Hinter Geschlossenen Lidern
gesehen haben. Nur die Verlobte und die Kinder.”
“Also haben wir nichts.”
“Nein, vielleicht sollten wir Brittany Brunnweiser überwachen lassen.”
“Ja, tu das. Ich glaube zwar nicht, dass sie Fehler macht, wenn sie bisher keine gemacht hat, aber man kann nie wissen. Sie wird vielleicht nervös, jetzt wo der Schwager Druck macht.”
“Gut, dann telefonieren wir morgen Abend noch einmal.”, sagte ich, legte auf und arbeitete weiter.
Als ich mich abends endlich duschen und umziehen konnte, stand Clive plötzlich im Durchgang zu meinem Zimmer.
“Gehst du aus?”
“Hmhm.”, nickte ich und tat ganz in Gedanken, weil ich so schnell nicht wusste, was ich sagen sollte, ohne ihm von Jason zu erzählen. Ich hatte vergessen, mir etwas zurechtzulegen. Betreten nestelte ich vor dem Spiegel an meinem Haar herum und fragte mich, warum ich überhaupt das Gefühl hatte, mich vor ihm rechtfertigen zu müssen.
Gerade heute war mir der Conditioner ausgegangen und diese verdammten Locken plusterten sich geradezu peinlich stark auf. Ich musste dringend zum Friseur und sie schneiden lassen.
“Sag mal, hast du irgendwo Haargel herumstehen?”
Er legte den Kopf schief und machte sein 'na-kommschon'-Gesicht. “Sehe ich so aus?”
Nein, wohl nicht, sein Haar war raspelkurz, während ich ... “Mist, ich sehe aus wie ...”
“Wie du nun mal aussiehst. Was kümmert es dich? Einen schönen Mann kann nichts entstellen.”, tröstete er mich und ich lächelte säuerlich.
“Du hast also schon jemanden kennengelernt ... vielversprechend?” Ich hätte mir denken können, dass Clive sich so leicht nicht abspeisen ließ.
“Tu nicht so, als wärst du ein Heiliger. Sie ist nur ein Fick und keine Angst, ich bring sie nicht mit hierher.”
Klar war Jason mehr für mich als ein Fick. Eine Affäre mit Potenzial, hätte ich es vielleicht genannt, auch wenn ich es langsam angehen lassen wollte und eine Beziehung zurzeit wirklich nicht brauchen konnte.
Clive knabberte an der Narbe in seiner Unterlippe herum, die ich so mochte. Er tat das, wenn ihm etwas nicht passte und er nachdachte, was er dagegen tun konnte. Die Narbe sah aus wie ein missglücktes Lippen-Piercing. In Wirklichkeit war es jedoch ein tiefer Cut, den er sich beim Footballtraining zugezogen hatte. Er wollte mir nie erzählen, wie es genau passiert war. Ich wusste nur, dass die Wunde mit sechs Stichen genäht werden musste. Da man jedoch beim Football normalerweise Helm mit Gesichtsschutz trägt, argwöhnte ich, dass es wohl eher eine Schlägerei als ein Unfall gewesen war.
“Okay”, sagte er. “Dann werde ich mir vielleicht jemanden herbestellen. Eine sturmfreie Bude am Freitagabend muss man nutzen.”
Das klang nicht gerade begeistert. Er lächelte schief und irgendwie verstand ich ihn. Ich hatte mich genau wie er an unsere gemeinsamen Abende gewöhnt. Selbst wenn ich abends arbeitete, mochte ich es, wenn er mir gegenüber mit einem Buch in seinem Sessel saß, Jazz hörte und hin und wieder an einem Glas Scotch nippte. Irgendwie störte mich der Gedanke, dass gleich irgendeine Schlampe hier herauf kam und ...
“Sag mal, tust du mir einen Gefallen? Versuch, es mit ihr bis zu deinem Bett zu schaffen, ja? Ich mag die Couch.”
Clive lachte. “Ich werde dran denken.”
Jason beachtete die Flasche Wein in meiner Hand gar nicht, die ich unterwegs noch schnell gekauft hatte. Er zog mich durch die Tür in seine Arme und wuschelte mir durch das Haar – was ich nicht leiden kann. Wenn jemand das mit einem tut, ist man gleich wieder acht Jahre alt und steht sonntagmorgens vor Großtante Georgina. Und was das Beste war, sogar der Soundtrack passte:
“Oh, Großer, siehst du süß aus! Richtig zum Anbeißen.”
Klar, wie ein Rauschgoldengel! Ich hieß Lee, höchstens noch Leland oder meinetwegen auch Foster, wobei ich meinen zweiten Vornamen möglichst niemandem auf die Nase binde. Und nein, ich konnte seine Begeisterung über meine Frisur nicht teilen. Stattdessen versuchte ich, mich durch unauffälliges Einknicken in den Knien vor seinem Düsenflugzeugatem in meinem Ohr in Sicherheit zu bringen. Ich mochte es nicht, wenn man mir am Ohrläppchen knabberte, auch wenn das besser war als die bei manchen Männern unvermeidliche nasse Zunge im Ohr.
“Ähm, lass uns erst einmal reingehen, ja?”, versuchte ich anzumerken und entzog mich ihm endgültig. Gut, wir hatten es wohl nicht so mit dem ‘Vorspiel’. Ich hakte das ganze einfach ab. Beim letzten Mal hatte schließlich ich es
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