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Hinter blinden Fenstern

Hinter blinden Fenstern

Titel: Hinter blinden Fenstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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blickte zur Straße.
    »Und Sie kennen den Mann nicht.«
    »Nein. Ich muß zurück in die Praxis, ich bin sehr in Eile.«
    Fischer stellte sich auf die Schwelle und hielt die Tür auf.
    »Was verbirgt sie?«
    Der Arzt nahm die Tasche von der linken in die rechte Hand. »Warum sollte sie etwas verbergen? Ich sagte nur, Frau Soltersbusch wirkt verschlossen, das muß nicht zwangsläufig bedeuten, daß sie etwas verbirgt.«
    »Da haben Sie recht.«
    Zumindest, dachte Fischer, könnte sich durch Breuers Bemerkung ein kleines neues Fenster öffnen und den Blick auf etwas freigeben, das den Ermordeten unmittelbar betraf.
    Im Hausflur hing ein Geruch nach gebratenem Fleisch und gedünsteten Zwiebeln, den Fischer genußvoll einsog. Bevor er in den ersten Stock hinaufstieg, sah er auf die Uhr: zwanzig vor elf.
    »Hallo«, rief jemand von oben.
    Vor der Wohnungstür streckte Rupert Soltersbusch dem Kommissar die Hand hin, noch bevor dieser die letzte Treppenstufe erreicht hatte.
    »Herr Fischer. Ich wußte, Sie würden noch mal kommen und weitere Fragen stellen. Trinken Sie Kaffee? Wasser? Hereinspaziert.«
    »Ist Ihre Frau wach?«
    »Meine Frau? Die ist immer wach. Hier entlang, Herr Hauptkommissar.«
    »Fischer genügt.«
    Neben dem Kommissar wirkte Soltersbusch gedrungen, fast verhuscht. Er hatte eine graue Hose mit Bügelfalte an, ein beiges Hemd mit kleinen Karos, ein graubraunes Jackett mit Lederaufsetzern und schwarze, ungeputzte Schuhe. Haare und Schnurrbart waren weiß und fransig, sein bleiches, unscheinbares ovales Gesicht vermittelte nicht die geringste Gefühlsregung.
    Auf dem Tisch des mit schmucklosen, gediegenen Möbeln eingerichteten Wohnzimmers lagen verschiedene Tageszeitungen, daneben stand ein altes Transistorradio, in dem eine Reportage über die wachsende Armut in Kleinstädten lief. Soltersbusch schaltete ab und schichtete die Zeitungen übereinander.
    »Möchten Sie sich hier hinsetzen?«
    »Ich möchte gern mit Ihrer Frau sprechen.«
    »Vielleicht darf ich Ihnen auch ein paar Fragen beantworten«, sagte Soltersbusch.
    »Später. Ist Ihre Frau im Schlafzimmer?«
    Die geblümte, weiße Bettdecke hatte sie hochgezogen bis zum Hals, und sie saß kerzengerade da. Ihre Haare, weiß und fusselig wie die ihres Mannes, verdeckten die blauen Augen. Mit ihren geröteten Wangen im wächsernen Gesicht und in ihrer rosafarbenen Strickjacke glich sie einer drapierten Puppe, zumal sie beim Eintreten des Kommissars keinerlei Regung gezeigt hatte.
    »Herr Fischer will dich was fragen«, sagte Soltersbusch.
    »Soll ich die Tür zumachen?«
    »Bitte«, sagte Fischer.
    Im Schlafzimmer gab es keinen Stuhl, also blieb er stehen, ungeduldig, angespannt.
    Hoch aufgerichtet, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, wartete er auf eine Reaktion von Anita Soltersbusch.
    Durch die weißen Vorhänge drang wenig Licht herein, auch der weiße wandbreite Schrank mit den türkisen Verzierungen machte das nach Orangen und gestärkter Wäsche riechende Zimmer nicht heller, im Gegenteil: Fischer kam das Zimmer eng und steril vor.
    Und Schweigen, fand er seit jeher, war das Privileg von Mönchen und Mördern.
    »Kannten Sie den Toten, Frau Soltersbusch?«
    Ihre blassen, wie blutleeren Hände lagen nebeneinander auf der Bettdecke. Fischer betrachtete die faltigen Finger.
    »Sind Sie Mitglied im Verein Ihres Mannes?«
    Mit einer mechanischen Bewegung wandte sie ihm den Kopf zu.
    Während sie antwortete, blinzelte sie nicht. »Das ist kein Verein, das ist ein Zusammenschluß, neun Männer, soweit ich weiß. Was die da treiben, geht mich nichts an.« Sie klopfte mit den Daumen auf die Decke.
    »Kannte Ihr Mann den Toten?«
    Sie schwieg.
    Fischer trat einen Schritt auf das Bett zu. »Hat Ihr Mann die Tat begangen?«
    Ein kurzes, hartes Lachen sprang aus ihrem Mund.
    »Sie haben heute morgen um kurz nach acht in einem Müllcontainer die Leiche eines Mannes entdeckt, dessen Identität wir noch nicht kennen. Warum lag der Mann in Ihrem Container? Warum haben Sie erst um acht Uhr fünfunddreißig die Polizei informiert? Warum benehmen Sie sich wie jemand, der mehr weiß, als er zugibt? Warum sind Sie nicht daran interessiert, wer der Tote ist, wie er umgebracht wurde und warum kein Mensch in Ihrem Wohnblock etwas bemerkt hat?«
    Sie wollte etwas erwidern, aber Fischer ließ sie nicht zu Wort kommen. »Was haben Sie eine halbe Stunde lang getan, nachdem Sie die Leiche entdeckt hatten? Was meint Ihr Mann, wenn er behauptet, Sie wären immer

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