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Hinreißend untot

Hinreißend untot

Titel: Hinreißend untot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Chance
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Augen, und für einen Moment schlangen sich seine Arme ganz fest um mich. Ich zog ihn zu mir und küsste ihn, und sofort ließ der Schmerz nach. Der
Geis
war zufrieden, solange wir uns nahe blieben, und ich kannte den Grund. Ich spürte fast, wie die Verbindung zwischen uns an Festigkeit gewann, wie die Energie dort fröhlich summte, wo wir uns berührten. Der Zauber war jetzt zufrieden, aber was würde geschehen, wenn ich diesen Ort verließ? Ich hatte Mirceas Sehnsucht bei meinem Eintreffen gespürt und bezweifelte, ob diese kurze Begegnung ihm lange Erleichterung verschaffte. Vielleicht machte sie sogar alles noch schlimmer für ihn, als böte man einem Verhungernden ein kleines Stück Brot an.
    Langsam öffnete Mirceas die Arme und wich zurück. Ich hatte damit gerechnet, aber der Schmerz war trotzdem so heftig, dass ich fast auf die Knie gesunken wäre. Irgendwie blieb ich auf den Beinen, doch ein Ächzen entrang sich meiner Kehle. Plötzlich begann ich am ganzen Leib zu beben, und meine Hände wurden eiskalt. Ich zog die Schultern hoch, als jähes Verlangen mich erfasste, und schlang die Arme um mich selbst, damit sie sich nicht Mircea entgegenstreckten.
    Casanova hatte so davon gesprochen, als würde der Zauber nur langsam stärker, als wüchse seine Kraft über einen langen Zeitraum hinweg. Doch im Fall von Mircea und mir verhielt er sich anders. Vielleicht lag es daran, dass er nicht unbedingt neu war, soweit es die eine Seite betraf, oder weil er doppelt wirkte. Ich wusste nur: Das Ding war verdammt bösartig.
    Mircea stand mir nahe genug, um den Anschein zu erwecken, mich noch immer zu umarmen. Der Schmerz hatte mir wie Riechsalz einen klaren Kopf verschafft, und ich verstand das Warum. Mircea mochte bereit sein, mich gehen zu lassen, aber die Konsulin war es gewiss nicht. Ich hatte mich nicht nur geweigert, ihre Marionette zu werden, sondern ihr auch wertvolle Dinge gestohlen und ihren Chefdiplomaten mit einem gefährlichen Zauber belegt. Die Tatsache, dass zumindest Letzteres unabsichtlich geschehen war, spielte aus ihrem Blickwinkel gesehen keine Rolle. Ich fragte mich, was sie mit mir anstellen wollte, wenn es den Magiern nicht gelang, den
Geis
irgendwie zu neutralisieren. Mirceas Verhalten bot mir einen Hinweis. Kaum ein Zauber überstand den Tod der Person, die ihn geschaffen hatte. Wenn ich nicht zur zahmen Pythia der Konsulin wurde, gab es für sie keinen Grund, mich am Leben zu lassen.
    Ich begegnete Mirceas Blick. »Ich finde einen Weg, uns davon zu befreien«, teilte ich ihm mit, und diesmal beschränkte ich mich nicht darauf, nur die Lippen zu bewegen. »Das verspreche ich.«
    Er lächelte andeutungsweise, doch in seinen Augen lag unendliche Trauer. »Es tut mir leid,
Dulceata.«
    Die Konsulin sagte etwas, aber ich hörte sie nicht. Im einen Moment war es im Saal so still gewesen, dass man gehört hätte, wie eine Stecknadel fiel, und im nächsten heulte kalter Wind und schleuderte mir Strähnen meines Haars ins Gesicht. Für einen Augenblick hielt er inne und sammelte unter der hohen Decke Kraft, und dann verwandelte er sich in den schlimmsten Eissturm, den ich je erlebt hatte.
    Die kreischenden Böen verschonten mich und einen kleinen Bereich um mich herum, und ich dachte zunächst, dass mein Schutzzauber endlich entschieden hatte, aktiv zu werden. Aber es erstrahlte kein goldenes Licht in Form eines Pentagramms. Irgendetwas anderes schützte mich, und für den Moment scherte ich mich nicht darum, was es war, solange der Schutz nur andauerte. Außerhalb der kleinen Insel aus Ruhe herrschte Chaos.
    Mircea trat von mir weg, und ich schnappte schmerzerfüllt nach Luft, als der
Geis
begriff, dass etwas nicht mit rechten Dingen zuging. Vielleicht hätte ich mich ihm erneut in die Arme geworfen, ungeachtet der Konsequenzen, doch im wirbelnden Weiß konnte ich ihn nicht sehen. »Mircea!«, rief ich, und meine Stimme verlor sich im Heulen des Winds.
    Ich wusste nicht, was ich sonst tun sollte, sprang vor und warf mich auf Tomas. Der ruhige Bereich begleitete mich zum Glück. Er erfasste Tomas nicht ganz, und seine Wunden waren so schlimm, dass ich mich nicht auf ihn legen konnte, doch Frostbeulen waren derzeit die geringsten meiner Sorgen. Ich tastete nach den Fesseln, fand sie aber nicht – sie schienen irgendwo im wilden weißen Tosen verborgen zu sein. Rechts von mir prallte plötzlich etwas auf den Tisch, und ich begriff, woher das Donnern um mich herum stammte. Der Wind trug Hagelkörner so

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