Hinter der Tür
steht es mit Männern? Wie sieht ihr Liebesleben aus? Ich bin sicher, daß du genau Bescheid weißt.«
»Ja, wir haben ihre romantischen Interessen immer gut im Auge behalten. Eine Heirat hätte unseren Status geändert. Es interessiert dich vielleicht zu erfahren, daß Miss Gunnerson auf diesem Gebiet nicht sehr aktiv ist. Sie hat sich mit ein paar Männern getroffen, die sich aber selten länger als ein paar Monate gehalten haben. Ich vermute, die Trennung ging jeweils von ihr aus, wahrscheinlich wenn ihr die Männer ein wenig zu nahe kamen. Laß dir das eine Warnung sein.«
»Ich bitte dich – ich habe das Mädchen gerade erst kennengelernt! Hör auf, Dinge anzudeuten, die es gar nicht gibt!« Tedesco schien von dieser Rede wenig beeindruckt zu sein. Steve fuhr fort: »Was ich aber wirklich gern wissen möchte – wem fällt das Vermögen zu, wenn ihr etwas passiert?«
»Dir, wenn du deine Trümpfe richtig ausspielst.«
»Ich meine das ernst!«
Tedesco schluckte die Reste seines Hustenbonbonbs hinunter. »Natürlich sind dann die nächsten Verwandten dran. Ihr Onkel, ein Mann namens Gilbert Swann.«
»Was weißt du über ihn?«
»Soviel wie nötig ist.«
»Ist er reich? Hat er ein Vermögen wie Gail Gunner- son?«
»Nicht daß ich wüßte.«
»Also hätte er viel zu gewinnen, nicht wahr? Wenn sie in irgendein Sanatorium eingeschlossen wäre?«
»Lieber Neffe«, sagte Tedesco ernst. »Das ist die zweite ernste Anschuldigung, die du in der letzten Viertelstunde vorgebracht hast. Wenn du meinst, das seltsame Verhalten des Mädchens ist das Ergebnis des gezielten Versuchs, sie in den Wahnsinn zu treiben, oder was dergleichen romanhafter Unsinn ist, läßt du deiner Phantasie die Zügel schießen. Durch ein absurdes Vorgehen dieser Art hätte niemand etwas zu gewinnen – nicht die Fiduciary Bank, nicht ich, und schon gar nicht Gilbert Swann. Die Bedingungen des Gunnerson-Treu- handfonds schließen es aus, daß sich jemand anderes als die bestellten Treuhänder um das Geld kümmert – die direkte Einflußnahme durch ein geldgieriges Individuum wäre völlig ausgeschlossen.«
»Erzähl mir trotzdem mehr über Swann. Sag mir, wo er wohnt oder wie ich ihn aufspüren kann.«
Tedesco blickte auf die Uhr. »Ich habe einen Termin«, sagte er. »Ich bringe dich zur Tür, Steve.«
»Ich werde nichts Unüberlegtes tun. Ich verspreche dir, daß ich die Bank aus dem Spiel lasse. Alle Erkundigungen mache ich in eigenem Namen. Ich werde der Fiduciary nicht mal eine Rechnung schicken.«
Tedesco steckte einen Kugelschreiber ein und stand auf. Steve folgte ihm durch die langen Korridore der Bank bis zum Ausgang. »Onkel Saul«, sagte er nachdrücklich. »Ich bitte dich um diesen persönlichen Gefallen. Mach es mir wenigstens möglich, mit dem Mann zu sprechen. Nur um meine Neugier zu befriedigen.«
Tedesco seufzte. »Ich kann deine Neugier auf der Stelle befriedigen. Wenn du annimmst, daß Gails Onkel irgendwie mit den Traumbildern und Halluzinationen zu tun hat, irrst du dich. Gilbert Swann und sein Sohn haben die letzten einundzwanzig Jahre in Europa gelebt. Wenn du mit jemandem reden willst, Steve, wende dich an den Psychiater des Mädchens.«
Dr. Vanner bedachte Steve Tyner mit einem abschätzenden Blick. Sein Blick war so durchdringend, daß Steve das Gefühl hatte, der Psychiater habe im Handumdrehen Größe, Gewicht, durchschnittliches Jahreseinkommen und praktisch alle seelischen Probleme erfaßt. Aber er wartete geduldig, bis Vanner seine Frage beantwortete.
»Ob ich an Spukhäuser glaube? Nein«, sagte er. »Aber ich glaube an Menschen, in deren Köpfen es spukt.«
»Würden Sie Gail Gunnerson so bezeichnen?«
»Ich habe nicht von Miss Gunnerson gesprochen. Und wie ich schon sagte, Mr. Tyner, werde ich das auch nicht tun.«
»Hören Sie, ich weiß, daß es da so eine Ethik gibt, nach der man vertrauliche Mitteilungen von Patienten nicht weitergeben darf. Aber ich dachte mir, daß Sie in diesem Fall vielleicht eine Ausnahme machen könnten.«
»Ist das eine Bitte der Fiduciary Bank? Oder eine private Angelegenheit?«
»Wie ich schon sagte, die Vermögensverwaltung der Bank hat mich engagiert, um ein Auge auf Miss Gunner- son zu haben …« Er runzelte die Stirn. »Hören Sie, ich will offen sein – das stimmt eigentlich nicht. Man hat mich engagiert, um über Gail Gunnersons Verhalten zu berichten. Das soll bei der Entscheidung helfen, ob sie geistig zurechnungsfähig ist.«
Trocken: »Sind Sie zu
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