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Hin u Weg - Verliebe Dich Ins Leben

Hin u Weg - Verliebe Dich Ins Leben

Titel: Hin u Weg - Verliebe Dich Ins Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Quarch
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dann genug Wut angestaut ist, agieren sie unreflektiert und impulsiv aus dem Bauch heraus. Man nennt so etwas auch Amoklauf. Das hat mit dem beherzten Kampf des Eros genauso wenig zu tun, wie all die Kriege und Scharmützel, die aus der Angst des Ich gespeist wurden. Dem allen steht das erotische Nein aus Liebe entgegen, weil ihm immer das erotische Ja zum Leben innewohnt.
    Selbst wo er kämpfen muss, feiert Eros das Leben als ein Fest. Daran halte ich fest. Aber das heißt nicht, dass bei diesem Fest alle Händchen halten und „Piep, Piep, Piep – wir haben uns alle lieb“ spielen. Nein, das Fest des Lebens ist auch Kampf; aber es wird zum guten Kampf, wenn wirihn mit unschuldigem Herzen und reinen Händen austragen. Wenn nicht wir diejenigen sind, die kämpfen wollen, sondern das Leben selbst durch uns hindurch die Hand erhebt. Es geht dabei nicht um mich oder dich, sondern um dasjenige, das in und durch uns zu sich selbst kommen will: das göttliche Leben oder der lebendige Gott – gleichviel.
    Aus genau diesem Grund hat ein erotisches Leben, ein Leben aus und in der Liebe, auch so gar nichts mit Aufopferung oder dergleichen zu tun. Es ist ein fürchterliches Missverständnis, dass man uns unter der Fuchtel der Moral eingeredet hat, ein gutes Leben sei ein aufopferungsvolles Leben. Welch eine Scheiße! Denn wie kannst du in der Liebe sein, wenn du gleichzeitig dich selbst zerfleischst? Okay, es mag Fälle des Entwederoder geben, wo man sich entscheiden muss, ob man seine eigene Haut rettet oder die von jemandem, den man liebt. Aber das ist ein Extremfall und nicht das, wovon ich rede. Ich meine die alte, faule Opfermoral, die uns einreden will, wenn wir uns selbst nur lange genug klein machten und erniedrigten, aufopferten und demütigten, dann würde uns das Himmelreich oder sonst was Schönes winken. Das ist es, wovon ich sage: Scheiße! Das ist falsch, das ist pervers. Das ist ein perfider Handel, bei dem wir am Ende doch wieder etwas fürs Ich gewinnen wollen. Und das hat mit Liebe nichts zu tun.
    Das gilt auch für die Selbstlosigkeit: Wenn du nie an dich denkst, sondern immer nur an die anderen, bist du genauso wenig in der Liebe, wie wenn du immer nur an dich denkst. Vernachlässigst du dich selbst, folgst du vermutlich der altbewährten Logik: Ich tue etwas, weil ich gut sein will; wobei der Nachsatz meist unausgesprochen bleibt: damit ich später dafür belohnt werde. Das sind uralte Muster, die sitzen ganz tief in der Seele. Solange du noch den Vorsatz hast, ein moralisch guter Mensch zu sein, bist du nicht in der Liebe. Denn wenn du in der Liebe bist, stellt sich die Frage, ob dein Handeln gut oder schlecht ist, nicht mehr. Hier muss noch mal Augustinus zitiert werden: „Liebe, und tue was du willst.“ In diesem Satz steckt die gesamte Ethik der erotischen Lebenskunst.
    Fazit: Es wäre ein großes Missverständnis zu glauben, dass die erotische Lebenshaltung ein Individualitätstrip wäre, bei dem es nur darum ginge, die eigene Glückseligkeit zu steigern und zu pflegen. Das Gegenteil ist der Fall. In der erotischen Lebenskunst geht es um eine Lebenshaltung, die ihre Motivation aus der gefühlten Verbundenheit der Herzen bezieht. Daraus entspringt ein kraftvolles, ethisches, soziales, ökologisches, dem globalen Gemeinwohl dienendes Handeln. Es unterscheidet sich von dem, was wir sonst unter Ethik verstehen, dadurch, dass es nicht an einer Moral oder Ideologie Maß nimmt, sondern am Anspruch, den das Leben direkt an uns stellt und dem wir verantwortlich antworten wollen – beherzt, entschlossen, kraftvoll.

Offen und weit
Seinem innersten Wesen nach ist
der Mensch ein Geschöpf, das nicht
nur arbeitet und denkt, sondern das
auch singt, tanzt, betet, Geschichten
erzählt und feiert. Der Mensch ist
ein Homo festivus
.
Harvey Cox
     
    Ich habe gerade noch mal gelesen, was ich dir gestern geschrieben habe. Dabei bin ich an einem Punkt hängen geblieben, den ich noch einmal unterstreichen möchte: die Entspanntheit. Das ist mir ganz wichtig: In der Liebe zu sein bedeutet keinen Stress. Wenn es anfängt, stressig zu werden, sind wir schon rausgepurzelt. Wenn „erotische Lebenskunst sich so anhört, als könnte das anstrengend werden, dann ist etwas schiefgelaufen. – Warum? – Weil ich glaube – ganz im Ernst – das du nichts dafür machen musst, außer dich ansprechen zu lassen, hinreißen zu lassen, mitnehmen zu lassen und zu vertrauen, zu vertrauen, zu vertrauen; dich fallen zu lassen – naja,

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