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Hinter dem Mond

Hinter dem Mond

Titel: Hinter dem Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wäis Kiani
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blieb, langbeinig und blond, mit seiner neuen persischen Familie im Iran und führte als Ingenieur ein ziemlich schickes Leben. Jedenfalls empfand ich das so. Sie hatten eine schöne Wohnung, und Pouri sah immer aus wie aus der Vogue . Sie war perfekt gestylt, frisiert und geschminkt. Vielleicht schmeckte auch deshalb das Essen bei uns besser, weil meine Mutter sich dafür viel Zeit nahm und kein Personal an den Herd ließ und sich dafür weniger Gedanken um ihr Styling machte.
    Mir ist erst viel später, wenn ich nach der Schule zu meinen deutschen Freunden fuhr, aufgefallen, was die für grauenvolle Dinge zu essen bekamen und für persische Küche hielten. Dann musste ich immer an das Essen im Camp denken. Ich hatte solche Speisen auf den Esstischen meiner eigenen Familie noch nie gesehen. Wenn ich es meiner Mutter erzählte, lachte sie sich schlapp, weil die Deutschen so blöd waren und sich von iranischen Bediensteten für dumm verkaufen ließen. Aber das war wohl auch der Grund, warum die meisten Deutschen, die in Teheran lebten und Slumbewohnerinnen als Hausangestellte und Köchin in ihrem Haus beschäftigten, glaubten, kein persisches Essen zu mögen. Sie vergaßen, dass arme Menschen überall auf der Welt schlecht kochen. Und erst recht, wenn sie etwas für eine deutsche Familie zusammenpanschen, die keine Ahnung hat, wie es überhaupt schmecken soll, denen dann aber erzählen, es wäre persisch.
    Obwohl meine Mutter mit Köchen und Bediensteten aufgewachsen war, bestand sie darauf, weiterhin selbst zu kochen, wohl auch, um die Lorbeeren dafür selbst einzukassieren. Sie verachtete unser Dienstmädchen und ließ sie nur niedrige Küchendienste ausführen. Sie sei sogar zu dumm, um Auberginen richtig zu braten, außerdem sei sie faul. Das war ungerecht, denn Massume Chanum arbeitete jeden Tag, ohne Wochenende und Urlaub. Sie war immer barfuß und hatte deshalb ganz schrecklich dunkelgraue Hornhaut mit tiefen Rissen an den Füßen. Sie stand einmal lange auf einer Leiter in meinem Zimmer und hängte meine Vorhänge auf, die meine Mutter hatte waschen lassen. Ich lag die ganze Zeit auf meinem Bett und sah mir ihre kaputten, hennagefärbten rotbraunen Füße mit den zerfurchten Fersen an. Ihre Fuß- und Handnägel waren auch orange von Henna. Sie trug immer Gummischlappen und geblümte Tschadors, die sie merkwürdig um sich herumwickelte, um die Arme frei zu haben. Unter dem Tschador hatte sie selbst genähte Hochwasser-Pyjamahosen an und darüber irgendwelche Pullover und Blusen, die ihr meine Mutter gegeben hatte. Sie hatte einen ganz komischen Style, den aber alle armen Leute hatten. Wer hatte sich das bloß ausgedacht? Ich überlegte, ob wir für die Armen auch alle gleich aussahen in unseren weiten Jeanshosen und engen bunten T-Shirts und Plateauschuhen. Vielleicht war das auch so modern in Hassanabad, weit im Süden, wo sie wohnte, deshalb schlief sie manchmal sogar bei uns, wenn es spät wurde. Sie hatte einen Mann, der Hausmeister war, und acht Kinder, von denen vier gestorben waren. Massume Chanum war so anspruchslos und gehorsam, dass ich Angst hatte, sie sei geistig behindert. Und ich hasste es total, dass immer fremde Leute in unserem Haus waren und irgendetwas arbeiteten. Wenn sie mich sahen, dann hörten sie auf zu wischen und verneigten sich vor mir. Meine Mutter hatte mir verboten, mit den Dienstboten zu reden, weil sie sonst frech werden würden, und so deprimierte mich ihre Untertänigkeit noch mehr. Es war auch schrecklich, wenn meine Mutter freitags im Chelo-Kebab-Restaurant »Nayeb« in Niawaran unsere übrig gebliebenen Kebabs und die restlichen Reishaufen von unseren Tellern von dem Kellner zusammenpacken ließ.
    »Mama, du kannst dem doch nicht die Reste von meinem Teller mitbringen«, klagte ich leidend.
    »Warum? Was glaubst du, wann der in seinem Leben schon gegrilltes Lammfilet zu essen bekommt? Der freut sich wie ein Irrer, und das ist auch mehr, als er sich je verdient hätte!«, sagte sie kalt und schüttelte den Kopf, als hätte ich keine Ahnung von irgendwas.
    Es war so furchtbar für mich, dass ein erwachsener Mann, der schwer arbeitete, sich freute, die Reste von meinem Teller essen zu dürfen, dass ich versuchte, so wenig wie möglich von meinen beiden langen Kebab-Spießen zu essen, damit er wenigstens einen ganzen Spieß bekam und nicht lauter kleine Reststücke.
    Wenn wir aus dem Restaurant zurückkamen, gab meine Mutter Asghar Agha, dem Angestellten meiner Großmutter, der

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