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Hinter dem Mond

Hinter dem Mond

Titel: Hinter dem Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wäis Kiani
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mich an ihn. Ich hatte zum ersten Mal keine Angst, hinten zu sitzen. Es konnte nichts passieren, ich war endlich genau dort, wo ich sein wollte, und es fühlte sich noch besser an, als ich je gedacht hätte. Ich legte meinen Kopf auf seinen warmen, braunen Lederrücken und streichelte ein wenig mit meinen Händen in seinen Jackentaschen seinen flachen Bauch. Alles war gut.

    Als ich am frühen Abend nach Hause kam, lief mir meine Mutter verärgert entgegen.
    »Ach, jetzt bringst du das Schmalz? Inzwischen sind wir selbst zu Auberginen geworden, so lange haben wir gewartet …«
    Ich sah sie fragend an. »Welche Auberginen? Was?«
    Meine Mutter äffte mich nach. »Welche Auberginen? Welche Auberginen? Lilly Chanum hat mal wieder den ganzen Tag nur geträumt … immer liegst du im Dämmerschlaf, wehe, man weckt dich! Du bist wohl aus unserer Welt ausgetreten, wie? Gehörst nicht mehr zu unserer Familie? Dich darf man nicht ansprechen!«
    Oh Gott. Sie wollte sich streiten. Ihr Schmalz hatte ich natürlich vergessen. Sollte sie doch selbst den Metallkübel anschleppen, ich war keine Hausangestellte.
    Ich legte Ramins Kassette in den Rekorder und holte meine Klebstofftube aus dem Chaos in meiner Schreibtischschublade. Ich drückte eine rosinengroße Wurst heraus und hielt sie unter meine Nase. Es roch wahnsinnig lecker, mein Lieblingsduft.
    Als mein Vater nach Hause kam, hörte ich, wie meine Mutter sich bei ihm über mich beschwerte. Ich würde so viel Geld kosten und nichts leisten, die vielen Lehrer, die ich brauchte, jedes Kind würde selbstständig lernen, aber ich würde mich dumm stellen (an der Stelle zog ich die Augenbrauen hoch. Wieso stellen? Wieso sagte sie nicht, dass ich dumm sei, wie sonst auch?), und sie hätte heute mit Fatmeh Chanum den ganzen Berg Auberginen gebraten, hätte Fatmeh Chanum nicht alleine lassen können und mich gebeten, ihr wenigstens einen Kübel Schmalz vom Baghalli zu holen, wenn ich sie schon sonst nie unterstützte, um ihre schwere Arbeit zu erleichtern, aber ich sei einfach Stunden später … Ich setzte meine Kopfhörer auf und schloss die Augen.
    Ramin hatte mich eingeladen, morgen direkt nach der Schule mit zu ihm nach Hause zu kommen und mit ihnen Mittag zu essen. Meiner Mutter hatte ich gesagt, wir hätten wieder Extrastunden. Er würde, obwohl seine Eltern es eigentlich verboten hatten, mit dem Motorrad zur Schule kommen, damit wir nach der Schule zusammen zu ihm fahren konnten. Golli lief beinahe grün an vor Neid, als ich ihr erzählte, dass er mich abholen würde. Jetzt müsste er mich nur endlich küssen, und plötzlich war ich besorgt. Vielleicht waren wir morgen allein bei ihm zu Hause, und dann würde ich mich einfach auf seinen Schoß setzen, auf seinen Schreibtischstuhl und ihn küssen.
    Meine Tür flog plötzlich auf, mein Vater stand in der Tür und kam dann kochend vor Wut auf mein Bett zugerannt. In der rechten Hand hielt er fest einen seiner doppelt genähten Ledergürtel, mit der linken riss er mir den Kopfhörer vom Kopf.

    Ich lag auf Ramins Bett, Ramin saß an seinem Schreibtisch und sah mich an. Ich bewegte mich nicht, weil mir die Beine entsetzlich weh taten. Auch meine Hüfte. Mein Vater hatte mehrmals dagegen getreten, zum Glück hatte er keine Schuhe an.
    Meine Jeans war so eng, dass der Stoff auf die wunden Stellen drückte und alles noch mehr schmerzte. Aber ich musste einfach die Mustang-Jeans anziehen, weil es die Hose war, die meine Eltern beide besonders hassten, denn ihrer Meinung nach sah ich damit aus wie vom Strich. Dazu trug ich das Sternenshirt.
    »Du bist meine Sternenprinzessin«, hatte Ramin gesagt, als ich nach der sechsten Stunde ohne Kittel zu der verabredeten unbeobachteten Straßenecke kam, wo er schon mit seiner Yamaha wartete.
    »Echt?« Ich lachte. »Nein, weißt du, ich bin die Schwester vom kleinen Prinzen. Und wenn du mein Freund sein willst, musst du mich zähmen«, sagte ich ernst und setzte mir den Helm auf.
    »Zähmen? Was muss ich da tun?«, fragte er dann tatsächlich. Er kannte den kleinen Prinzen auch auswendig!
    »Du musst sehr geduldig sein«, sagte ich und umarmte ihn von hinten auf dem Sitz.

    Jetzt lag ich wieder auf meinem Platz auf seinem Bett. Wir hatten zusammen mit seiner Mutter und seinen sich ständig prügelnden Brüdern in der Küche gegessen. Ghorme Sabzi und Reis aus dem Reiskocher. Seine Mutter war eine blasse, ruhige Frau, die nicht viel sprach, aber ich mochte sie. Sie war eine richtige Mutter, wie es

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