Hinter Geschlossenen Lidern
notariell beglaubigen lassen.”
“Der Notar steckt also mit drin, wenn es eine Fälschung ist.”
“So etwas soll schon vorgekommen sein. Ich kenne das Notariat zwar – Spencer hat einen guten Ruf, aber eins ist seltsam. Obwohl Brunnweiser bisher jeweils nur kleine Legate geändert, die Leitung der Brauereien aber immer seinem ältesten Sohn überantwortet und die Anteile zwischen seinem Sohn und seiner Tochter aufgeteilt hat, lautet das aktuelle Testament ganz anders. Hier werden die Kinder mit einem Bruchteil abgespeist, alles andere, auch das Unternehmen selbst geht an ihre Mutter, Brunnweisers erste Frau, Brittany. Sie erhält auch die Vormundschaft über die Kinder bis zu ihrer Volljährigkeit, für die bisher immer Milan vorgesehen war. Wir sollten dieses Dokument also gründlich von einem Fachmann auf Echtheit prüfen lassen. Das werde ich übernehmen.”
“Es wird schwierig, einen Gutachter zu finden, der sich von ein paar Millionen Dollar nicht beeindrucken lässt.”, warf ich ein. “Er könnte im letzten Moment seine Aussage revidieren.”
“Ja stimmt, damit müssen wir rechnen. Wenn Brittany Dreck am Stecken hat, wird sie versuchen, ihn zu bestechen, sobald seine Identität bekannt wird. Ich lasse sein Gutachten deshalb am besten sofort notariell beglaubigen. Dann braucht er nicht unbedingt vor Gericht aussagen. Übrigens arbeiten wir beide genau aus diesem Grund allein an dem Fall. Ich will nicht, dass jemand Punkte macht, indem er einen unserer Anwälte kauft und umdreht.”
Deshalb hatte er mich also dazu geholt. Ich freute mich, dass er mir so viel Standhaftigkeit zutraute.
“Vielen Dank für dein Vertrauen, Vater. Ich werde dich nicht enttäuschen.”
Er nickte. Ein kurzes Lächeln glitt über seine ernsten Züge. “Davon bin ich überzeugt. Also kein Wort über die Sache, auch nicht innerhalb der Kanzlei.”
Nach zwei Tagen, an denen ich mich praktisch ununterbrochen mit dem Fall beschäftigt hatte, beschloss ich trotz des Zeitdrucks, Jason nicht abzusagen. Ein paar Stunden am Abend mussten einfach drin sein. Die Bilanzen der Brunnweiser AG waren fast vollständig geprüft und da war ja immer noch das Wochenende für eine erste grobe Aufstellung der Vermögenswerte.
Inzwischen hatte ich eine darauf spezialisierte Detektei mit der Suche nach eventuell verdunkelten Anlagewerten beauftragt. Die Angestellten im Haus befragte ich am Nachmittag selbst. Nach der Operation war seine Verlobte ununterbrochen an Carls Bett geblieben. Da hätte Brittany wohl nicht viel ausrichten können, falls sie etwas mit seinem Tod zu tun hatte. Seit seiner Entlassung allerdings, war der auch mit Mitte fünfzig immer noch sehr sportliche Mann nicht mehr zu halten gewesen. Die Woche im Krankenhaus hatte ihn kribbelig gemacht und das erste, was er tat: er fuhr zum Hafen raus und raste mit seinem Schnellboot über die Bucht.
Die Ärzte, die ihn behandelten, zweifelten dennoch daran, dass seine Narben nach über einer Woche durch die Erschütterungen aufgebrochen waren. Man hatte endoskopisch operiert und da hätten die feinen Schnitte schwerlich zu lebensbedrohlichen Blutungen führen können. Das Ganze war wirklich ziemlich mysteriös.
Ich rief meinen Vater an, um mich nach dem Obduktionsbericht zu erkundigen. Schon nach dem ersten Klingeln nahm er ab, wirkte aber zerstreut.
“Der Pathologe hat nicht viel gefunden. Hautunterblutungen, aber nichts Gravierendes. Bei einem Einstich in seiner Armvene, der ihm auffiel, war es schwer zu sagen, wie frisch er war, denn dort hatten die Dauerkanülen für die Infusionen gesteckt. Wenn, dann war es sehr geschickt gemacht. Giftstoffe hat man nicht gefunden. Der Mann ist nicht erstickt worden und sein Herz war vergleichsweise gesund, kein abgestorbenes Gewebe wie bei einem Infarkt. Es hat einfach aufgehört zu schlagen.”
“Also doch Mord.”
“Sehr wahrscheinlich, aber eben nicht beweisbar ...”, sagte mein Vater nachdenklich. “Es sei denn, wir wüssten, wonach wir suchen. Das Giftscreening kann ja nicht alles abdecken. Vielleicht ist es auch etwas, was sich so schnell abbaut, dass es nicht mehr nachweisbar war, als die Obduktion gemacht wurde.”
“Was hältst du davon?”
“Ich weiß nicht. Ich habe das Gefühl, dass ich irgendetwas übersehe, etwas von dem, was ich gelesen habe ... aber ich komme einfach nicht drauf. Was hast du inzwischen herausgefunden?”
Ich berichtete ihm über meine Nachforschungen.
“Gab es Besucher?”
“Keinen, den die Angestellten
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