Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hinter dem Horizont: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Hinter dem Horizont: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)

Titel: Hinter dem Horizont: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Djakow
Vom Netzwerk:
abfallenden Ufer mit dem trockenen Weidengesträuch und darüber ein paar harmlose Haufenwolken, die reglos am Himmel schwebten und die man wegen des grellen Tageslichts nicht lange anschauen konnte.
    Doch schon zerrten die ersten Böen eines aufkommenden Sturms an den Ruten des fransigen Ufersaums und wirbelten filigrane Eisschwaden auf. Aus den Schneewolken, die sich am Himmel breitgemacht hatten, fielen die ersten Flocken und verdampften auf den heißen Panzerplatten des Trucks. Wenig später schlug der »Ameise« ein weißes Inferno entgegen und legte sich innerhalb kürzester Zeit auf Fenster und Scheinwerfer. Die Abenteurer – ohnehin geschockt durch den plötzlichen Wetterumschwung – hatten buchstäblich den Durchblick verloren.
    »Au Backe, ein richtiger Schneesturm …« Migalytsch spähte angestrengt in den Flockenwirbel, um den grauen Uferstreifen nicht aus den Augen zu verlieren. »Vielleicht sollten wir lieber warten, bist das Wetter besser wird. Nicht dass wir noch gegen einen Felsblock fahren oder irgendwo im Gemüse landen.«
    »Verschrei’s nicht!« Taran schaute zur Navigationskabine hinüber und griff zum Mikrofon. »Samuil Natanowitsch, was meint unser Lotse, schaffen wir’s bis zur Stadt?«
    Hinter dem verschneiten Seitenfenster war der Fußgänger nur schemenhaft auf dem Rücksitz zu erkennen. Der Neuzugang hatte sich angeboten, bis zum Motorenwerk die Navigation zu übernehmen. Wie sich herausgestellt hatte, war er schon einmal im Auftrag des Ordens in Jaroslawl gewesen. Nach seinen Aussagen war die Stadt seit vielen Jahren verwaist, und die Chancen, dort auf Überlebende zu treffen, standen schlecht.
    Die Sprechanlage knackte leise. Aus dem Lautsprecher tönte die heisere Stimme des Heiden.
    »Er sagt, es sei nicht mehr weit. Sobald wir auf eine Brücke stoßen, müssen wir ans rechte Ufer fahren. Das Motorenwerk ist dort ganz in der Nähe.«
    Gleb schaute seinem Vater über die Schulter, doch außer dem dichten Flockenwirbel konnte er in der weißen Hölle dort draußen beim besten Willen nichts erkennen.
    »Eins verstehe ich nicht«, sagte der Junge nachdenklich. »Wenn der Fußgänger schon mal in Jaroslawl war, wie hat er es dann allein wieder zurückgeschafft? Der Schnee, die Kälte … Die Raubtiere, nicht zu vergessen …«
    »Wenn die Stadt ausgestorben ist, haben die Bestien hier auch nichts verloren«, erwiderte Taran, ohne von der Landkarte aufzusehen. »Und allein kommt man am ehesten unbemerkt durch. Das weißt du doch selbst.«
    Natürlich wusste Gleb das. Trotzdem konnte er sich den schwächlichen Fußgänger nicht als kühnen Stalker vorstellen, der sich einsam durch Eis und Kälte schlug. Zumal er ja auch taubstumm war. Wie konnte man sich an der Oberfläche bewegen, ohne Geräusche zu lesen? Der Mann musste schon unverschämtes Glück gehabt haben, um einen solchen Höllentrip lebendig zu überstehen. Der Junge glaubte nicht daran, zumal er selbst schon ein paar Erfahrungen mit den Kreaturen der Oberfläche gemacht hatte.
    Die Zweifel, die er nach dem Zwischenfall mit dem Mimen zunächst verworfen hatte, waren wieder zurückgekehrt. Gleb beobachtete den seltsamen Weggefährten heimlich, und manchmal wurde er das Gefühl nicht los, dass der Fußgänger all ihre Gespräche hervorragend verstand und nur deshalb in eine andere Richtung schaute, um sich nicht zu verraten.
    Der Wind hatte unterdessen Orkanstärke erreicht. Nur weil Taran partout darauf bestand, klammerte sich Migalytsch verbissen ans Lenkrad und steuerte den Truck immer weiter durch den milchigen Schleier des tobenden Schneesturms.
    »Langsam!«, rief plötzlich der Stalker und presste die Stirn an die Scheibe.
    Durch die Kabine ging ein Ruck, als Migalytsch vom Gas ging und das Dröhnen des Motors leiser wurde. Im trüben Scheinwerferlicht tauchte schemenhaft die Ruine einer lang gestreckten Brückenkonstruktion auf: Stahlträger, die im Laufe der Zeit schwarz geworden waren, von der Feuchtigkeit zerfressene Betonpfeiler, vor denen sich Eisbrocken türmten, ein Fahrbahnfragment, das bedrohlich über einen zerstörten Brückenabschnitt ragte, und – wo man auch hinschaute – Autowracks, die eine verheerende Kraft in der ganzen Gegend verstreut hatte. Es war das inzwischen sattsam bekannte Bild der Verwüstung, das die Vorfreude auf die Erkundung einer neuen Stadt mit einem Schlag zunichtemachte. Wer auf ein Wunder gehofft hatte, wurde – wie so oft – bitter enttäuscht.
    Die »Ameise« erklomm die lehmige

Weitere Kostenlose Bücher