Hingabe
Park-Boy geparkt und sie betrat das Entree. Die edle Empfangshalle wirkte sehr einladend, alte Holztäfelungen, die Kronleuchter und die Garderobe sorgten für zusätzliches Flair. Sie war einige Male schon hier gewesen, der Sonntagsbrunch war legendär, niemals jedoch hatte sie ein Zimmer gesehen, noch sich eine Übernachtung hier geleistet. Ab 300€ aufwärts waren kein Pappenstiel für eine Nacht, auch wenn man gut verdiente. Für M. schien das aber kein Problem zu sein, dachte Lena. Sie ging zur Rezeption. Auf ihren Namen war ein Zimmer gebucht. Sie wurde nicht nach Unterschrift oder Kreditkarte gefragt, es schien alles arrangiertzu sein. Keine hochgezogene Augenbraue, kein fragender Blick hinsichtlich Lenas Garderobe. Ein teures Hotel, edel und diskret gleichermaßen. Der perfekte Ort für heute Abend.
Ihr Zimmer lag im dritten Stock. Sie nahm den Fahrstuhl und ging die restlichen Meter zu ihrem Zimmer. Mit der Schlüsselkarte gelangte sie in ihr Zimmer. Wow. Groß und geräumig, ein King-Size-Bett und ein Ausblick zum Dahin-schmelzen. Von hier oben hatte man einen umwerfenden Blick auf den Hafen. Hamburg bei Nacht. Auf dem Sekretär, der geschmackvoll wie alles hier perfekt den Stil des Zimmers unterstrich, stand eine Flasche Champagner auf Eis, offensichtlich bei diesen Zimmerpreisen eine Aufmerksamkeit des Hauses. Lena öffnete die Flasche und schenkte sich ein Glas ein. Sie nahm es und ging zum Fenster und schaute auf ihre Stadt. Sie hob das Glas mit einem stummen Gruß und genoss den Champagner. Ihr Tag, ihr Abend. Da schweiften ihre Gedanken zu dem Paket.
Sie hatte es auf das Bett gelegt. Sie sollte es aufmachen, im Hotelzimmer. Lena stellte das Glas auf den Tisch und wandte sich dem Paket zu.
Sehr gespannt machte sie es – vorsichtig – auf. Eine Kiste kam unter dem Papier zum Vorschein. Um das Paket war eine rote Schleife gebunden. Lena musste lächeln. Sie fasste die Schleife an beiden Enden und zog sie auf. Der Deckel ließ sich nun leicht anheben.
In der Box lagen nur zwei Dinge. Ein Tuch und ein Paar Handschellen. Die Handschellen beachtete Lena erst gar nicht. Das Tuch war viel erstaunlicher. Es war aus Seide. Und es war rot. Rot – und zwar fast genau derselbe Rotton wie der ihrer Wäsche. Um ganz sicher zu gehen hob sie ihr Kleid und hielt ihre Strapse neben das Seidentuch. In der Tat, der Rotton war fast identisch. In dem Paket lag noch ein Umschlag. Sienahm ihn und betrachtete ihn von allen Seiten.
„Für Lena“
Ihre Finger zitterten, als sie ihn öffnete. Lena nahm eine Karte aus dem Umschlag. Die Karte war in schwarz, mattschwarz. Geheimnisvoll. Was würde darauf stehen? Was würde sie erwarten? Ihr Mund fühlte sich mit einem Mal ganz trocken an. Sie nahm das Champagnerglas und trank einen Schluck. Sie hatte immer noch die Möglichkeit, zu gehen. Einfach den Raum zu verlassen und zu gehen. Und alles hatte ein Ende. Keine Ungewissheit, sie würde die Kontrolle zurückerlangen. Lena schaute hinunter zum Hafen. Sie konnte die Schiffe sehen, die sich im Wasser spiegelnden Lichter, der Hafen war immer so schön im Schein der Nacht. Und – ER beruhigte sie, auch jetzt. In ihrer Stadt würde ihr nichts Schlimmes passieren. Niemals.
Lena nahm sich die Karte und setzte sich aufs Bett. Sie las:
„Lena,
Du bist da.
Du hast eingecheckt und das Paket geöffnet.
Du bist vielleicht erschrocken oder unsicher –
das kann ich gut verstehen.
DU kannst mir vertrauen. Ich weifß, dass ich dir nur
mit diesen Worten zeigen kann, dass du sicher bist.
Bei mir.
Niemals würde ich dir etwas tun wollen
oder können, was du nicht willst.
Das ist mein Versprechen, du kennst es.
Ich möchte,
dass du dir in 10 Minuten die Augenbinde anlegst
und dich vor den Stuhl stellst, die Hände auf die Lehne,
und auf mich wartest.
Ich werde kommen und dann sind wir zusammen.
M.“
Lena schluckte. Ihr Mund war wieder trocken. Sie wurde unruhig.
‚Traute sie sich das? Traute sie IHM?‘
Sie nahm das Champagnerglas erneut und trank wieder ein wenig. Schaute wieder in die Nacht hinaus.
Ja, sie wollte es. Sie wollte IHN treffen, sie wollte IHN. Sie würde es tun. Sich die Augen verbinden, sich breitbeinig vor den Stuhl stellen und warten, auf IHN warten und einfach abwarten, was passiert.‘
Lena trank ihr Glas aus und zog ihren Mantel aus. Sie hängte ihn an den Haken im Schrank.
Sie ging zum Fenster und schaute auf die Elbe. Schimmerndes dunkles Wasser, tolle Beleuchtung. Hamburgs Hafen. Ihr Hamburg.
Sie schaute
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