bist du ja schon«, sagte sie etwas überrascht. »Ich hatte fast damit gerechnet, dass du schläfst, denn du hast diese Woche doch die Nachtschicht.« Ihr Ton klang missbilligend, so wie immer, wenn sie über meine Arbeit sprach.
»Ich habe gerade etwas geschrieben«, antwortete ich. Meine Mutter hatte mir gerade noch gefehlt. Ich stand viel zu sehr neben mir, als dass ich vernünftig mit ihr reden könnte. Das würde sie vermutlich auch sofort merken.
»Wie geht es dir, mein Kind?«
»Seit gestern unverändert.« Meine Mutter rief jeden Morgen an. Egal, ob ich Tag- oder Nachtschicht hatte.
»Hast du schlechte Laune?«
»Nein, Mutter. Mir geht es gut.«
»Das ist schön. Wann hast du deinen nächsten freien Tag?«
O nein, diese Frage kam mir bekannt vor. Bestimmt planten sie wieder, mir einen potenziellen Partner vorzustellen. Es schien ein Sport meiner Eltern zu sein. Sie gaben sich alle Mühe, mich »adäquat« zu verkuppeln. Sollte heißen, es durfte nur ein Blutdämon sein. Meine Mutter würde vermutlich in Ohnmacht fallen, würde ich zum Beispiel mit einem Echsengesicht auftauchen. Dabei galt die Dämonenrasse als sehr schlau, und die meisten arbeiteten als Wissenschaftler oder Forscher. Auch mein Exfreund Mik, der als Feuerdämon nah mit den Blutdämonen verwandt war, hatte nicht ihre Zustimmung gefunden.
Für mich waren diese arrangierten Treffen immer schrecklich anstrengend. Ich musste die wohlerzogene Tochter mimen, obwohl ich viel lieber ein paar verlauste Engel jagen würde. Meine Eltern schwiegen meine Tätigkeit gegenüber Gästen immer tot. Als eine Tochter der edelsten Dämonenrasse gehörte es sich nicht, sich die Hände schmutzig zu machen. Stattdessen wohnte man im Anwesen der Familie und wartete darauf, einen entfernten Cousin zu heiraten.
»Nikka, träumst du etwa? Wann hast du deinen nächsten freien Tag?«
Ihre Stimme riss mich aus meinen Gedanken. »Noch zwei Nächte. Ich muss noch zwei Nächte arbeiten, dann habe ich einen Tag frei.«
»Schön. Kommst du dann zu uns?«
»War das jetzt eine Frage?«
Meine Mutter lachte etwas künstlich, und die Edelsteine in ihren langen Ohrringen blitzten. Elegant überging sie meine Äußerung. »Dein Vater hat den Sohn eines Geschäftspartners eingeladen. Der junge Mann ist beruflich bereits sehr erfolgreich und dein Vater überlegt, ihn in sein Beraterteam zu berufen.«
»Aha.« Ich wusste es. Das nächste glattgebügelte Schwiegersohn-Schoßhündchen, das man mir
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