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Hinter dem Blau: Ein kleines Mädchen verliert seinen Vater. Eine junge Frau findet zu sich. (German Edition)

Hinter dem Blau: Ein kleines Mädchen verliert seinen Vater. Eine junge Frau findet zu sich. (German Edition)

Titel: Hinter dem Blau: Ein kleines Mädchen verliert seinen Vater. Eine junge Frau findet zu sich. (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexa von Heyden
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mehr.« In letzter Zeit hatte er einen großen Persönlichkeitsverfall. Alles Negative schlachtete er bis zum Letzten aus. Jeden Abend unterhielt ich mich mit ihm über diese Dinge. Er hatte schwere Depressionen.
    Obwohl er es nicht wollte, rief ich den Psychologen Dr. Weiß an. Er kam auch diese Woche, ich glaube, es war Dienstag, in die Praxis meines Mannes. Sie unterhielten sich circa zwei Stunden lang. Herr Weiß fuhr dann in den Urlaub, eine Woche später sollte mein Mann in seine Praxis kommen und eine Psychotherapie beginnen.
    Mein Mann ertrug auch nicht den Gedanken an die Schulden, die auf uns zukommen würden, obwohl er genau wusste, dass es uns keine Schwierigkeiten bereiten würde, den Betrag abzuzahlen. Ärzte, die sich selbstständig machen, haben immer hohe Schulden. Die Einrichtung meines Mannes kostete circa 500.000 DM. Die Einrichtung meiner Praxis würde nochmals 200.000 DM kosten.
    Heute um kurz nach 12 Uhr verließ ich das Haus mit unserer Tochter Caroline, um einzukaufen. Vorher hatten wir noch mit den Kindern gefrühstückt. Die Jungs fuhren zum Fußballspielen in den Nachbarort. Ich ließ unsere Tochter Helena bei meinem Mann und sagte, dass er auf sie aufpassen solle. Gegen 13.15 Uhr kam ich dann vom Einkaufen zurück. Im Hausflur stand unsere Tochter mit blutigen Füßen. Erst dachte ich, sie sei verletzt. Ich warf den Einkauf in die Ecke und rief nach meinem Mann. Er meldete sich jedoch nicht. Aus dem Keller hörte ich ein furchtbares Stöhnen. Ich lief sofort die Treppe hinunter und sah meinen Mann blutüberströmt auf dem Boden liegen. Er lag auf einem Abflussrost, unter dem eine kleine Pumpe installiert ist. Da dort auch eine offene Steckdose war, dachte ich zuerst, er habe einen Stromschlag bekommen. Mein Mann wimmerte und stöhnte vor Schmerzen. Ich glaube, er hat mich zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr erkannt.
    Ich rannte dann sofort nach oben und wollte das Krankenhaus anrufen. Ich fand die Nummer aber nicht so schnell und deshalb wählte ich die Nummer 110. Hier meldete sich die Polizei Lingen. Ich erzählte, dass mein Mann blutüberströmt im Keller liege und dass sofort ein Notarzt kommen müsse. Von der Polizei wurde dann das Weitere geregelt. Außerdem rief ich bei unserem Nachbarn und Bekannten, Herrn Böhm, an. Er wollte auch sofort kommen. Ich holte dann zwei große Handtücher aus der Toilette und lief wieder in den Keller. Unsere beiden Töchter standen im Flur, ich bat eine Nachbarin, die zufällig vorbeigekommen war, sie auf den Spielplatz zu bringen. Die Jungs waren immer noch beim Fußball. Ich deckte meinen Mann mit den Handtüchern zu. Dann kamen Herr Böhm und kurze Zeit später der Notarzt und die Sanitäter. Als ich sah, dass mein Mann sich in die Brust gestochen hatte, wusste ich, dass er nicht mehr zu retten war.
    Da sitze ich ungewaschen in meinem Bett in meinem alten Kinderzimmer und halte mir beide Hände vor den Mund, damit ich nicht schreie. Am liebsten würde ich nach meiner Mutter rufen, dass sie sofort kommen soll, aber ich weiß, dass da unten irgendwo Hajo rumturnt, und dem will ich weder ungewaschen noch weinend über den Weg laufen. Es tut mir so leid. Wie grausam muss es sein, den eigenen Mann im Keller zu finden und zu ahnen, dass man ihn nicht retten kann? Wie schrecklich muss es sein, ein paar Stunden später der Polizei Rede und Antwort stehen zu müssen?
    Schließlich kommt unser Nachbar Herr Böhm zu Wort. Mein Vater und er hatten sich kennengelernt, als wir zusammen mit seinen Kindern auf die Straße vor ihrem Haus mit Kreide bunte Quadrate gemalt und Hüpfekästchen gespielt hatten.
    Die Familie Schulz und wir sind uns seit kurzer Zeit bekannt. Wir lernten uns durch unsere Kinder kennen. Heute gegen 13.15 oder 13.20 Uhr wurde ich von Frau Schulz angerufen. Sie erzählte mir, dass ihr Mann blutüberströmt im Keller liege. Ich habe mein Kommen sofort zugesagt.
    Einige Minuten später war ich im Keller der Familie Schulz. In einem kleinen Kellerraum befanden sich Herr und Frau Schulz. Herr Schulz war blutüberströmt. Zusammen versuchten wir, ihn still zu halten. Er atmete noch und schaute uns an. Er konnte jedoch nichts mehr sagen. Ein paar Minuten später erschienen der Notarzt und die Sanitäter.
    Über Herrn Schulz kann ich sagen, dass er sehr lebenslustig war. Vor ein paar Tagen erzählte er, dass er seinen Pkw total zu Schrott gefahren habe, ihm dabei jedoch nichts passiert sei. Er sagte: »Mir passiert nichts, mir passiert nie was.«

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