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Hinter der Nacht (German Edition)

Hinter der Nacht (German Edition)

Titel: Hinter der Nacht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Walter
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„Vorhin in der Umkleide dachte
ich fast, er würde mir an die Kehle springen. Dabei kennt er mich doch gar
nicht. Und getan habe ich ihm auch nichts.“ Er schüttelte verständnislos den
Kopf.
    „Aufstellung!“
Jordans laute Stimme unterbrach unser Gespräch. Während ich mich eilig von Mike
trennte, um meinen Platz am Kopf der Begrüßungsreihe einzunehmen, wie es meinem
Gürtelgrad entsprach, atmete ich tief durch, um mein pochendes Herz wieder
unter Kontrolle zu kriegen. Es war ganz schön nervenaufreibend, mit Mike und
Arik zugleich in einem Raum zu sein. Und erst jetzt fiel mir auf, dass ich Mike
gar nicht mehr gefragt hatte, was er überhaupt hier wollte. Am Training
teilnehmen, soviel war mir klar. Aber warum so plötzlich?
    Als Jordan nach
etwa dreißig Minuten Grundschule sein „ Kumite! Jeder sucht sich einen
Partner!“ rief, begab ich mich so rasch, wie es ohne aufzufallen möglich war,
zum anderen Ende der Schlange, wo Arik als Vorletzter direkt neben Mike seine
Aufwärmübungen absolviert hatte. Als ich mich den beiden näherte, konnte ich
förmlich die negative Energie spüren, die Arik ausstrahlte und die sich ganz
auf Mike zu konzentrieren schien. Mich wunderte, dass dieser es die ganze Zeit
an seinem Platz ausgehalten hatte. Aber vielleicht war er ja nicht so
überempfindlich wie ich.
    Während ich mich
näherte, merkte ich, wie beide Augenpaare sich auf mich richteten, und die
Spannung schlug mir wie eine Gewitterwolke entgegen. Als ich nur noch wenige
Schritte von Arik entfernt war, bleckte dieser plötzlich die Zähne, als ob er
knurren wollte, und marschierte dann unvermutet mit wütenden Schritten auf mich
zu – und an mir vorbei. Ich war so überrumpelt, dass ich ohne nachzudenken
kehrtmachte und hinter ihm her lief.
    „He! Arik!
Warte!“
    Er stoppte
mitten im Schritt und fuhr dann herum. Wütend starrte er mich an. „Was willst
du?“
    Vor dem Zorn in
seinem Blick wich ich unwillkürlich einen Schritt zurück, doch dann nahm ich
all meinen Mut zusammen.  „Ich dachte, wir könnten…“ – ich begann zu stottern –
„…also – du und ich… wir machen doch immer die Partnerübungen zusammen!“ Ich
atmete tief durch. Auch wenn ich seine rasant wechselnden Launen inzwischen
kannte, so war es doch schwer, mit ihnen Schritt zu halten.
    Unfreundlich
erwiderte er: „Du willst doch bestimmt lieber mit ihm zusammen sein!“ Er
warf einen verächtlichen Blick in Mikes Richtung.
    „Nein!“, rief
ich, vielleicht etwas zu rasch. Schnell versuchte ich, wieder cool zu klingen.
„Ich meine, warum sollte ich? Du bist doch immer mein Partner.“
    Ein
unergründlicher Ausdruck trat in seine dunklen Augen, doch zu einer Antwort kam
er nicht mehr, denn jetzt sagte Jordan die erste Übung an. Ohne weitere Worte
ging Arik mir gegenüber in Ausgangsstellung, und ich folgte mit klopfendem
Herzen seinem Beispiel.
    Eine ebenbürtige
Gegnerin war ich ihm wahrhaftig nicht. Zu vieles ging mir im Kopf herum. Und zu
sehr war ich mir seiner Augen bewusst, die mich ununterbrochen musterten. Ab
und zu hatte ich das Gefühl, dass er kaum merklich den Kopf schüttelte, so, als
sänne er über ein unlösbares Rätsel nach. Dabei blieb er jedoch so konzentriert
wie immer, wenn er kämpfte. Allerdings schienen seine Schritte noch etwas mehr
als üblich seinen übrigen Bewegungen hinterher zu hinken. Trotzdem war er mir
haushoch überlegen, was mir heute jedoch egal war.
    Als Jordan
schließlich das Ende des Trainings ankündigte, war ich total überrascht. Die
Zeit war wie im Flug vergangen, und ich hätte noch ewig so mit Arik
weitermachen können. Auf einmal schien mir die Zeit, bis ich ihn das nächste
Mal treffen würde, viel zu lang. Es könnte Tage dauern, mindestens bis zum
Training am nächsten Montag! Wie sollte ich das nur so lange aushalten? Ich
würde vor Langeweile sterben!
     
    Als ich zwanzig
Minuten später frisch geduscht die Halle verließ, löste sich eine Gestalt aus
dem Schatten der Turnhallenwand. Mein Herz machte einen Sprung – doch dann
bemerkte ich, dass es Mike war. Er sah verlegen aus.
    „Oh. Hast du auf
mich gewartet?“
    „Hmm, ja...“ Er
druckste herum. „Ich hab da ein Problem.“ Seine Miene wechselte von verlegen zu
schuldbewusst. „Ich muss gleich noch zu einem Kumpel. Er feiert seinen
Geburtstag. Meinst du…“
    „Kein Problem,
ich kann mit dem Bus zurückfahren!“, fiel ich ihm ins Wort.
    Er sah
erleichtert aus. „Bist du sicher?“
    „Klar!“, entgegnete
ich -

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