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Hin u Weg - Verliebe Dich Ins Leben

Hin u Weg - Verliebe Dich Ins Leben

Titel: Hin u Weg - Verliebe Dich Ins Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Quarch
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ist die Dominanz des Ego; das, dem du dich hingibst, ist die Schönheit des Lebens – in welcher Gestalt sie auch immer sich dir zuneigen mag.
    So gesellt sich zur Empfänglichkeit die Hingabe und zur Hingabe die Demut. Denn die beiden ersten setzen die Bereitschaft voraus, sich zuzugestehen, unvollkommen zu sein. Diotima hätte gesagt: Sich einzugestehen, an etwas Mangel zu leiden, nach dem unser Herz sich sehnt, nach dem unsere Seele dürstet. Nur wenn wir diese Wahrhaftigkeit uns selbst gegenüber aufbringen, wird Eros Lust haben, in unseren Herzen zu wohnen. Also: Machen wir uns empfänglich für ihn – hören wir aufeinander, hören wir hin, lassen wir uns berühren, lassen wir uns angehen vom Leben, den Menschen, der Welt; lassen wir uns ansprechen von der Schönheit, die uns inspiriert, unser Leben zur Blüte zu bringen.

Wes das Herz voll ist,
des geht der Mund über
Von der Beziehung zwischen Erotik
und Poesie kann man ohne Affektation
sagen, dass Erstere eine körperliche
Poetik ist und Letztere eine verbale
Erotik
.
Octavio Paz
     
    Damit komme ich zur „männlichen“, zur „väterlichen“ Komponente des Eros – zur Kreativität, zum Schöpferischen, zum Gestaltgeben. Schau, warum schreibe ich dies alles? Ich schreibe es, weil ich meine Liebe zum Ausdruck bringen will. Ich will sie mitteilen, mit dir teilen. Denn wenn ich sie nicht ausdrücken könnte, würde sie in mir verkümmern. „Was soll ein Mensch tun, wenn er voll von etwas ist? Platzen?“, fragt Alexis Sorbas. Nein, lautet seine Antwort, er muss sich ausdrücken; er muss tanzen. Nun weißt du, dass ich nicht gerade der große Tänzer bin, eher ein Mann des Wortes und der Sprache. Aber egal ob Tanz oder Wort, ob Musik oder Bild: Was wirklich wichtig ist, damit Liebe mein Herz erfüllt, ist, dass ich ihr Ausdruck verleihen, sie mitteilen kann. Eros, so geht es mir durch den Sinn, ist ein Dichter, Erotik ein poetisches Geschäft. Was auch erklärt, warum ich mich so nach Poesie sehne und warum es mich poetisch anwandelt, wenn ich mein Herz zur Sprache bringen, meine Seele zu Wort kommen lassen möchte.
    Warum sonst gibt es so unendlich viele Liebeslieder? Warum sonst haben Petrarca und Shakespeare ihre Sonette geschrieben? Weil sie nicht an sich halten konnten. Weil die unfassbare Liebe ins Wort gefasst sein will, um zur Entfaltung zu kommen. Weil der Anspruch des Lebens anuns beantwortet sein will. Weil wir nicht nur die empfänglich Fragenden, sondern auch die schöpferisch Antwortenden sind. Und weil der Eros in dieser Polarität am besten gedeiht.
    Es gibt aber auch eine Poesie des Körpers. Ich hatte eben schon davon gesprochen, als ich meine Eloge auf das Sich-Berühren-Lassen vortrug. Denn natürlich korrespondiert dieser „weiblichen“ Haltung die „männliche“ Qualität des Berührens, des Anrührens: der Zärtlichkeit. Eine zärtliche Geste, eine von Herzen kommende Berührung ist wie ein Gedicht oder ein Lied. Sie will nichts und niemanden festhalten. Es ist einfach nur das zärtliche, poetische Annähern, bei dem ich den intimen Raum, die Seele des Gegenübers, achte und wertschätze und meiner Verbundenheit Ausdruck gebe.
    Eine solche Umarmung kann viel bewirken. Sie kann heilen. Therapeuten wissen, dass durch gezielte Körperarbeit geistig-seelische Blockaden gelöst und dadurch auch körperliche Schmerzen und Symptome kuriert werden können. Auch Jesus heilte durch Handauflegen. Aus der schamanischen Welt wissen wir, dass Heilung oft durch Berührung geschieht. Der Schamane Angaangaq erzählte mir, dass seine Mutter in ihrer schamanischen Praxis nichts anderes tat, als Menschen in den Arm zu nehmen. Sie hat sie körperlich und ebenso seelisch berührt und dadurch geheilt. Eine beherzte Berührung kann die Seele, den Körper, den Geist des Menschen aus seiner Erstarrung lösen und wieder in den natürlichen Fluss bringen. Nur, dass wir uns dafür viel zu selten Zeit nehmen oder meinen, dass Berührungen nur innerhalb einer Partnerschaft stattfinden dürfen. Ich denke, wir sind uns einig, dass sie dafür schlicht zu kostbar sind. Und wenn es sich dabei auch nur um eine einfache, alltägliche Berührung handelt, eine Umarmung, mit der ich sage: So, wie du bist, bist du okay, so bist du gut. Das allein hat oft schon eine heilende Wirkung – die Seele tönt dann wieder voller. Wir sollten uns das nicht nehmen lassen.
    Der „männliche“ Aspekt des Eros ruft mich aber nicht allein zu Poesie und Zärtlichkeit, er ruft mich

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