"Hinsetzen, anschnallen, Klappe halten!" - die unglaublichsten Mitfahrgeschichten
Steuer und hat den Sitz ganz weit nach vorne geschoben, um ans Lenkrad zu kommen. Ganz im Gegensatz zu ihrer Mutter. Die hat den Beifahrersitz ganz nach hinten geschoben, damit zwischen ihren in einer prallen kurzen Hose steckenden Beinen auch noch eine überdimensionale Kühltasche Platz hat.
»Hach, ist das ein herrliches Wetter«, schwärmt sie und dreht sich zu uns um. »Was machen Sie denn in Bad Neuenahr?«
Es wird geplaudert, und es dauert nicht lange, bis die Frau uns etwas anbietet.
»Sie haben doch bestimmt auch Hunger, oder?«
Uneinigkeit, eine Mischung aus dankbarem Kopfschütteln und neugierigem Blick in Richtung Kühltasche.
»Ich bin immer gut ausgestattet. Wollen Sie en Bütterken? Mit Käse oder Schinken?«
Die Wahl fällt bei meinem Kumpel auf ein Schinkenbrot, ich lasse mich zu einem Käsebrot hinreißen.
»Willst du auch was, Jasmin?«, fragt die Mutter ihre Tochter. Doch Jasmin ist weder gesprächig noch hungrig und schüttelt nur den Kopf.
Gegen die allgemeine Stille hat die Kühltaschenbesitzerin ein probates Mittel: Sie redet. In einer Tour. Und wenn sie gerade nicht redet, isst sie. Und trinkt.
»Jemand eine Apfelschorle oder eine Cola? Ich habe auch ’ne Thermoskanne Kaffee dabei. Auch mit Milch, wenn ihr wollt.«
Zurückhaltende Bescheidenheit, unkonkrete Äußerungen von uns.
»Ach, jetzt habt euch nicht so. Ich bin übrigens die Beate. Is doch schöner, wenn man sich duzt, wenn man so lange zusammen fährt.«
»Mama!«, kommt es von Fahrerseite.
Doch Beate reicht schon Plastiktassen mit Henkel,
die Thermoskanne und eine Flasche Apfelschorle hinterher.
»Ich hab auch noch ’ne Tupperdose mit Blechkuchen von gestern. Hab nämlich viel zu viel gebacken.« Sie lacht. Jasmin murmelt irgendwas vor sich hin.
Beate schaut lächelnd zu uns her, wo mit Genuss gegessen und getrunken wird. »Ich freu mich immer, wenn ich jemanden bekochen kann. Oder backen. Tu ich auch gern. Wenn’s den Leuten schmeckt, dann is alles in Butter, sach ich immer.« Sie lacht laut.
Zustimmung von uns, einstimmiges fröhliches Lachen. Nur Jasmin scheint nicht so begeistert.
»Dann geb ich euch jetzt mal Teller und Gabeln an.« Beate kramt in Kühltasche und Jutebeutel herum und holt Servietten, Campingteller und Kuchengabeln hervor.
»Mensch, Mama, meinst du nicht, es reicht langsam?«, zischt Jasmin.
Beate winkt ab. »So, wer möchte denn Donauwellen und wer Pflaumenkuchen?«
Allgemeine Begeisterung und Unfähigkeit, sich zu entscheiden. Also gibt’s gleich von beiden Kuchen.
»Hier ist noch lecker Sahne!« Beate reicht eine Plastikdose und einen Löffel nach hinten. Jasmin seufzt.
Es wird gegessen, mit vollem Mund werden Belobigungen ausgesprochen. Und es wird versichert, man habe noch nie so eine tolle Fahrt erlebt.
Das lässt Beate sich nicht zweimal sagen und holt ihren letzten Trumpf heraus. »Zum Abschluss ein kleines Likörchen?«
Jasmin verreißt beinahe das Steuer. »Mensch, Mama! Spinnst du jetzt?«
Doch es hilft nichts. In Bad Neuenahr angekommen, sind drei von vier Insassen nicht nur satt und glücklich, sondern auch ordentlich angeschickert. Jasmin ist sichtlich genervt, aber auch erleichtert, dass die Fahrt vorüber ist.
Beate trägt allerdings dazu bei, dass die Erleichterung schnell der Verzweiflung weicht. »Mensch, wenn ihr Sonntag auch wieder zurück müsst, dann könnt ihr doch wieder bei uns mitfahren. Ist euch 19 Uhr recht?«
Große Augen und begeistertes Kopfnicken.
»Super! Bis dahin halten sich auch die Frikadellen!«
Petra
Mathe ist, was du draus machst
Eine zunächst langweilige Fahrt von Heidelberg nach Düsseldorf wird plötzlich interessant, als eine Mitfahrerin, Sonderschulpädagogin, über Gymnasiallehrer herzieht.
»Die glauben, sie wären was Besseres. In Wahrheit dagegen: pah!« Sie macht eine wegwerfende Geste.
Das Mädchen neben ihr fragt interessiert nach: »Echt? Wieso?«
»Also, ich habe für meine Schüler Merksätze entwickelt, damit sie geschichtliche oder geografische Fakten besser abspeichern können, aber Gymnasiallehrer finden das völlig albern.«
Weil wir uns auf ihre Seite schlagen, befeuern wir ihren Redefluss. »Und außerdem«, fährt sie fort, »finde ich es total ungerecht, dass die Gymnasiallehrer viel mehr verdienen, obwohl wir mindestens genauso viel wissen müssen. Wenn nicht sogar mehr.«
»Das glaube ich gerne«, pflichtet unser Fahrer ihr bei. »Ihr müsst ja ganz anders auf die Schüler eingehen, nicht wahr? Ich
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