Hinter dem Horizont: Metro 2033-Universum-Roman (German Edition)
hatte die Aufmerksamkeit des Mutanten erregt. Auf einer der Kurbelwellen steckte ein Totenschädel, der grinsend die schwarz verfärbten Zähne bleckte.
»Den Hautresten nach zu schließen hängt der Ärmste hier noch gar nicht so lange herum. Die Stadt ist also doch bewohnt …« Taran suchte Blickkontakt zu seinem Freund. »Denkst du dasselbe wie ich?«
Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, verschärften die beiden das Tempo, um so schnell wie möglich zum »Stützpunkt« zurückzukommen. Der Söldner stürmte als Erster in die Lagerhalle und klopfte sich den pappigen Schnee vom Schutzanzug.
»Wo ist der Fußgänger?«
Sitting Bull, der Wache stand, schaute den Kommandeur verständnislos an.
»Aber der ist euch doch nachgegangen! Er hatte zu Natanowitsch gesagt, dass er euch beim Suchen hilft.«
»Und die Karten? Sind seine Landkarten noch da?«
Der Heide steckte den Kopf aus dem Container und schüttelte betroffen den Kopf.
»Dann ist er getürmt, der Bastard!«
Gennadi legte sein »Geschirr« ab und spuckte zornig seine Kippe auf den Boden.
»Kein großer Verlust«, warf Migalytsch ein und wischte sich die ölverschmierten Hände mit einem Lappen ab. »Dann ist er halt weg, scheiß drauf.«
»So einfach ist das nicht, Väterchen.« Dym zog eine neue Zigarette aus der Brusttasche. »Er hat uns ja wohl nicht zum Vergnügen nach Jaroslawl gelotst. Und wie sollen wir ohne die Karten die Treibstofflager finden? Mist, Gleb hatte schon recht, dass er ihm nicht über den Weg getraut hat … Apropos, wo ist eigentlich der Junge?«
An der improvisierten Werkbank war der notorische Herumtreiber nicht. Nach Aussage von Aurora, die gerade das Abendessen kochte, hatte er sich auch in der Kajüte nicht blicken lassen. Migalytsch und Sitting Bull sahen einander ratlos an und zuckten mit den Achseln. Taran rügte die beiden, weil sie nicht aufgepasst hatten, und kündigte an, den Jungen draußen zu suchen. Der Söldner war ernstlich besorgt.
Doch in diesem Moment tauchte Gleb von selbst wieder auf – völlig ausgepumpt und äußerst erregt. Er lief zu seinem Vater und zog ihn am Ärmel.
»Ich habe ihn verfolgt! Schnell! Sonst haut er ab!«
»Dym, du bleibst hier und hilfst beim Motor mit. Migalytsch, beeil dich mit der Reparatur!«
Nachdem Taran seine Anweisungen gegeben hatte, folgte er seinem Stiefsohn in den Flockenwirbel. Eine Sturmböe riss den Stalker fast um, und er sank tief in den Schneewehen ein. Der vorauseilende Gleb, dessen flinke Gestalt in dem weißen Inferno kaum zu erkennen war, legte ein höllisches Tempo vor und rannte geradewegs auf das angrenzende Werksgebäude zu.
Erst am Eingang hatte der Stalker ihn eingeholt, und die beiden tauchten praktisch gleichzeitig ins Dunkel der Halle ein.
»Langsam, langsam! Keine Hektik«, mahnte Taran, hielt den Jungen an der Schulter zurück und legte die Kalaschnikow an. »Immer nach allen Seiten absichern. Das ist kein Spaziergang hier.«
Sie gingen vorsichtig weiter und leuchteten mit den Lampen die Ecken und Gänge aus.
»Hier!« Gleb blieb plötzlich stehen und richtete die Lampe auf eine Schachtöffnung im Boden. »Hier hat der Fußgänger die Luke aufgemacht und ist im Keller verschwunden. Ich wollte es nicht riskieren, ihm hinterherzusteigen.«
»Das hast du völlig richtig gemacht«, lobte der Stalker, der sich noch gut an die denkwürdige Begegnung mit einem gewissen Puppenspieler erinnerte. »Hat er dich gesehen?«
»Glaube ich nicht. Ich habe sehr darauf geachtet, keinen Lärm zu machen.«
»Gut so …«
Der Stalker verharrte über dem Schacht und dachte angestrengt nach.
»Was stehen wir hier rum?«, flüsterte der Junge nervös. »Wir müssen ihn da rausscheuchen und ihn uns vorknöpfen …«
»Glaub mir, der ist nicht mehr da unten. Er will ja schließlich raus aus dem Werk, und weil er im Schnee Spuren hinterlassen würde, versucht er, durch die Keller zu entkommen.«
»Aber er weiß doch den Weg nicht!«
»Anscheinend doch.« Tarans Augen funkelten hinter der Gasmaskenscheibe. »Vergiss nicht, dass er schon mindestens einmal hier gewesen ist. Und irgendetwas sagt mir …«
»… dass er da nicht allein gewesen ist«, beendete Gleb den Satz. »Und wie sollen wir ihn jetzt finden?«
»Ich hab da eine Idee. Mir nach!«
Es war höllisch anstrengend, durch die tief verschneiten Straßen zwischen den Werkshallen zu laufen. Der Junge kam schon bald aus der Puste und blieb hinter seinem Vater zurück. Als er ihm schon nachrufen wollte,
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