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Hinter der Nacht (German Edition)

Hinter der Nacht (German Edition)

Titel: Hinter der Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Walter
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Farbe hinter meinen geschlossenen
Lidern veränderte sich von schwarz zu rot. Dann ließ er meine Hand los. Die
Enttäuschung durchfuhr mich wie ein Stich, so dass ich mir Mühe geben musste,
mir nichts anmerken zu lassen.
    „Du darfst die
Augen wieder öffnen.“ Seine Stimme kam von irgendwo neben mir. Langsam leistete
ich seiner Aufforderung Folge.
    Goldenes Feuer
überflutete meine geweiteten Pupillen, die sich sofort reflexartig
zusammenzogen. Geblendet schloss ich die Augen und öffnete sie dann vorsichtig
wieder, diesmal nur einen Spalt breit. Das, was ich sah, war unmöglich.
    Ein goldgelber
Feuerball hing dicht über den glitzernden Bergen, und just in diesem Moment
berührte sein unterster Rand ihre schneebedeckten Spitzen, deren Spiegelbilder
sich daraufhin wie Tupfer aus flüssigem Gold im See ausbreiteten. Es war exakt
dasselbe Bild, das uns bei unserer Ankunft zuvor schon empfangen hatte. Meine
Gedanken überschlugen sich. Was war hier los?
    „Und? Was sagst
du?“ Ariks Stimme war nicht viel mehr als ein Flüstern.
    Ich wandte
meinen Blick von dem Wunder vor mir ab und ihm zu. Er blickte auf den See, und
sein Profil leuchtete im Licht der untergehenden Sonne. Er war wunderschön.
    „Wie hast du das
gemacht?“, flüsterte ich zurück.
    „Was glaubst du
denn?“ Er wandte seinen Blick mir zu. Sein Gesicht wirkte ernst, beinah
ängstlich.
    „Es muss ein
Trick sein. Aber wie hast du das geschafft?“
    „Kein Trick.“ Er
schüttelte den Kopf.
    „Aber - was
dann? Das kann nicht echt sein!“
    „Warum nicht?“
    „Weil die Sonne
vorhin vor meinen Augen untergegangen ist. Du hast es doch auch gesehen. Und
jetzt verrate mir bitte, wie du das gemacht hast!“
    „Du weißt es. Es
gibt nur eine Erklärung.“ Wieder sah er mich mit diesem fast ängstlichen Blick
an.
    Ich zermarterte
mir das Gehirn. Ich wusste es? Aber welche Erklärung konnte es geben? Als ich
ihn weiterhin nur stumm und ratlos anstarrte, schien er schließlich einen neuen
Entschluss zu fassen.
    „Okay, ich
zeig’s dir.“
    Wieder streckte
er mir seine Hand entgegen, und scheu ergriff ich sie. Dann sah ich ihn fragend
an.
    Er deutete
meinen Blick richtig und schüttelte den Kopf. „Nein, lass die Augen offen. Du
willst es ja sehen.“
    Beim Klang
seiner Stimme wurde ich nervös. So, wie er „es“ betonte, war ich mir plötzlich
gar nicht mehr so sicher, dass ich „es“ wirklich wissen wollte.
    Doch da ging
Arik schon los.
    Zunächst bemerkte
ich nichts Besonderes. Er zog mich mit sanftem Druck hinter sich her, den
Strand entlang, und ich stolperte hinter ihm her. Allerdings kamen wir nicht
besonders schnell vom Fleck, obwohl wir ordentlich marschierten. Es schien
eher, als ob wir fast auf der Stelle traten.
    „Schau dir die
Sonne an.“
    Gehorsam wandte
ich meinen Blick, den ich bisher auf den Boden vor meinen Füßen gerichtet
hatte, in Richtung Meer. Die Sonne war immer noch eine glühende Kugel knapp
über den Bergen. Eigentlich war das seltsam, denn meinem Gefühl nach hätte sie
inzwischen schon ein Stück weit verschwunden sein müssen. Doch was dann
geschah, war nicht nur seltsam, sondern unglaublich. Ich traute meinen Augen
nicht, als die Sonne, statt allmählich hinter den Bergen zu versinken, sich im
Gegenteil von diesen entfernte und langsam, aber stetig den Himmel wieder hinauf wanderte.
    Mit offenem Mund
blieb ich stehen, um das Phänomen genauer zu betrachten. Doch es gab nichts zu
betrachten, denn auch die Sonne blieb stehen, wo sie war. Dann zog Arik erneut
an meiner Hand und lief weiter. Und sprachlos beobachtete ich, wie auch die
Sonne ihren verkehrten Lauf wieder aufnahm und immer weiter in den Himmel
stieg.
    Meine erster
Gedanke war: Okay. Jetzt ist es geschehen. Er hat mich um den Verstand
gebracht. Vielleicht war ich ja wieder ohnmächtig geworden, hatte die Nacht
verpasst und sah nun einen ganz normalen Sonnenaufgang? Aber das konnte nicht
sein, denn an dieser gleichen Stelle hatte ich zuvor einen Sonnenuntergang
beobachtet. Und wenn überhaupt, müsste die Sonne an der entgegengesetzten Seite
wieder aufgehen. Oder hatte Arik mich während meiner Ohnmacht heimlich von der
einen zur anderen Seeseite befördert? Das schien die einzig logische Erklärung
zu sein. Aber warum hätte er das tun sollen? Das machte überhaupt keinen Sinn.
Sosehr ich mir auch den Kopf zerbrach, mir fiel einfach keine Erklärung für das
ein, was ich mit meinen eigenen Augen sah, was nicht total verrückt klang.
    Als

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