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Hinter blinden Fenstern

Hinter blinden Fenstern

Titel: Hinter blinden Fenstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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bleiben. Wegen der Vergangenheit. Das war alles, was passiert ist, und mehr war nicht. Ich hab ihn erst wiedergesehen, als er da lag. In dem Container. Wahrscheinlich hat er sich die ganzen nächsten Tage bei uns rumgetrieben, und dann hat die Vergangenheit ihn umgebracht. So was passiert.«
    »Wie meinst du das?« sagte ihr Mann. »Wieso hat die Vergangenheit ihn umgebracht? Spinnst du? Und wieso weiß ich davon nichts? Wieso lügst du mich so an? Du sagst zu mir, da liegt ein Toter im Müllhaus, und ich renn raus und weiß nichts. Du läßt mich voll ins Leere rennen. Spinnst denn du?«
    »Hat er gesagt, ob er noch jemanden treffen wollte?« Fischer notierte sich Stichpunkte.
    »Nein, hat er nicht«, sagte Anita Soltersbusch und streifte die Hand ihres Mannes von ihrem Arm. »Er wollt sich von mir verabschieden, weil ich die einzig vernünftige Frau in seinem Leben gewesen wär, und wenn er bei mir geblieben wär, dann würd er jetzt noch nicht sterben. Ich hab ihn nicht daran erinnert, daß ich mich damals von ihm getrennt hab.« Sie riß den Kopf herum. »Wegen dir«, sagte sie ihrem Mann ins Gesicht und legte mit einer schnellen Bewegung die Hände auf den Tisch. Die Handrücken waren übersät von Kratzspuren. Auch ihr Mann sah hin.
    »Warum wollten Sie das verschweigen? Warum haben Sie unsere Ermittlungsarbeit behindert und manipuliert? Sie haben sich strafbar gemacht, Frau Soltersbusch.«
    »Wenn Sie meinen, Herr Kommissar.«
    »Warum …« begann Fischer.
    »Ja, genau, warum?« sagte Soltersbusch heftig. »Warum? Genau, warum?«
    »Er ist doch tot.« Ihre Stimme schien in ihr zu versickern.
    Valerie legte den Kopf schief, um besser verstehen zu können.
    »Er ist gekommen, um zu sterben. Wahrscheinlich hat er sich seinen Mörder selber ausgesucht. Das wär doch denkbar. Jo wollt sterben und ein anderer hat nur drauf gewartet, jemanden umbringen zu dürfen. Wenn zwei solche sich treffen, dann erfüllt sich das Schicksal. Dann ist alles, was geschieht, so bestimmt und richtig.«
    Die Worte beunruhigten Fischer auf eine Weise, die über das, was Schells Gedanken in ihm ausgelöst hatten, noch hinausreichte.
    »Außerdem«, sagte Anita Soltersbusch, und für einige Momente klang ihre Stimme weniger verzagt. »Ich mag es nicht, wenn jemand mich mit der Vergangenheit bedrängt und keine Zukunft für sich dabei hat. Ich leb jetzt, und das reicht mir bis in die Haut rein, und mehr verkraft ich nicht.«
     
    In der Zeit, in der Anita Soltersbusch auf der Toilette war und Valerie Roland das Protokoll ausdruckte, saßen die beiden Männer allein im P-F-Raum. Der Bäckermeister hatte die Arme auf den Tisch gestützt und die Hände vors Gesicht geschlagen. Gelegentlich schüttelte er den Kopf oder schnalzte mit der Zunge.
    »Der achtsame Mitmensch«, sagte Fischer, nachdem er den Mann, der ihm schräg gegenübersaß, eine Weile betrachtet hatte, »Sie haben uns vor acht Monaten in Ihrer Eigenschaft als Vorsitzender Ihres Vereins einen Hinweis auf einen möglichen Entführer der sechzehnjährigen Schülerin gegeben. Es war leider eine blinde Spur. Gibt es Menschen in Ihrer näheren Umgebung, die Sie beobachtet haben und die Ihnen aus welchen Gründen auch immer aufgefallen sind, denen Sie länger auf der Spur bleiben? Die zum Radius Ihrer Recherchen gehören? Alles bleibt vorerst unter uns.«
    Soltersbusch schnalzte noch einmal mit der Zunge. »Wir tun unser Bestes.« Er hob den Kopf und stöhnte. »Aber da würde niemand passen. Wir besitzen ja auch keine festinstallierten Videokameras, wir sind auf unsere Augen angewiesen, da hat meine Frau recht. Uns bleibt letztendlich nur das Hinschauen. Wachsam, permanent, aber: nur schauen.«
    »Kennen Sie jemanden, der sich in letzter Zeit zurückgezogen hat, der sich anders verhält als früher, der sich zum Fall der entführten Schülerin in besonderer Weise geäußert hat, leidenschaftlich, direkt, übertrieben.«
    »Wir haben im Stüberl alle drüber diskutiert«, sagte Soltersbusch. »Ist ja klar. Die Maria, der Fallnik, der Gregorian, Big Bert, wie Fallnik ihn immer genannt hat. Den hab ich lang nicht mehr gesehen, fällt mir auf.«
    »Gregorian?«
    »Nein, den Fallnik. Das ist ein interessierter Mensch.«
    »Inwiefern?«
    »Beschäftigt sich mit der Wirklichkeit, der hat Ahnung davon, was getan werden muß, von uns aus, dem Bürger. Er ist gut informiert über die Möglichkeiten öffentlicher Kontrolle. Wacher Mann. Befürwortet das polizeiliche Durchsuchen von privaten

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