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Hinter der Tür

Hinter der Tür

Titel: Hinter der Tür Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Slesar
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einem solchen Urteil qualifiziert?«
    »Ich habe nur das berichtet, was sie getan hat. Die Interpretation ihrer Handlungen obläge natürlich Leuten wie Ihnen, wenn nötig.« Er verschränkte die Hände. »Ich persönlich nehme nicht an, daß das notwendig ist.«
    »Sie haben also doch ein Urteil gefällt.«
    »Ich bin überzeugt, daß sie nicht geistig unausgeglichen ist. Ich halte sie für nervös, übermäßig gefühlsbetont, sensibel. Aber ich glaube nicht, daß sie Geisterstimmen hört oder auf ihrem Boden Gespenster sieht.«
    »Sie hat Ihnen davon erzählt?«
    »Ja.«
    »Und natürlich haben Sie das prompt an die Bank weitergegeben.«
    Steve rückte unbehaglich auf seinem Stuhl hin und her. »Ich mußte es melden.«
    »Wußten Sie nicht, daß man diese Information gegen sie verwenden kann? In Entmündigungsverfahren dieser Art?«
    »Es war mein Job!«
    »Kennt Miss Gunnerson den genauen Zuschnitt dieses ›Jobs‹?« Stevens Gesicht war Antwort genug. »Ich hab‘s mir fast gedacht«, sagte Vanner.
    »Natürlich konnte ich es ihr nicht sagen. Das wäre das Ende jeder möglichen Beziehung gewesen.«
    »Oder in der Sprache der Spionageromane: Sie hätten Ihren Deckmantel lüften müssen.« Vanner senkte den Blick und starrte auf Steves verschränkte Finger. Steve trennte schuldbewußt die Hände und kam sich vor dem Blick, Bart und Diplom des Psychoanalytikers recht ungeschützt vor.
    »Ich sage Ihnen das alles natürlich nur im Vertrauen.«
    »Natürlich«, sagte Vanner trocken. »Mir ist bekannt, daß die Angehörigen Ihres … Standes das Privileg vertraulicher Informationen beanspruchen, wie es in meinem Beruf besteht. Aber Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen, Mr. Tyner. Ich werde Ihre Maske nicht lüften. Nicht um Ihretwillen – sondern wegen ihr.«
    »Was meinen Sie?«
    »Gail spricht natürlich über Sie.« Steve entging nicht, daß Vanner seine Patientin plötzlich mit dem Vornamen bezeichnete. »Nach ihrer Beschreibung hält sie Sie für eine Art Schutzengel, obwohl Sie im Lohn der Fiduciary Bank stehen. Und gerade jetzt macht Gail Gun- nerson eine kritische Zeit durch. Jeder Vertrauensbruch durch Menschen, die ihr etwas bedeuten, könnte… Naja…« Vanner zuckte die Achseln. »Ich kann mir nicht vorstellen, daß Sie so empfindungslos wären, nicht zu erkennen, wie schmerzhaft diese Erkenntnis wäre.«
    »Deshalb bin ich ja zu Ihnen gekommen. Ich möchte nicht, daß ihr weh getan wird.«
    »Das ist von Ihrem Standpunkt aus leicht zu erreichen.«
    »Wie?«
    »Indem Sie die Möglichkeit ausschließen, daß sie enttäuscht wird.«
    »Sie meinen, ich soll aus ihrem Leben verschwinden?«
    »Erkennen Sie denn nicht, daß Gail die wahre Ursache Ihres Interesses an ihr früher oder später doch erfährt? Was hat es wohl für eine Wirkung auf Gail, wenn sie erfährt, daß Sie ein Schwindler sind?«
    Steve stand auf. Er hatte Lust auf eine Zigarette, wie er sie seit zwei Jahren nicht mehr verspürt hatte, als er zu rauchen aufhörte. Vanner beobachtete ihn mit der sphinxähnlichen Geduld des Psychoanalytikers, der keine Geheimnisse anbietet, sondern nur fordert. Steve begann eine gesunde Antipathie gegen den Mann zu empfinden und mußte sich widerstrebend eingestehen, daß dabei die Betonung auf »gesund« lag. Er machte kehrt und sagte: »Ich weiß, was Sie im Sinne haben. Sie glauben, ich fühle mich schuldig wegen der Dinge, die ich Gail angetan habe. Okay, das stimmt. Aber ich habe nicht die Zeit oder das Geld für eine volle Behandlung also geben Sie mir doch bitte mal einen kurzen Abriß ja?«
    »Was wollen Sie denn hören?«
    »Sagen Sie mir, ob das Mädchen ein geistiges Problem hat oder nur mißverstanden wird. Es muß entweder das eine oder das andere sein, das wissen Sie so gut wie ich. Sagen Sie mir, daß sie nur eine niedliche kleine Neurotikerin ist und keine Kandidatin für eine Gummibadewanne, dann tue ich alles, was in meiner Macht steht, um die Bank von ihr fernzuhalten. Übrigens ist er mein Onkel.«
    »Wer?«
    »Saul Tedesco, der Treuhänder, der sich für die Vermögensverwaltung der Bank um Gails Besitz kümmert. Er hat mir den Auftrag gefälligkeitshalber gegeben, nachdem ich meine letzte Stellung aufgegeben hatte. Ich bin sicher, daß er Gail nicht schaden will; er hat ein Herz wie ein Pudding.«
    »Tut mir leid«, sagte Vanner energisch. »Ich würde Ihnen keine Diagnose über Gail Gunnerson geben, selbst wenn ich annehmen müßte, ich könnte damit die Finanzhyänen zurückrufen,

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