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Hinter dem Horizont: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Hinter dem Horizont: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Titel: Hinter dem Horizont: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Djakow
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abwesend. Er lauschte besorgt dem unrunden Lauf des Motors. »Ich fürchte, die ›Ameise‹ macht es nicht mehr lang.«
    Die Besatzungsmitglieder, die dabei waren, die Kajüte zu putzen, unterbrachen ihre Beschäftigung und sahen den Mechaniker fragend an. Der Alte breitete entschuldigend die Arme aus.
    »Der Motor wird früher oder später den Geist aufgeben. Auf die Schnelle kann man das nicht reparieren. Wir bräuchten eine Werkstatt. Und Ersatzteile.«
    Der Fußgänger zupfte den Heiden am Ärmel. Er wollte wissen, warum die anderen auf einmal alle so bedröppelte Gesichter machten. Nachdem Samuil Natanowitsch übersetzt hatte, begann der Bärtige heftig zu gestikulieren. Die beiden unterhielten sich kurz, dann setzt sich der Arzt zu Migalytsch.
    »Was für ein Motor ist in unserem Truck eingebaut?«, fragte er verschwörerisch.
    »Ein wassergekühlter JaMS -847 - Viertakter mit Turbolader«, ratterte der Mechaniker wie aus der Pistole geschossen herunter.
    »Und was bedeutet JaMS ?«, bohrte der Chirurg geduldig weiter, als unterhielte er sich mit einem begriffsstutzigen Kind.
    »Motorenwerk Jaroslawl, was denn sonst?!«
    »Und wo sind wir gerade?«
    »Wo?« Migalytsch stand auf der Leitung.
    »Na wo schon, siebzig Kilometer vor Jaroslawl, Alterchen!«
    Der Mechaniker zwinkerte drollig mit seinem nervösen Auge und schaute zu Taran.
    »Das wäre vielleicht eine Lösung … Was meinst du, Kommandeur?«
    »Was gibt’s denn da zu überlegen? Jaroslawl liegt doch sowieso auf dem Weg. Ab in die Kabine, Migalytsch. Wir fahren sofort los.«
    In der »Ameise« kehrte wieder Routine ein: Der Boden holperte unter den Füßen, die Wände schwankten, und die Gesichter der Gefährten sahen müde aus. Nach dem nervenaufreibenden Zwischenfall war niemand besonders gesprächig.
    Gennadi lag mit dem Gesicht zur Wand auf seiner Koje. Anscheinend konnte er nicht einschlafen, sonst hätte schon längst sein dröhnendes Schnarchen die Kajüte erschüttert. Der Gigant hatte heute am meisten abbekommen. Die grausame Bestie hätte ihn beinahe erwürgt. Andererseits, wenn der Mime sich ein anderes Opfer gegriffen hätte, wären sie jetzt sicher einer weniger in der Mannschaft. Oder auch zwei …
    Gleb warf einen Seitenblick auf den Fußgänger. Der Neue hatte sich wacker geschlagen, da konnte man nichts sagen. Wer hätte das gedacht? Wie hatten die anderen ihn noch genannt? Pazifist. Taran hatte wohl doch recht. Nach dem Vorfall mit dem Mimen wäre es albern gewesen, den Bärtigen weiterhin zu verdächtigen. Es gab nicht den geringsten Grund dazu.
    Im Gang schwebte lautlos der Heide in einem weißen Kittel vorbei. Wo er die Arztklamotten auf einmal herhatte? Die Metamorphose des Samuil Natanowitsch war offenbar endgültig und unumkehrbar. Nach einer halben Ewigkeit hatte er sich sogar wieder mal rasiert. Infolge der jüngsten Ereignisse war er als Arzt sehr gefragt. Prellungen, Schürfwunden – eigentlich hatte jeder an Bord das ein oder andere »Andenken« an den ungebetenen Gast.
    Aurora, die nach dem Angriff des Mimen komplett unter Schock stand, war diesmal nicht bei Gleb geblieben, sondern zu Taran gelaufen, um sich auszuheulen. Vielleicht empfand sie allmählich doch mehr für den Stalker als nur Dankbarkeit für seine Gastfreundschaft? Und ob Taran wohl bereit war, ein zweites Mal Stiefvater zu werden? Gleb gefiel der Gedanke. Aurora als Schwester – sicher eine ungewohnte Vorstellung, aber warum eigentlich nicht?
    Der Einzige, der vom Gastspiel des Mimen eindeutig profitiert hatte, war Migalytsch. Unter dem Eindruck der Stresssituation war die nostalgische Schwermut des Alten völlig in den Hintergrund gerückt. Der ehemalige Flieger entfaltete wieder seine gewohnte Umtriebigkeit, und wenn er Sorgen hatte, dann galten sie dem Dieselaggregat, das nicht mehr so recht wollte.
    Sein nervöser Tick am rechten Auge hatte eindeutig etwas Gutes. Auch jetzt wieder, als er kurz in die Kajüte hereinschneite, um einen Schluck Wasser zu trinken, zwinkerte er wieder unnachahmlich. Davon wurde einem sofort warm ums Herz. Obwohl er schon über siebzig war, ließ Migalytsch sich nicht unterkriegen und sprang herum wie ein Jungspund. Mit solchen Freunden konnte man bis ans Ende der Welt gehen …

5
    ERSTER KONTAKT
    Der Wettersturz kam aus heiterem Himmel. Noch vor wenigen Minuten hatten Bilder einer idyllischen Flusslandschaft das Auge erfreut: das schneeweiße Band der Wolga, das sich bis zur nächsten Biegung erstreckte, die sanft

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