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Hinter dem Mond

Hinter dem Mond

Titel: Hinter dem Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wäis Kiani
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besitzen. Als Golli meinen großen Steiff-Bären mitnahm, flippte sie regelrecht aus:
    »Dein Bär! Den hat dir deinVater aus München mitgebracht. Warum verschenkst du deinen Bären an diese Batsche Kolfat?« Batsche Kolfat ist das Kind von der Kolfat. Das stimmte nun nicht, denn Gollis Vater war sehr reich, aber nicht modern, nicht intellektuell und nicht berühmt, also in jedem Fall weit unter der Würde meiner Mutter.
    »Warum soll mein armer Bär hier alleine sitzenbleiben, wenn er bei Golli sein kann und sie sich freut?«
    Golli freute sich immens über den Bären. Sie hatte ihn schon immer bewundert. Sie freute sich über alles, über meine ganzen Klamotten, die ich nicht mehr sehen konnte, und am meisten über meine Lederjacke. Ich wollte alles neu, die alten Sachen erinnerten mich nur an Kargheit und Abgegrenztheit. In Gollis Familie kaufte man keine teuren Klamotten und handgenähte Bären für Kinder.
    Es war alles schon schlimm genug für mich, und ich hatte wahnsinnige Angst, dass es meinen Sachen so ergehen könnte wie dem rosa Kaninchen. Deshalb versuchte ich, alles richtig zu machen, damit keine Islamisten meine Kleider tragen oder mit meinen Sachen spielen würden, aber meine Mutter machte mit ihrem Geiz und ihrer Missgunst alles nur noch schlimmer. Ich konnte meinen Bären ja auf keinen Fall mitnehmen, weil die Revolutionsgarden bei der Ausreise am Flughafen alles auseinandernehmen würden auf der Suche nach Schmuck und Bargeld, das hatte man uns schon gesagt. Und ich wollte nicht, dass eklige Flughafenangestellte meinen Bären aufschlitzten. Ich hatte mich von meinem großen Bären mit den Worten verabschiedet: Hab keine Angst.

    Meine Eltern wollten nichts verkaufen oder aufgeben. Sie wollten alles beibehalten und nur die Tür zuziehen und jederzeit wiederkommen können. Ich wusste eigentlich gar nicht, was meine Eltern vorhatten, und ob sie kurz oder lange weg wollten, oder nur, solange der Krieg dauerte. Ich hatte nicht einmal gefragt, wieso mein Vater plötzlich weg wollte. Ich redete mit ihnen über solche Sachen nicht, ich redete mit ihnen schon lange über gar nichts mehr. Es war mir auch völlig egal, was die wollten, sagten oder dachten. Ich hielt sie beide für verrückt und alles, was sie sagten, war ohnehin wertlos, weil sie entweder logen oder es sich alles am nächsten Tag anders überlegten und sich an ihre Worte meistens nicht mehr erinnern konnten oder wollten. Sie wussten nie, was sie eigentlich wollten. Aber ich wusste das. Und je weniger ich mit den beiden redete, desto genauer wusste ich es.
    Ich wusste, dass ich nicht mehr zurückkommen würde. Aus irgendeinem Grund wusste ich, für mich war das Kapitel Teheran beendet. Und zwar für immer.
    Aber wie gesagt, ich sprach nicht darüber, mit niemandem. Ich leerte bloß wortlos meine Schränke, holte die kompletten Stapel Tim und Struppi , Asterix und Lustige Taschenbücher heraus und schob alles schweren Herzens in eine Tragetasche für Golli. Es tat mir so unendlich leid, ich liebte meine Comics, und mein Herz hing an jedem einzelnen, ich kannte jede Sprechblase in jeder Geschichte auswendig. Ich war schon als Kind immer erstaunt gewesen, dass ich eine der wenigen war, die alle Blasen immer genau lasen. Die anderen sahen sich immer nur die Bilder an, total langweilig und dumm. Und Golli würde die Hefte sicher auch nicht lesen, sie wollte nur meine Schätze besitzen, um sich ein wenig so zu fühlen, wie sie dachte, dass man sich fühlt, wenn man so viele schöne Sachen besaß. So trugen sie, Pari und Gita eben jeden Abend, so viel sie tragen konnten, glücklich nach Hause.

    Der letzte Tag war furchtbar. Unser Lufthansa-Flug ging erst spätabends, weil die wenigen ankommenden Maschinen aus Frankfurt immer gleich wieder zurückflogen, kein Pilot und keine Stewardess wollte auch nur eine Nacht in Teheran verbringen. Mein Koffer war so gut wie gepackt, ich hatte nur ein paar Klamotten, meine Tagebücher und Goran, den kleinen Bären, dabei. Meine goldene Longines-Uhr am Handgelenk konnte ich mitnehmen. Aber den breiten goldenen Armreif würden sie mir wohl wegnehmen, sagte meine Mutter, ich sollte ihn unbedingt dalassen. Golli und Ramin waren bei mir, und ich saß auf dem Bett mit Mr Molly auf dem Arm und war unglaublich schlecht drauf. Der Gedanke, in wenigen Stunden Ramin und meine Katze zurückzulassen und nur mit meinem Vater allein in eine ungewisse Zukunft zu gehen, lähmte mich vor Schreck und Abscheu.
    Ich hatte Angst vor

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