Hinter der Tür
Strichmännchen mit Brüsten. Als sie zu lachen begann, wußte sie, daß sie zum Strand fahren würden.
Aber die Vierergruppe kam dann doch nicht zustande. Um zehn Uhr am nächsten Vormittag packte Gail gerade Badesachen und Sonnenöl zusammen, als Helen anrief. Ihre Stimme klang deprimiert. Sie verkündete, daß »Larry«, wer immer er war, plötzlich etwas Besseres gefunden hatte. Gail drängte sie, trotzdem mitzukommen, aber Helen sagte: »Nein, vielen Dank. Zu zweit ist es gemütlich, zu dritt wird gleich ein französischer Film daraus.«
»Helen, was ist denn los? Hast du dich mit deinem Freund gestritten?«
»Nein, es ist nichts. Liegt allein an mir.«
»Du hast heute nicht gerade deine A-Seite aufgelegt, soviel ist klar.«
»Ja, vor dir dreht sich die B-Seite der Platte – Helens Blues.«
Gail überlegte, ob sie Steve Tyner anrufen und den Ausflug absagen sollte; seine Nummer fand sie im Telefonbuch. Aber die Entscheidung fiel ihr nicht schwer; sie wollte fahren – und nicht wegen Helen.
Steve holte sie eine Stunde später ab. Auf der langsamen, verkehrsbehinderten Fahrt zur Küste erzählte sie ihm von Helens Anruf.
»Ist Ihre Freundin oft so? Deprimiert, meine ich.«
»Ich kenne sie noch nicht lange genug.«
»Und wie steht es mit Ihnen? Sind Sie manchmal deprimiert?«
»Das ist ein Geheimnis zwischen mir und meinem Psychiater.« Sie biß sich auf die Zunge.
Steve spürte ihr Bedauern und sagte: »Macht doch nichts, wenn man einen Psychiater hat. Soll immer noch große Mode sein.«
»Sie wissen doch sowieso Bescheid«, sagte Gail tonlos. »Sie und die Fiduciary.«
»Tut mir leid«, sagte Steve. »Ich habe versprochen, kein Thema anzuschneiden, das Ihnen nicht recht ist.«
»Ist ja völlig in Ordnung«, sagte sie noch einen Grad frostiger. »Ich habe nichts dagegen, Ihre Fragen zu beantworten. Nein, ich bin nicht sehr deprimiert, jedenfalls nicht am Tage.«
»Aber in der Nacht?«
»Wem geht das nicht manchmal so?«
»Ich wette, dazu käme es nicht, wenn Sie nicht mehr allein wären.«
»Ich bin aber nicht allein. Ich habe eine Haushälterin, Mrs. Bellinger.«
»Großartig. Und ich wette, daß Sie auch einen Teddybär besitzen.«
»Nein, einen Puh-Bär.«
»Meine Güte, ein Stofftier-Fan! Was bringt Frauen nur dazu, andauernd diese blöden Stoffdinger an sich zu drücken? Welche Verschwendung!«
Als sie den Strand erreichten, waren beide hungrig. Mrs. Bellinger hatte den Picknickkorb gepackt, der Obst und Schinkensandwiches enthielt. Steve fand das Essen ein wenig zu lasch, wie er es vornehm ausdrückte.
»Wo ist der Senf?« fragte er und wühlte in dem Korb herum. »Ich kann den Senf nicht finden!«
»Ein schöner Detektiv sind Sie!«
»Nicht drängen – dies ist mein erster Auftrag.«
»Was haben Sie denn vorher gemacht? Ich meine, ehe Sie für Kunden wie die Fiduciary schmutzige Aufträge übernahmen?«
»Ich war für ein Auslandspressebüro tätig. Pickering, kennen Sie die Leute?« Sie schüttelte den Kopf. »Davor war ich Schiffsreporter. Ich würde sagen, mir gefallen alle Jobs, bei denen man herumkommt.«
»Sie sind also der ruhelose Typ«, sagte Gail.
»Habe noch nichts gefunden, was mich irgendwo festhielt.« Er fand den Senfkrug und beschäftigte sich damit. »Und auch keinen Menschen«, fügte er hinzu.
Eine halbe Stunde später ging er zum Wasser hinunter und holte mit zusammengelegten Händen eine Portion von dem Naß. Als er es in ihre Richtung schleuderte, rief sie: »Hören Sie auf! Mein Badeanzug wird ja naß!«
Sie schwammen, bis der Himmel grau wurde, und widmeten sich dann einer Fischmahlzeit in einem Restaurant, das zu laut war, um sich ruhig zu unterhalten. Auch auf dem Rückweg sprachen sie kaum, aber ihr
Schweigen war ein freundschaftliches Auskosten der müden, zufriedenen Stimmung.
Als sie die Auffahrt des Gunnerson-Hauses erreichten, war es erst kurz nach neun Uhr. Steve fragte, ob er mit hineinkommen dürfe. Als sie zögerte, verdarb er prompt alles, indem er sagte: »Ich möchte mich nur mal umsehen. Vielleicht gibt es einen Weg, auf dem ein Einbrecher in das Haus eindringen oder es verlassen kann.«
»Wenn Sie deshalb mit reinkommen wollten«, sagte sie eisig, »vergessen Sie die Sache.«
»Das war nur der erste Grund«, sagte er hastig. »Der zweite Grund ist der: Ich gedenke Sie zu verführen. Ist das besser?«
»Zwei falsche Antworten hintereinander, Mr. Tyner. Gute Nacht.«
Aber als sie den großen Flur betrat, lehnte ein Zettel an der
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