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Himmlische Wunder

Himmlische Wunder

Titel: Himmlische Wunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanne Harris
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nachkommen: Madame vom Hotel Le Stendhal , die sich sehr positiv entwickelt; Thierry Le Tresset, der die Chocolaterie ständig beobachtet, in der vergeblichen Hoffnung, irgendwann Roux zu erwischen; sowie Roux selbst, der nicht mehr in der Pension beim Friedhof wohnt, sondern auf dem Friedhof, wo ihm eine kleine Kapelle als Unterkunft dient.
    Ganz schön komfortabel, muss ich sagen. Diese Grabsteine wurden errichtet, um die reichen Toten mit einem Luxus zu verwöhnen, von dem die damals lebenden Armen nur träumen konnten. Ich habe ihn regelmäßig mit wohldosierten Fehlinformationen und Gerüchten versorgt, ich habe Verständnis gezeigt, ihn mit Schmeicheleien gelockt – vom Bargeld und von dem ständigen Nachschub an Spezialpralinen ganz zu schweigen. Trotz allem habe ich es immer noch nicht geschafft, sein Vertrauen und seine Zuneigung zu gewinnen, aber immerhin habe ich erreicht, dass er an Heiligabend kommt.
    Er hielt sich im hinteren Teil des Friedhofs auf, bei der Mauer zur Rue Jean le Maistre. Dort ist man am weitesten von dem Wärterhäuschen beim Eingang entfernt. Zwischen Kompost und Abfalleimern liegen kaputte Grabsteine auf ungepflegten Gräbern, und die Obdachlosen versammeln sich hier um ein Feuer in einer Mülltonne aus Metall.
    Heute waren es wieder mindestens fünf Männer, in viel zu großen Mänteln und mit Stiefeln, die so rissig und vernarbt sind wie ihre Hände. Die meisten waren alt – die jüngeren können sich ihrGeld in Pigalle verdienen, wo Jugend immer gefragt ist –, und einer von ihnen hatte einen so erbärmlichen Husten, dass er sich alle paar Minuten fast die Lungen aus dem Leib bellte.
    Die Männer musterten mich ohne große Neugier, als ich mir zwischen den vergessenen Gräbern hindurch einen Weg zu der kleinen Gruppe bahnte. Roux begrüßte mich wie immer betont gelangweilt.
    »Da sind Sie ja schon wieder.«
    »Wie nett, dass Sie sich freuen.« Ich reichte ihm eine Tüte mit Lebensmitteln – Kaffee, Zucker, Käse, ein paar Würstchen von der Boucherie um die Ecke und dazu Brötchen. »Aber bitte verteilen Sie diesmal nicht die Hälfte an die Katzen.«
    »Danke.« Endlich ließ er sich zu einem Lächeln herab. »Wie geht es Vianne?«
    »Gut. Sie fehlen ihr.« Das ist ein kleiner Köder, der nie seine Wirkung verfehlt.
    »Und Monsieur Großkotz?«
    »Er kapiert so langsam.«
    Ich habe es geschafft, Roux davon zu überzeugen, dass Thierry die Polizei nur alarmiert hat, um Vianne wieder für sich zu gewinnen. Ich habe ihm nicht detailliert geschildert, was ihm vorgeworfen wird, sondern ihm weisgemacht, man habe die Anklage aus Mangel an Beweisen bereits wieder fallen lassen. Die einzige Gefahr bestehe jetzt darin, dass Thierry in einem Wutanfall Vianne aus der Wohnung werfe, wenn sie sich zu schnell Roux zuwende, und deshalb müsse er sich noch eine Weile gedulden – er solle warten, bis der Staub sich legt, und mir vertrauen, dass ich Thierry zur Vernunft bringe.
    Solange tue ich so, als würde ich an sein Boot glauben, das angeblich im Port de l’Arsenal liegt. Die Existenz dieses Bootes macht ihn (auch wenn es nur eine Fiktion ist) zu einem Mann mit Besitztum, zu einem Mann, der seinen Stolz behält und der keineswegs Almosen annimmt, wenn ich ihm Lebensmittel und Geld bringe – nein, er tut uns allen einen Gefallen, weil er in der Nähe bleibt, um auf Vianne aufzupassen.
    »Haben Sie heute schon nach Ihrem Boot geschaut?«
    Er schüttelte den Kopf. »Später vielleicht.«
    Das ist das zweite Märchen, das ich zu glauben vorgebe. Dass er jeden Tag zum Port de l’Arsenal geht, um nach seinem Boot zu sehen. Ich weiß selbstverständlich, dass er das nicht tut. Aber ich sehe es gern, wie er sich windet.
    »Ich hoffe ja, dass Thierry bald zur Vernunft kommt«, sagte ich. »Aber wenn nicht, dann tröstet mich der Gedanke, dass Vianne und die Kinder eine Zeit lang bei Ihnen auf dem Boot unterkommen können. Wenigstens bis sie eine neue Wohnung finden – was um diese Jahreszeit gar nicht so einfach ist –«
    Er funkelte mich böse an. »Ich will nicht, dass es so weit kommt.«
    Ich lächelte nett. »Natürlich nicht«, sagte ich. »Aber es ist trotzdem gut zu wissen, dass es die Möglichkeit gibt – mehr nicht. Und wie sieht’s mit morgen aus, Roux? Haben Sie irgendwelche Kleidungsstücke, die gewaschen werden müssen?«
    Wieder schüttelte er den Kopf. Wie ist er eigentlich bisher durchgekommen? Um die Ecke ist ein Waschsalon, das stimmt, und in der Nähe der Rue

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