Hingabe
will, dass ich diesen Tristan kennenlerne. Genau genommen hat er seine Abneigung dagegen ausgedrückt, dass er mein Privatlehrer werden könnte. Absolute Missbilligung wäre eine zutreffendere Beschreibung, aber ihn kennenzulernen und ihn als meinen Lehrer zu haben, sind zwei verschiedene Dinge.
Meine Finger verkrampfen sich um die Tütengriffe. Ich rechtfertige es, hier zu stehen, und zwinge mich, die reale Versuchung vor mir selbst zuzugeben. Das, wovor ich wirklich weggelaufen bin, als ich in den Starbucks gerannt bin. Ich wollte hineingehen.
Ich will wissen, wer Amber ist und was sie Chris einst bedeutet hat. Ich will wissen, was dieser Ort für ihn bedeutet hat, was er ihm vielleicht immer noch bedeutet. Aber in meinem Herzen weiß ich, dass Chris mir diese Dinge selbst zeigen will. Ich weiß, es wird ihm nicht gefallen, dass ich hier bin.
Das ist alles, was zählt.
Er
zählt. Meine Entscheidung verfestigt sich.
Ich gehe nicht hinein.
Ich schaue nach vorn und begreife, dass mein Zuhause in der anderen Richtung liegt. Ich drehe mich um, um wegzugehen.
»Sara.«
Ich höre Ambers Stimme und halte inne; wieder sind meine Füße wie festgeklebt. Wenn ich Malerin wäre, würde ich mich in einer Kiste malen. Stattdessen bin ich eine Närrin, die sich gerade Ärger mit einem gewissen berühmten, manchmal mürrischen Maler eingehandelt hat. Ich kann jetzt nicht mehr einfach weggehen, ohne schwach zu erscheinen und damit eine noch größere Zielscheibe für Amber darzustellen.
Also winde ich mich innerlich und drehe mich zu ihr um. »Amber«, bringe ich zur Begrüßung heraus, und ihr Name klingt so bitter, wie er auf meiner Zunge schmeckt. »Hi.« Bevor ich mich bremsen kann, taxiere ich ihr ganz anderes Aussehen heute, nehme die roten Strähnchen wahr, die sie in ihr blondes Haar geclipst hat. Sie passen zu ihrer glänzenden roten Hose, die sie mit schwarzen kniehohen Stiefeln kombiniert hat. Ihre Absätze sind so hoch, dass sie als Waffen registriert werden könnten, und ich bin mir höllisch sicher, dass ich es mir gut überlegen werde, sie zu verärgern.
Sie verzieht die Lippen zu einem wissenden Lächeln, das sagt: Hab ich dich erwischt. Und ich nehme an, sie meint, dass ich ihr nachgeschnüffelt habe, aber ich irre mich. »Ich schätze, du hast deine Meinung geändert und willst reinkommen?«
Natürlich hat sie mich vor dem Fenster stehen sehen. Wie auch nicht? »Eigentlich habe ich versucht, mich daran zu erinnern, in welche Richtung mein Haus liegt. Ich war auf eine Tasse Kaffee bei Starbucks.« Ich versuche mich schnell zu sammeln. »Eine Sucht, der ich hier regelmäßig frönen werde, da bin ich mir sicher. Ich muss in der Lage sein, den Weg von diesem Starbucks zu meinem Haus zu finden.«
»Richtig. Nun, jetzt bist du ja hier. Warum nimmst du deine amerikanische Sucht nicht zum Anlass, hereinzukommen und dich bei mir umzusehen?«
Lass mich die Gründe dagegen aufzählen. Chris. Chris. Und Chris. Wiederhole das zehn Mal.
Aber Amber beobachtet mich, und in ihrer Miene liegt eine Herausforderung, die sich nur um eines drehen kann, oder vielmehr um eine Person, woraufhin sich die Antwort wiederholt. Chris.
»Einen Moment.« Ich gehe zu ihr rüber, immer noch auf der Hut vor ihrer Willensstärke. »Ich treffe mich bald mit Chris zum Abendessen.«
Sie schaut kurz zur Seite, und mich erschüttert der Ansturm von Gefühlen, die sie verströmt und die ich wahrnehme. Schmerz. Groll. Eifersucht. Betroffen von der Ungeheuerlichkeit dessen, was ich bei ihr spüre, bleibe ich neben ihr stehen und muss tatsächlich gegen den Drang ankämpfen, sie zu trösten, wobei ich mir ins Gedächtnis rufe, dass dies die gleichen Gefühle sind, die Ava zu sehr schlechten, sehr düsteren Taten geführt haben.
Sie dreht mir ruckartig den Kopf zu, und eisblaue Augen blicken fest in meine. »Vielleicht werde ich mich zum Abendessen zu euch gesellen.«
Ein Schauer läuft mir den Rücken hinunter, wenn ich an den Hass denke, den ich gestern Nacht einen Moment in der Küche gesehen habe. »Das werden wir auf jeden Fall irgendwann mal machen.« Erinnerungen daran, wie weit Eifersucht Ava getrieben hat, machen meinen Ton viel milder, als Ambers zwölf Zentimeter hohe Absätze es jemals könnten.
Ich betrete The Script und finde mich in einem lagerhausähnlichen modernen Raum wieder. Die Wände sind bedeckt mit Rahmen, in denen Tattoodesigns ausgestellt sind, und untertassenförmige silberne Lampen baumeln über zwei glänzenden
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