Hinter deiner Tür - Aktionspreis (German Edition)
ein furchtbarer Schrei. Wer war da? Ein Kind? Warum
schrie das Kind? Wer war das Kind? Kein Kind zu sehen. Ich
sah nur mich, nur kleiner, höchstens fünf Jahre alt. Ich war das
Kind. Mein Papa hatte mich in den Keller geschickt. Kartoffeln
für das Abendessen zu holen. Jetzt erkannte ich die Stimme
meiner Mutter. Sie rief mich zurück. Doch es war zu spät. Die
Tür öffnete sich. Grelles Licht. Angst. Ich schrak zurück, hielt
mir eine Hand vor die Augen, wollte wissen, was hinter dieser
Tür war. Schweiß lief mir langsam den Rücken herunter.
Schweißgebadet wälzte ich mich, wachte langsam auf und
rieb mir die brennenden Augen. Ich hyperventilierte. Ein
Schluck Wasser. Es dauerte eine Weile, bis ich begriff, dass ich
groß war und erwachsen und in meinem sicheren Bett lag.
Wieder dieser Albtraum! Noch immer hatte ich nicht
herausgefunden, was sich hinter dieser Tür befand. Entweder
konnte ich keinen Schritt weitergehen, oder ich wurde wach wie
heute. Was hatte das zu bedeuten? Wer schrie? Warum? Und
warum wiederholte sich dieser Traum in letzter Zeit immer
häufiger?
18
Anna war enttäuscht, aber sie gab nicht auf.
„wie kannst du ihn außer per mail noch erreichen?”
Sunny brachte sie auf eine Idee.
„Also, er ist natürlich in dem Restaurant erreichbar, aber
da gehe ich nicht hin. Die Kollegen kennen mich alle. Das fällt
auf. Dann wissen sie gleich, dass ich ihm hinterherlaufe.”
„da hast du recht.”
Heute schien nur Sunny online zu sein.
„du musst wohin gehen, wo du ihn sicher treffen kannst.”
„Manchmal geht er samstags auf die 80-er Party in der
Blechnerei.”
„na, also, heute ist samstag. dann gehst du da heute abend
hin. einen versuch ist es wert. was soll schon passieren?
Sunny war eine gute Freundin.
***
Draußen schneite es. Die ersten Schneeflocken dieses
Winters. Langsam bedeckte der Schnee den Boden, aber lange
blieb er noch nicht liegen. Thilo liebte es, wenn es kalt wurde.
Er bemerkte, dass er nicht an Esther dachte sondern an
Lenas Lächeln.
Wie sollte er ihr am nächsten Tag beim Yoga begegnen?
Wie konnte er ihr die Situation nur erklären? Sein schlechtes
Gewissen meldete sich. Hätte er sie doch wenigstens auf die
Gruppe vorbereitet! Aber dann wäre sie bestimmt nicht
gekommen. Dabei hatte er den Eindruck, dass sie Hilfe
benötigen könnte. Sie hatte sich äußerlich sehr verändert, seit er
sie kennengelernt hatte. Dafür musste es einen Grund geben.
Thilo machte sich für die Party zurecht. Er stylte seine
Haare und kontrollierte mehrfach deren Sitz. Auch rasierte er
sich zweimal. Doppelt hielt besser! Niklas würde bei der Oma
gut aufgehoben sein. Daniel hatte gemeint, Thilo müsste mit ihm
ausgehen. Vielleicht würde er in der alten Blechnerei eine Frau
finden. Dabei war dies in Wirklichkeit in Daniels Gesellschaft
immer eine besonders schwierige Angelegenheit. Thilo empfand
sich neben ihm wie unsichtbar.
Einige Stunden später fühlte sich Thilo bestätigt. Er tanzte
allein, und sein Freund amüsierte sich mit verschiedenen Frauen.
Der ließ wirklich nichts anbrennen, dachte Thilo, während er ihn
unauffällig beobachtete.
Plötzlich bewegte sich Daniel recht hastig in Richtung
Bar. Er wollte wohl nicht gesehen werden. Thilo fragte sich, ob
sein Verschwinden mit dem Auftauchen einer Frau zu tun haben
könnte. Er war schon daran gewöhnt, dass ab und zu eine
Verflossene von Daniel auftauchte und ihm eine Szene machte.
Da, wo eben noch sein Freund gestanden und mit einer
jungen Blondine geflirtet hatte, war jetzt eine brünette Frau mit
dunklen langen Haaren zu erkennen. Er sah sie genauer an. Sie
schien jemanden zu suchen, machte einen sehr nervösen
Eindruck auf ihn. Auf der Tanzfläche bewegten sich die
Menschen zu Hip-Hop-Rhythmen, die nicht sein Geschmack
waren.
Als sich die Frau zu ihm umdrehte, fiel ihm trotz des
schlechten Lichts auf, dass sie für seinen Geschmack zu sehr
geschminkt war. Zudem trug sie einen sehr kurzen Rock und ein
enges Oberteil. Nicht sein Geschmack.
***
Anna fühlte sich allein unter so vielen Fremden unwohl.
Sonst ging sie, wenn überhaupt, mit ihrer Freundin aus.
Wo sie nun aber da war und eine Stunde für ihr Styling
benötigt hatte, blieb sie und tanzte. Daniel konnte sie nirgends
erblicken. Unauffällig hielt sie Ausschau nach ihm. Die Musik
war sehr laut, das Licht gedämpft und die Sicht vernebelt. Erst
dachte sie, sie hätte ein
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