"Hinsetzen, anschnallen, Klappe halten!" - die unglaublichsten Mitfahrgeschichten
meine, auf deren Defizite.«
Das ist Wasser auf ihre Mühlen. »Ja, allerdings«, redet sich die Lehrerin in Rage. »Das ist anstrengender, als man denkt, doch selbst ich lerne noch jeden Tag dazu.«
»Und was sind das für Merksätze?«, wollen wir wissen.
»Ich arbeite viel mit Zahlen, weil das hilft, sich andere abstrakte Sachen ebenfalls zu merken.«
»Interessant! Erzähl mal ein Beispiel, denn vielleicht profitieren wir ja auch davon«, sagt der Fahrer.
Sie strahlt und denkt angestrengt nach. »Also gut. Ich nehme mal … O ja, mit Menschenmengen kann man besonders gut demonstrieren, was ich meine: 6 Leute passen in ein Auto, 60 in einen Bus, 600 in eine S-Bahn, 6.000 in einen Zug, 60.000 in ein Stadion, 600.000 in ein Land und 32 Millionen auf die Erde.«
Petra & Nina
Klischee bedient
Wir fahren zu dritt von Heidelberg nach München, ich am Steuer. Die junge Frau neben mir auf dem Beifahrersitz, Maria, ist dunkelhäutig. Die hinten sitzende Blondine, die sich als »die Paula« vorgestellt hat, will sofort mit ihr ins Gespräch kommen und sucht auf Teufel komm raus nach ihrer Meinung nach passenden Gesprächsthemen.
»Du kennst doch bestimmt Jenseits von Afrika , oder?«
Maria, irritiert über diese Ouvertüre, schaut leicht ungläubig nach hinten, bejaht aber zögernd die Frage. »Ja, kenne ich.«
Prompt meint Paula ihre »perfekten Deutschkenntnisse« loben zu müssen und überhört Marias Einwand, sie sei schließlich Deutsche und in Nürnberg geboren. Inzwischen ist Paula bereits bei Sister Act und Whoopi Goldberg angekommen. »Finde ich total toll«, schwärmt sie.
Maria reicht’s so langsam. »Ach ja?«, gibt sie unverhohlen genervt zurück. »Dann magst du wohl auch Roberto Blanco?«
Ich muss laut lachen, während Paula noch überlegt, ob es gut ist, Roberto Blanco zu mögen
oder nicht. Sie entscheidet sich dafür, »ihn ziemlich cool zu finden, obwohl er ja mit Nachnamen eigentlich ›Weiß‹ heißt«, was sie »irgendwie unpassend« findet. »Andererseits«, gibt sie nach einigen Momenten des Nachdenkens von sich, »ist Michael Jackson auch weiß geworden. Ich persönlich fand ihn ja als Neger hübscher.«
Paula scheint nicht zu bremsen zu sein, und man sieht ihr deutlich an, dass sie nach neuen Themen sucht. Sie wird schneller fündig, als uns lieb ist. »Dann hast du bestimmt auch Die Wüstenblume gelesen, oder?«
Maria dreht sich seufzend um. »Wieso ›dann‹?«
Paula zuckt die Achseln. »Ich dachte nur so. Du kommst doch irgendwie von da und, na ja, hast vielleicht Ähnliches erlebt.«
Nach einem weiteren Seufzer bestätigt die Beifahrerin, dass sie das Buch tatsächlich gelesen und auch den Film gesehen habe. Die blonde Paula erzählt zusammenfassend, dass sie das Buch »ja total schlimm und mitreißend fand«, wir schweigen unterdessen betreten.
Da ich das Radio nun sehr laut drehe und Maria gespielt intensiv in einem Magazin liest, gibt Paula auf und schläft schließlich ein. Erst,
als das Ziel erreicht ist und wir allesamt aussteigen, geht sie noch einmal auf Maria zu, die mir gerade passend das Fahrtgeld übergibt. »Du, was ich dich noch fragen wollte. Bist du, also, äh, hat man dir auch da unten alles weggeschnitten?«
Fassungslos schauen wir sie beide an, und Maria schultert kopfschüttelnd ihre Reisetasche. »Du bist doch wirklich ein bisschen beschränkt, oder?«, sagt sie schließlich. »Ich komme aus Nürnberg. Ich bin Deutsche. Okay?« Dann geht sie schnellen Schrittes weg.
Während ich wieder einsteigen will, meckert Paula noch vor sich hin. »Boah, da will man mal mit fremden Kulturen ins Gespräch kommen und wird gleich blöd angemacht.«
Nina
Vom Argument erschossen
Ich bin an einem sonnigen Freitagnachmittag unterwegs mit Lisa, der Fahrerin, und Janine, die neben ihr sitzt, als die beiden Freundinnen anfangen, sich über Sachen zu unterhalten, die man unbedingt erfinden sollte. Beispielsweise eine Maschine, um Menschen à la Raumschiff Enterprise durchs All zu beamen, oder einen Mantel, der wie die Tarnkappe der Nibelungen unsichtbar macht.
»Ich hatte mal eine supergeile Idee für Partys«, fährt die quirlige Janine fort. »Und zwar wollte ich so eine Pistole erfinden, aus der man Folie schießen kann – bamm, bamm, bamm –, die den ganzen Raum, in dem man feiert, komplett bedeckt.«
»Und was soll das?«, frage ich von hinten.
»Na, wenn man was dreckig macht oder Getränke verschüttet oder jemand kotzt, kann man die Folie
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