Hin u Weg - Verliebe Dich Ins Leben
erfüllt wäre: nämlich dass wir in der Liebe sind; weil wir, ohne in die Liebe „gefallen“ zu sein, auch nicht im Seelenraum sein können.
Sind diese drei Voraussetzungen erfüllt – je mit sich im Einklang sein, im Seelenraum sein, in der Liebe sein –, dann können wir und alle Partner sich so begegnen, dass wir innerlich frei und gleichzeitig miteinander verbunden sind, so, wie wir wirklich sind. Nun können wir miteinander ein Gleichgewicht finden, das nicht unter hohem Energieaufwand von einem Ich erzwungen werden muss; sondern das sich ganz von allein einstellt, sofern wir uns wirklich auf die uns verbindende seelische Verbundenheit einlassen. So entsteht Harmonie, die mehr ist als einfach nur Gleichgewicht. Jeder einzelne Teil ist ganz bei sich und kann sich zur Blüte entfalten, dass seine volle Energie dem Ganzen zufließt; und dies ohne dass da irgendwelche energetischen Blockaden bestünden oder ein Teil sich überproportional für das Gleichgewicht des Ganzen abstrampeln müsste. Wenn wir so miteinander verbunden sind, dann fangen alle Drähte unserer Seele an zu glühen. Dann sind wir eingeflochten in eine Interdependenz, in ein lebendiges, fließendes Zusammenspiel. Dann ist das Miteinander ein Fest und ein Tanz im großen Ballsaal des Lebens.
Zwei Seelen,
eine Leidenschaft
If the willingness is there, love can
continue to grow – and not only will
the couple’s love for each other
increase, but they themselves will grow
within it as they continue to participate
as equals in the openended adventure
of their ongoing life together
.
Cynthia Bourgeault
Nietzsche hat einmal gesagt: „Die meisten Ehen scheitern nicht aus Mangel an Liebe, sondern aus Mangel an Freundschaft.“ Wenn ich mich in unserem Bekanntenkreis umschaue, dann kann ich nur sagen: Er hat Recht. Selbst wenn ich mir unsere Ehe anschaue, komme ich zu diesem Ergebnis. Nicht, weil sie gescheitert wäre, nein, im Gegenteil: Mir scheint, sie funktioniert deshalb recht gut, weil wir nicht nur einen erotischen Reifungsprozess durchlaufen (und manchmal auch durchlitten) haben, sondern auch einfach gute Freunde geworden sind. Und das will einiges heißen. Es wäre ein dummes romantisches Missverständnis, wenn wir uns einreden ließen, unsere Ehe wäre keine richtige Ehe mehr, wenn sie „nur“ noch auf Freundschaft beruhe. Da muss man erst mal hinkommen. Und außerdem basieren solche abwertenden Aussagen zumeist auf einem sehr oberflächlichen Verständnis von Freundschaft.
Darf ich dir also verraten, was ich meine, wenn ich unsere Ehe zu einem Gutteil als Freundschaft deute? Darf ich das auch dann, wenn ich dafür ein bisschen philosophisch ausholen muss? Nur ein bisschen? Nun gut, ich erspare dir die komplette Geschichte des Konzeptes Freundschaft und erwähne nur diejenige Deutung, die mir bislang am meisten eingeleuchtethat. Zufällig ist es auch die älteste, nämlich die des Aristoteles. Das Schöne ist, man kann sie schnell auf den Punkt bringen. Er sagt: Freundschaft entsteht immer aus einer geteilten Leidenschaft oder Begeisterung für ein gemeinsames Drittes. Das, so meint er, unterscheidet Freunde von Liebenden. Liebende begeistern sich füreinander; Freunde begeistern sich jeweils für etwas, was sie in dieser Begeisterung verbindet.
Beispiel Sportsfreunde: Ihre Freundschaft gründet in der gemeinsamen Begeisterung für, sagen wir, Wasserball. Das schweißt sie zusammen. Ihr Eros, so könnte man sagen, geht in die gleiche Richtung. Ihre Erotik ist synchronisiert. Sie lieben nicht einander, aber sie lieben gleichermaßen Wasserball. Und solange das anhält, hält ihre Freundschaft. Kehrt sich einer vom Wasserball ab und wendet sich dem Springreiten zu, ist auch die Freundschaft vorbei. So einfach ist das. Ähnlich steht es um Geschäftsfreunde. Okay, die sind nicht so sehr durch ein gemeinsames Objekt ihrer Begeisterung verbunden, sondern durch ein gemeinsames Objekt ihres Interesses. Sie wollen beide ordentlich Schotter verdienen. Solange dieser Vorsatz sie verbindet, sind sie Freunde. Ist der Schotter da, entzweien sie sich und treffen sich häufig vor Gericht wieder. Und kommt statt des Schotters die Insolvenz, lassen sie das vermutlich direkt durch ihre Anwälte klären …
Freundschaften, die durch geteilte Begeisterung oder geteiltes Interesse gestiftet sind, haben offenbar keine lange Haltbarkeit. Deshalb stellte Aristoteles ihnen eine dritte Art der Freundschaft an die Seite. Ach was,
darüber
hat er sie
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