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Hinter blinden Fenstern

Hinter blinden Fenstern

Titel: Hinter blinden Fenstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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rückfällig werd. Nämlich, wenn ich rückfällig werd, bring ich mich um, und dann ist Ruhe.«
     
    Auf dem Weg vom Präsidium in die Burgstraße, vorbei am Dom und dem Rathaus, wo Tausende von Touristen nach der Rückkehr vom Oktoberfest weitersangen und ihre gestohlenen Maßkrüge schwangen, telefonierte Fischer mit Micha Schell. Sie beschlossen, erst einmal nur zu zweit nach Milbertshofen zu fahren, für alle Fälle aber ein Einsatzkommando in Bereitschaft zu halten.
    Anschließend rief Fischer den Leiter der »Soko Linda« , Hauptkommissar Hofmann, an und erläuterte ihm die Umstände seines Besuchs bei Fallnik. Hofmann, frustriert von der monatelangen erfolglosen Suche nach der Schülerin, bestand auf einer Begleitmannschaft aus sechs Kommissaren. Eine Einzelaktion sei unter keinen Umständen zu rechtfertigen.
    »Schell und ich gehen aber allein ins Haus«, sagte Polonius Fischer.
    Und das taten sie dann auch.
     
    Hoffmann und seine Kollegen warten in zwei Zivilfahrzeugen auf der Riesenfeldstraße.
    Im dritten Stock stellten sich Fischer und Schell neben die Tür mit dem Namensschild in der Mitte. Fischer drückte auf die Klingel. Im Gegensatz zu seinem Kollegen trug er weder eine Pistole noch ein Pfefferspray noch Handschellen bei sich.
    In der Wohnung war es still.
    Fischer klingelte erneut.
    Inzwischen war es zwanzig Uhr fünfundzwanzig, Samstag abend.
    Aus der Wohnung gegenüber, an deren Tür ein osteuropäischer Name hing, drang Kindergeschrei und Musik.
    »Geht die Wohnung auf den Innenhof?« fragte Schell leise.
    »Das weiß ich nicht«, flüsterte Fischer. Er klingelte noch einmal und klopfte an die Tür.
    Schritte waren zu hören, schleppende Schritte, wenn Fischer sich nicht täuschte.
    »Wer da?« sagte eine Stimme.
    »Entschuldigen Sie die Störung, mein Name ist Polonius Fischer, ich bin von der Polizei, wir haben die Identität des Toten aus dem Müllhaus geklärt und haben noch ein paar Fragen an die Anwohner. Wären Sie so freundlich und würden mit uns sprechen, Herr Fallnik?«
    Sekunden vergingen, in denen hinter der Tür kein Laut zu hören war.
    Dann klirrte ein Schlüssel.
    Die Tür wurde einen Spalt breit aufgezogen.
    Schritte entfernten sich.
    »Herr Fallnik?« rief Schell.
    Drüben wurde die Musik lauter, das Kindergeschrei verstummte.
    Schell zog seine Waffe aus dem Holster und entsicherte sie. Fischer stieß die Tür ein Stück auf und zog den Arm zurück. Sie warteten.
    »Herr Fallnik?« sagte Fischer. »Würden Sie bitte vor die Tür kommen?«
    Nach einer Weile rief Fallnik: »Treten Sie ruhig näher. Hier tut Ihnen niemand was. Nicht mal ich.« Und mit lauterer Stimme: »Stimmt’s?«
    Es war nicht klar, wen er meinte.
    »Bitte kommen Sie vor die Tür«, wiederholte Fischer. Von irgendwoher glaubte er ein Plätschern zu hören. Und er roch den klebrigen Duft von Rasierwasser.
    Dann klirrte ein Glas.
    Dann war es still, bevor jemand laut stöhnte. »Ich komm schon, ich ergeb mich, gut Nacht«, brummte Fallnik und rammte den Ellbogen gegen die halb geöffnete Tür.
    Er war barfuß. Er trug einen schwarzen Rollkragenpullover und Bluejeans und hatte ein leeres Weizenbierglas in der einen und eine leere Bierflasche in der anderen Hand. Sein Bauch wölbte sich wie eine Kugel unter dem Pullover. Im fahlen Licht des Treppenhauses sah sein Gesicht aufgedunsen und grau aus, die Haare standen ihm kreuz und quer vom Kopf. Seine ganze Erscheinung wirkte wie die eines vereinsamten Trinkers, der sich kaum auf den Beinen halten konnte.
    »Herr Fallnik?« sagte Fischer.
    »Wer sonst? Meinen Sie, ich hab meine Hütte untervermietet?« Nur mühsam unterdrückte er ein Lallen.
    »Ist Linda Gabriel bei Ihnen?« fragte Fischer.
    Fallnik betrachtete die Pistole in Schells Hand, dann sein leeres Glas. Er setzte es an den Mund, sog daran und drehte sich um. »Obacht, die Herren, Anstand! Die Dame nimmt grade ein Bad, vorher anklopfen, verstanden?« Er wankte in Richtung Küche, deutete mit ausgestrecktem Arm zum Ende des Flurs und prallte um ein Haar gegen den Türrahmen. Schell ging hinter ihm her.
    »Haben Sie eine Waffe im Haus?« fragte der Oberkommissar.
    »Ja, aber illegal«, sagte Fallnik, ließ die Flasche in einen Bierkasten knallen und riß die Kühlschranktür auf.
    »Wo ist die Waffe?«
    »Unterm Bett.«
    »Sie bleiben hier in der Küche.«
    »Logisch.« Mit einem Plastikfeuerzeug schnippte Fallnik den Deckel von der Bierflasche.
    Im Schlafzimmer, in dem – abgesehen vom Flimmern des

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