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Hin u Weg - Verliebe Dich Ins Leben

Hin u Weg - Verliebe Dich Ins Leben

Titel: Hin u Weg - Verliebe Dich Ins Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Quarch
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anfühlen – dann nämlich, wenn Schmerzen unser Bewusstsein so ausfüllen, das nichts anderes mehr darin Platz hat als die Qualen des Körpers. Wer häufig beim Zahnarzt ist weiß, was ich meine …
    Nur in Ausnahmesituationen sind wir ganz (im) Körper bzw. identifizieren wir uns ganz mit unserem Körper. Den Großteil unserer Zeit bewegen wir uns in anderen Dimensionen – vorwiegend im Ich-Bewusstsein. Aber auch dann ist das Körperbewusstsein da. Spüre kurz in dich, und du gewahrst, dass du auch in deinem Alltag immer ein Bewusstsein deines Körpers hast – von dem kneifenden Bauch (mein Thema!) bis zu den müden Augen … Körperbewusstsein ist immer Dimension 1.
Das Geistbewusstsein
     
    Die Dimension des Geistbewusstseins entspricht im Bild des geometrischen Körpers dem Raum, in dem er erscheint. Das Wunderbare an unserem menschlichen Bewusstseins ist, dass es über die Grenzen unserer Identität hinausreicht; dass wir uns tatsächlich dessen bewusst sein können, was jenseits der Grenzen unseres individuellen „dreidimensionalen Seins“ ist. Und genau von diesem transindividuellen Bewusstsein berichten die Mystiker und spirituellen Lehrer aller Kulturen und Zeiten. Spiritualität ist bei Lichte besehen nichts anderes als der Sammelbegriff für alle Praktiken, Strategien, Bemühungen und Übungen, die dazu angetan sind, uns Menschen aus unserem
alltäglichen Ich-Bewusstsein
hinauszuführen in das umfassende Bewusstsein der Einheit unseres Geistes mit dem Göttlichen, Ewigen, Unendlichen. Unser Ich-Bewusstsein zu öffnen hin zu der mystischen Erfahrung des Eins-Seins mit Gott, des Eins-Seins mit allem, des reinen, nackten Seins, in dem jede Unterscheidung (Dualität) aufgehobenist in der Erfahrung einer reinen, umfassenden Präsenz. Davon weiß die Mystik in tausenderlei Variationen zu berichten. Es ist das erklärte Ziel einer jeden mystisch geprägten Lebenskunst, uns Menschen so dauerhaft und nachhaltig wie möglich in dieser Dimension des göttlichen Einheitsbewusstseins zu halten – wobei manche mystischen Schulen den Weg der Reduktion bevorzugen und dabei gleichsam „durch den Punkt“ den Zugang zum Göttlichen suchen, während andere den Weg der Weitung weisen, der von der Fläche durch die Tiefe (vom Ich durch die Seele) hinaus in die grenzenlose Weite des Unendlichen führt.
    Nur: In der mystischen Erfahrung umfassender Einheit gibt es kein Gegenüber mehr. Kein Individuum und kein Anderes. Ich und du – wir hören darin auf zu sein. Unsere Individualität geht flöten. Es ist, als ob die Flächen des Würfels beiseite geklappt würden und die nackte Räumlichkeit bliebe. Da ist kein Ich und kein Selbst, aber da ist noch Bewusstsein: Reines Einessein. Reiner Einer Geist. Nur ein Göttliches. Es gibt keine Verbundenheit des Verschiedenen – keine Hingabe und kein Hingerissen-Sein. Für Eros ist hier kein Platz. Ich komme darauf zurück.
Das Ich-Bewusstsein
     
    Das Ich-Bewusstsein ist die Dimension des Bewusstseins, in der wir uns zunächst und zumeist bewegen. Es ist unser Alltagsbewusstsein, die Oberfläche unserer Existenz, die Benutzeroberfläche unseres Lebens. Man könnte auch sagen, es ist die Ansicht, die wir von uns selbst haben, und der Blick auf uns, den wir gerne anderen bieten; kurz: unser Selbstbild, mit dem wir uns gemeinhin identifizieren und das wir in der Regel voraussetzen, wenn wir gefragt werden, wer wir eigentlich sind. Denn dann erzählen wir etwas davon, wie wir uns selbst wahrnehmen und deuten – unsere Geschichte, unsere Erfahrungen unsere Hoffnungen und Wünsche …
    Dieses Selbstbild – denke an die Fläche – generieren wir durch Unterscheidungen. Wir sagen: „Das gehört zu mir, jenes gehört nicht zu mir“, „Das bin ich – das bin ich nicht“. Wir ziehen Grenzen: de-finere. Wirdefinieren uns, grenzen die Fläche unserer Individualität ein, mit der wir uns identifizieren. Und das tun wir kraft unseres Intellektes oder unseres Verstandes, unserer Ratio … – nenne es, wie du willst, gemeint ist jene Funktion unseres Gehirns, mit der wir unterscheiden, urteilen, begrenzen und auf diese Weise eine Ansicht von uns selbst generieren.
    Neben dem Verstand bedarf es allerdings noch einer zweiten, zentralen Funktion unseres Gehirns, die dem Ich sein bestimmtes Gepräge gibt. Diese Funktion entspricht dem, was wir den „Willen“ nennen. Er scheint mir die eigentlich treibende Kraft des Ich-Bewusstseins zu sein, wie Nietzsche in einmaliger Klarheit erkannte.

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