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Hinreißend untot

Hinreißend untot

Titel: Hinreißend untot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Chance
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als ich. Es hatte einst einem dunklen Magier gehört, und von ihm war es hauptsächlich dazu eingesetzt worden, Dinge zu zerstören. Er war nicht in eigentlichen Sinne böse gewesen, und das galt vermutlich auch für sein Armband, aber aus irgendeinem Grund schien ich es nicht loswerden zu können. Ich hatte versucht, es zu vergraben, die Toilette hinunterzuspülen und in einen Abfallzerkleinerer zu geben, ohne Erfolg. Was auch immer ich anstellte, wenn ich das nächste Mal hinsah, hing das Ding wieder an meinem Handgelenk, völlig unbeschadet, und glänzte frech. Manchmal kam es mir gelegen, und meistens gehorchte das Armband meinen Anweisungen, aber es nutzte jede Gelegenheit, die alten Zeiten wieder aufleben zu lassen. Bei der letzten Begegnung mit Pritkin hatte es von ganz allein zwei geisterhafte Messer gegen ihn losgeschickt. Derzeit steckte die Hand mit dem Armband in der Tasche, und dort wollte ich sie auch lassen, um einer weiteren Eskalation dieser Angelegenheit vorzubeugen. Zum Glück stand mir eine andere Möglichkeit offen.
    »He, Billy, glaubst du, einen Golem übernehmen zu können?«, fragte ich. Pritkins Blick blieb auf mich gerichtet, aber seine Schultern zuckten kurz. »Hab’s nie versucht.« Billy schwebte hinüber und beäugte den Golem ohne große Begeisterung. Besitzergreifungen waren nie sein Ding gewesen. Sie kosteten ihn Kraft, und oft klappte es nicht richtig. Sein Lieblingstrick bestand darin, durch jemanden zu schweben, dabei den einen oder anderen Gedanken aufzufangen und eigene zurückzulassen. Aber das half uns jetzt nicht weiter. »Ich schätze, es gibt nur einen Weg, es herauszufinden«, brummte er.
    Als Billy in dem Golem verschwand, wurde mir klar, warum Experimente normalerweise unter kontrollierten Bedingungen stattfanden. Die tönerne Gestalt raste plötzlich durchs Vorzimmer, stieß Topfpflanzen um und sorgte dafür, dass die jungen Frauen schreiend die Flucht ergriffen. Dann änderte sie den Kurs, prallte gegen Pritkin und schickte ihn zu Boden. Ich wusste nicht, ob Absicht dahinter steckte, bezweifelte es aber, denn der Golem jagte wie eine vollgedröhnte Flipperkugel durch unser kleines Zimmer. Auf dem Weg zum Tisch streifte er mich, und ich taumelte, stieß dabei mit dem Fuß gegen den Magier und geriet aus dem Gleichgewicht. Ich rief Billy zu, den tönernen Burschen wieder zu verlassen, aber plötzlich hatte ich keine Luft mehr, denn Pritkins Knie traf mich in der Magengrube, als ich auf ihn fiel. Fairerweise muss ich sagen, dass ich ihn mit einem Stöckelstuhl an einer empfindlichen Stelle erwischt hatte, aber ohne Absicht. Ich war sicher, dass der Fall beim Knie anders lag.
    Als ich noch nach genug Luft für eine verbale Abreibung schnappte, stellte sich ein ebenso vertrautes wie unwillkommenes Gefühl ein. Zeitverschiebungen sollten sich eigentlich unter Kontrolle der Pythia befinden, nicht umgekehrt, aber das schien meine Macht nicht zu wissen. Mir blieb nur noch Zeit genug für den Gedanken
0 nein, nicht ausgerechnet jetzt!,
bevor ich in das kalte Grau zwischen den Zeiten fiel. Nach einem kurzen Sturz sprang mir der Boden entgegen und schlug mir mitten ins Gesicht. Als vor meinen Augen wieder ein klares Bild entstand, sah ich einen Teppich, der dünn über sehr hartem Holz lag und rotschwarze Orientmuster aufwies. Für einige benommene Sekunden dachte ich, wieder in der Bar zu sein, aber dann bemerkte ich die beiden Füße vor mir. Sie sahen nicht aus, als gehörten sie Touristen.
    Die Frau trug schmale schwarze Schuhe mit hohen Absätzen, und an der Spitze glänzten pechschwarze Perlen. Sie passten zu den Perlarbeiten an dem sehr gut gearbeiteten schwarzen Abendkleid, dessen Saum sich etwa dreißig Zentimeter vor meinem Gesicht befand. Die Perlenstickereien reichten von einer unglaublich schmalen Taille bis zum Hals, wo sie einem Vermögen an Diamanten wichen, die nicht nur am Kragen glänzten, sondern auch im goldenen Lockenhaar. Ich sah zu den braunen Augen auf, die zusammengekniffen waren und voller Abscheu auf mich herabstarrten, wandte dann rasch den Blick ab. Es war keine gute Idee, einem Vampir längere Zeit in die Augen zu sehen, und diese Frau zählte zweifellos zu den Untoten.
    Ich stand hastig auf und erlebte einen zweiten Schock. Fast wäre ich wieder gefallen – nur Tony konnte sadistisch genug sein, eine Kellnerin auf fast acht Zentimeter hohen Absätzen herumlaufen zu lassen –, und eine Hand kam herbei und stützte mich. Eine sehr vertraute

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