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Himmlische Wunder

Himmlische Wunder

Titel: Himmlische Wunder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanne Harris
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Frauen nach ihren Handtaschen aus, muss man wissen – er hat eine gestaffelte Preisskala, je nach Handtasche, und er erkennt sofort, wenn eine Marke gefälscht ist.
    »Fälschungen sprechen mich einfach nicht an«, sagt er, »Aber zeig mir eine hübsche Louis Vuitton Tasche, und ich bin dabei.«
    Jean-Loup lachte, als ich ihm das erzählte. Rosette lachte ebenfalls, aber ich glaube nicht, dass sie verstanden hat, worum es ging. Sie findet Jean-Loup und seine Kamera ganz toll. Wenn sie ihn sieht, macht sie immer das Zeichen für Bilder . Damit meint sie natürlich die Digitalkamera. Sie posiert gern für Fotos und will sich dann gleich sehen.
    Dann schlug Jean-Loup vor, wir könnten doch auf den Friedhof gehen und dort nachsehen, ob vom Schnee noch etwas übrig war. Also gingen wir die Stufen bei der Seilbahn hinunter und dann die Rue Caulaincourt entlang.
    »Siehst du die Katzen, Rosette?«, fragte ich sie, als wir von der Eisenbrücke auf den Friedhof hinunterschauten. Offenbar hatte jemand sie gefüttert, denn um den Eingang herum drängten sich über zwanzig Katzen, dort, wo es im unteren Teil des Friedhofs zu einem großen, runden Blumenbeet geht, von dem wie bei einem Kompass lauter lange, gerade Gräberstraßen ausstrahlen.
    Wir gingen die Stufen zur Avenue Rachel hinunter. Dort war es dunkel – wegen der Brücke und weil die schweren Wolken von oben drückten. Jean-Loup hatte gesagt, auf dem Friedhof gebe es bestimmt mehr Schnee als auf den Straßen, und er hatte recht: Jeder Grabstein trug eine weiße Mütze. Aber der Schnee war nass und voller Löcher, und man konnte sehen, dass er sich nicht lange halten würde. Rosette liebt Schnee, sie nahm immer wieder einbisschen zwischen die Finger und lachte lautlos, wenn er sich auflöste.
    Und auf einmal sah ich, dass er auf uns wartete. Ich war gar nicht besonders überrascht. Reglos saß er neben Dalidas Grab, und nur die hellen Atemwölkchen verrieten, dass er lebendig war.
    »Roux!«, rief ich.
    Er grinste mich an.
    »Was machst du hier?«
    »Na, vielen Dank für die freundliche Begrüßung!« Mit einem Lachen wandte er sich Rosette zu und zog etwas aus der Tasche. »Alles Gute zum Geburtstag, Rosette«, sagte er.
    Es war eine Flöte, aus einem einzigen Stück Holz geschnitzt und so fein poliert, dass sie seidig glänzte.
    Rosette nahm sie und steckte sie in den Mund.
    »Nein, nicht so. So!« Er zeigte es ihr und blies in die Öffnung. Die Pfeife gab ein lautes Quiiiiiek von sich, viel lauter, als man erwartet hätte, und auf Rosettes Gesicht erschien ein breites, glückliches Lächeln. »Sie gefällt ihr«, stellte er zufrieden fest. Dann fiel sein Blick auf Jean-Loup. »Und du bist bestimmt der Fotograf.«
    »Wo hast du die ganze Zeit gesteckt?«, wollte ich wissen. »Bestimmte Leute haben dich gesucht.«
    »Ich weiß«, sagte er. »Deshalb bin ich aus der Pension ausgezogen.« Er nahm Rosette auf den Arm und kitzelte sie. Sie griff vergnügt in seine Haare.
    »Nein, im Ernst, Roux.« Ich musterte ihn vorwurfsvoll. »Die Polizei war da – und überhaupt! Sie behaupten, du hättest einen Scheck gefälscht, aber ich glaube das nicht, das muss ein Irrtum sein, so was würdest du doch nie tun!«
    Vielleicht lag es ja an der Beleuchtung, jedenfalls konnte ich seine Reaktion nicht erkennen. Das Dezemberlicht! Die Straßenlaternen gehen so früh an. Und dann die Schneereste auf den Steinen – dadurch wirkte alles andere nur noch dunkler. Ich konnte einfach nichts sehen. Seine Farben waren wie auf Sparflamme, und ich konnte nicht entscheiden, ob er Angst hatte, ob er wütend war oder ob er sich wunderte.
    »Denkt Vianne das auch?«
    »Ich bin mir nicht sicher.«
    »Sie hat wirklich enorm viel Vertrauen zu mir, was?« Er schüttelte betrübt den Kopf, aber ich sah, dass er grinsen musste. »Stimmt es, dass die Hochzeit abgeblasen wurde? Ich kann nicht behaupten, dass es mir das Herz bricht.«
    »Du hättest echt Spion werden sollen«, sagte ich. »Wie hast du das alles so schnell herausgefunden?«
    Er zuckte wie so oft die Achseln. »Die Leute reden. Ich höre zu.«
    »Und wo wohnst du jetzt?«
    Nicht in der Pension, das wusste ich schon. Aber er sah noch schlimmer aus als bei unserer letzten Begegnung, falls das überhaupt möglich war: bleich, unrasiert und total übermüdet. Und jetzt hatte ich ihn wieder auf dem Friedhof angetroffen –
    Es gibt genug Menschen, die auf dem Friedhof schlafen. Die Wachmänner tun so, als würden sie nichts merken, solange

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