Hingabe
auf Chris’ Haut gesehen habe. Die Male, die heftige Peitschenhiebe hinterlassen haben.
Es läuft mir eiskalt den Rücken hinunter. Plötzlich ist Amber so viel mehr als eine verbitterte Exfreundin von Chris. Sie ist geschädigt wie er, wie
ich,
also jemand, mit dem ich mich identifizieren kann. Jemand, den ich verstehe. Ich schaue ihr in die Augen. Meine Kehle ist wie zugeschnürt, und meine Worte kommen nur heiser heraus. »Was ist mit dir passiert?«
Der Schreck malt sich auf ihrem Gesicht ab, und ich weiß, dass sie weiß, was ich meine. Sie senkt die Lider, blockt meine Inspektion ab. Als sie sich wieder heben, begegnet sie meinem Blick und verströmt Verachtung. Aber das verbirgt nicht den Schmerz, von dem ich jetzt weiß, dass er viel tiefer geht, als eine bloße Trennung von Chris es rechtfertigt.
»Er ist kein guter Lehrer, wenn du nicht weißt, wie mir das passiert ist«, knirscht sie schließlich mit zusammengebissenen Zähnen.
Ich werfe einen Blick auf Tristan. »Ich weiß, dass er dir das angetan hat.« Ich warte weder seine Reaktion noch ihre ab und beobachte Amber, während ich erkläre, was sie vorgibt, nicht zu verstehen. »Ich habe nicht gefragt, wie dir das passiert ist. Ich habe dich gefragt,
was
mit dir passiert ist.« Welche schreckliche Geschichte sie mit dem Schmerz überspielt.
Ihr Blick ist eine Mischung aus Feuer und Eis, die andere einschüchtern würde, aber nicht mich. Nicht jemanden, der so verdammt gut wie ich versteht, was es bedeutet, Schmerz zu verbergen. »Chris ist mir passiert«, zischt sie zwischen den Zähnen hervor und reißt den Arm zurück.
Chris ist ihr passiert?
Ich lege den Kopf schräg, um sie zu mustern, und versuche zu deuten, was unter der Oberfläche ist.
»Sara.«
Chris’ Stimme überrascht mich, und ich springe schuldbewusst auf, als hätte ich mich gerade auf irgendein geheimes Territorium begeben. Vielleicht habe ich das. Ich weiß es nicht.
Er steht links von Tristan. Er muss durch einen Hintereingang gekommen sein. Ob er den Wortwechsel mit angehört hat? Ich vermute es. Mit Bestimmtheit weiß ich nur, wie absolut er jedes Quäntchen Energie aus dem Raum gezogen hat, wie die Luft um ihn herum knistert. Und mir fällt auf, wie leicht es passiert ist. Lässig gekleidet in seine üblichen verwaschenen Jeans und ein T-Shirt dominiert er den ganzen Raum, wofür Tristan Leder und Tätowierungen braucht und Mark seine maßgeschneiderten Anzüge.
»Chris«, sage ich, denn, nun, es ist offenbar alles, was mir einfällt.
»Lass uns gehen«, befiehlt er, und der Raum pulsiert von der geballten Macht hinter dem leise gesprochenen Kommando und ja, dem Zorn.
Tristan sagt etwas auf Französisch, und ich bin mir nicht sicher, ob er mit Amber oder mit Chris spricht. Ich glaube, er spricht mit Amber.
Chris’ Blick verweilt noch einige Sekunden auf mir, bevor er Tristan einen harten Blick zuwirft. Tristan nickt ihm zu. »Lange her, Mann.«
»Vielleicht nicht lange genug.«
Tristan feixt. »Das sagst du jedes Mal, wenn du nach Hause kommst.«
»Weil du immer noch hier bist.«
Tristan hebt die Hände und lacht. »Du bist derjenige, der immer wieder zurückkommt.«
Sie beginnen auf Französisch zu sprechen, und eine subtile Anspannung baut sich auf. Sie hassen einander nicht, aber Chris will einfach nicht, dass ich mit Tristan zusammen bin. Offenbar soll Tristan das ebenso klar sein wie mir.
Es nervt mich, dass ich die beiden nicht verstehe, und ich bücke mich, um meine Einkaufstüten aufzuheben. Chris ist da, bevor ich Zeit habe, sie zusammenzusuchen. Unsere Hände stoßen aneinander, Wärme steigt meinen Arm empor, und mein Blick begegnet seinem. In seinen Augen steht eine pure besitzergreifende Forderung, die sofort einen Verteidigungsreflex in mir auslöst. Ich sehe dahinter, was ihn zerfrisst, was ich zum Ausbruch gebracht habe. Wenn ich die Uhr um fünfzehn Minuten zurückdrehen und meine Entscheidung ändern könnte, täte ich es.
»Chris …«, beginnt Amber.
»Du hast genug gesagt, Amber«, blafft er, ohne sie auch nur anzusehen. Mir wird klar, dass er sie nicht angesehen hat, seit er hier aufgetaucht ist, und ich frage mich, was das bedeutet, aber ehrlich, es ist mir egal. Ich hätte nicht herkommen sollen. Es gibt jede Menge Dinge, die ich über Amber erfahren muss. Doch so ungeduldig ich auch bin, Chris muss entscheiden, wann er sie mir erzählen will.
Chris, der mich immer noch beobachtet, bückt sich und schnappt sich meine letzte Tüte,
Weitere Kostenlose Bücher