"Hinsetzen, anschnallen, Klappe halten!" - die unglaublichsten Mitfahrgeschichten
ruckzuck zusammenraffen und wegschmeißen.«
Petra
Du bist, was du hörst
Süße 19 ist Helge, der zwei Frauen um die 40 und mich mit dem Ford Mondeo seines Bruders von Mannheim nach München chauffieren soll. Es ist Frühling, sonnig und warm, bestes Reisewetter, und die allgemeine Stimmung dementsprechend gut.
»Drei Frauen an Bord, was wünscht man sich mehr«, witzelt der jugendliche Fahrer. Marina grinst. »Na, wir sind ja wohl kaum deine Zielgruppe.« Alle drei Weiber brechen in Gelächter aus, Helge kriegt vor lauter Verlegenheit einen roten Kopf und bemüht sich um Schadensbegrenzung, indem er beteuert, wir sähen ja alle »noch frisch und attraktiv« aus.
»Außerdem heißt es doch immer, dass man auf alten Gäulen das Reiten am besten lernt.«
Ich verschlucke beinahe meinen Kaugummi, Marina und Uschi bleibt die Spucke weg. »Na, du bist mir einer. Damit hast du deinen Charmeangriff von vorhin gleich wieder zunichtegemacht«, scherzt Uschi schließlich, während es in mir noch rumort, dass ich mit 40 plus in einen Topf geworfen wurde.
Helge hat immerhin seinen Fauxpas erkannt
und verlegt sich auf scheinbar unverfänglichere Dinge. Musik. Allerdings lässt ihn auch hier die Oldiethematik nicht los. »Als ich noch klein war, habe ich am liebsten die Musik meiner Eltern gehört. Ich stehe total auf das ganze alte Zeug. Soll ich mal eine CD einlegen?«
»Mach mal«, meint Marina. »Bin gespannt, welche Oldies deine Eltern so gehört haben.«
»Das hier«, er schiebt die CD rein, »hat meine Mutter in der Schwangerschaft immer gehört.«
Kaum hat er auf Play gedrückt, wird uns klar, dass wir wirklich ganz anderen Generationen angehören als Helge. Selbst ich, die noch am nächsten dran ist. Und so lauschen wir kommentarlos Nirvanas Album Nevermind , angefangen von »Smells Like Teen Spirit« über »Come as You are« bis hin zu »Something in the Way«. Ich schaue aus dem Fenster, erinnere mich daran, wie ich die Songs auf der Gitarre nachgespielt und um Kurt Cobain getrauert habe, und fühle mich plötzlich so alt wie schon lange nicht mehr.
Petra
Dem Gespräch das Genick gebrochen
Seit unserem Start am Stuttgarter Hauptbahnhof, wo wir die Blondine mit den Perlenohrringen und dem rosa Halstuch eingesammelt haben, redet sie ununterbrochen. Mittlerweile sind wir in der Nähe von Ulm, und nach München dauert es etwa noch mal so lange. Ich stecke mir die Ohrstöpsel meines MP3-Players in die Ohren, um der schrillen Stimme und dem endlos dümmlichen Gequatsche zu entgehen.
Auch der Fahrer und seine auf dem Beifahrersitz dösende Freundin wirken zunehmend genervt, denn ständig taucht der Blondschopf zwischen ihnen auf und labert sie voll.
Schließlich wird vorne das Radio so laut aufgedreht, dass selbst ich trotz Knopf im Ohr meine Musik nicht mehr hören kann.
Das kann unsere nervtötende Weggefährtin nicht auf sich sitzen lassen. »Hey«, kreischt sie in höchsten Tönen, »dreh doch mal leiser, sonst versteht ihr mich ja gar nicht mehr!«
»Eben!«, schreit die Beifahrerin zurück.
Petra
Bühne auf Rädern
Ein herrlicher Frühlingsmorgen irgendwo auf der Autobahn zwischen Heidelberg und Düsseldorf. Ich habe drei Mitfahrer dabei: Christina und Moritz, die sich hinten unterhalten, und Tobias neben mir, der aufgeregt von seiner bevorstehenden Aufnahmeprüfung an der Schauspielschule erzählt. Heute noch soll sie stattfinden, und entsprechend groß ist sein Lampenfieber.
»Vor allem bin ich unsicher wegen des modernen Monologs«, gesteht er und erklärt mir, dass dieser aus einem modernen Stück oder Film sein müsse. Möglichst auswendig vorgetragen, versteht sich. »Ich habe natürlich geübt, nur weiß ich nicht mehr so recht, ob es die richtige Wahl ist. Ist aus Rocky Balboa – du weißt schon, diesem Boxerdrama.«
»Magst du ihn mal vortragen?«, frage ich aufmunternd.
Seine Augen leuchten auf. »Hey, ja, klar.« Er schaut sich zu den anderen um. »Ist das okay für euch?«
Als beide nicken, räuspert Tobias sich, sammelt sich und legt los: »Du wirst es nicht glauben, aber du hast mal hier reingepasst.« Er hebt
seine Hand und legt seine andere in diese hinein. »Ich hab dich hochgenommen und zu deiner Mutter gesagt: Der Kleine wird mal der beste Junge der Welt. Der Kleine wird mal so gut, wie es überhaupt noch niemand war. Und du bist groß geworden, hast dich prima entwickelt.« Er spricht inbrünstig und gefühlvoll, hochkonzentriert. »Es war toll, das mit
Weitere Kostenlose Bücher