Hinter Geschlossenen Lidern
vermasselt. Einen Vorwurf konnte ich ihm also kaum machen, wir waren einfach noch nicht aufeinander eingespielt. Am besten übersprangen wir in Zukunft die Einleitung einfach und gingen gleich ins Bett, denn da hatte es Jason wirklich drauf.
Er hielt sogar viel vom Küssen und Schmusen, was ich bei Dan immer vermisst hatte.
Diesmal jedoch wollte er ein richtiges Date, damit wir uns besser kennen lernten. Ich schlug das ‘Katrinas’ vor, ein Schwulenclub, der kurz nach der Katastrophe in New Orleans aufgemacht hatte. Zu meiner Zeit mit Dan war ich dort Stammgast gewesen.
Kurt, der zartgliedrige norwegische Barmann, mit dem mich eine Art schwesterliche Freundschaft verband, kannte meine ganze Lebensgeschichte. Ihm hatte ich mein Herz ausgeschüttet, wenn Dan mal wieder eine Nacht nicht nachhause gekommen war und er hatte mir von seinem Heimweh erzählt.
Er war für ein Studium nach Boston gekommen und hier hängen geblieben. Aber er sehnte sich immer noch nach den schneebedeckten Weiten seiner norwegischen Heimat. Auch äußerlich konnte er seine Herkunft aus Skandinavien nicht verleugnen. Er hatte einen süßen Akzent, eine Haut wie Schlagsahne mit Zimt und selbst seine Augen schimmerten so zartblau, als bestünden sie aus Perlmutt.
Als er mich mit Jason sah, zog er anerkennend die weißblonden Augenbrauen hoch. „Toller Typ, hast du Dan endlich abserviert? Du hast dich lange nicht blicken lassen.“
„Ist viel passiert. Wir quatschen ein anderes Mal, ja?“
Er nickte. „Viel Spaß.“
Den hatte ich. Jason und ich tanzten den ganzen Abend. Besonders die langsamen Stücke fand ich toll, bei denen mich Jason eng an sich zog und ich mein Gesicht in seine Halsbeuge schmiegte. Ich hatte so etwas ja nie erlebt. Früher im College auf den Partys musste ich entweder mit einem Mädchen tanzen oder durfte zusehen, wie die anderen knutschten. Damals verfluchte ich meine Homosexualität, jetzt hatte ich mich längst damit ausgesöhnt.
“Ich mag dich sehr, weißt du?”, flüsterte Jason zärtlich in meinem Haar. Sein warmer Atem jagte mir kleine Schauer über den Rücken. Sollte ich mich vielleicht doch auf ihn einlassen?
Später dachte sich Jason ein Spiel aus. Er wollte so tun, als wäre er nur ein Fremder, der ein Auge auf mich geworfen hatte. Wir trennten uns also, um zu sehen, wie es sich zwischen uns entwickelte, wenn wir uns irgendwo trafen.
Er verschwand im Gedränge aus meinem Blickfeld und ich ging langsam weiter. Aus Spaß suchte ich unter den Männern, an denen ich vorbei kam, nach einem Augenpaar, das mir folgte. Das war nicht mehr so leicht wie mit zwanzig, als ich mich vor Angeboten nicht hatte retten können. Für viele ist Jugend ein besonderer Reiz. Mir waren die Männer lieber, die nicht ständig nur nach Frischfleisch gierten, wie nach einem Wunder-Elixier, das sie vor dem Altern schützte.
Schließlich zog mich im Gang vor den Toiletten ein Mann einfach an sich, als angele er eine saftige Makrele aus dem Strom. Es war nicht Jason. Der Fremde lächelte siegesgewiss, aber ich wich ihm aus und wehrte mich, als er mich einfach so rücklings gegen die Wand schob, sich an mich presste und mich zu küssen versuchte. Er war etwas älter als ich, sah gar nicht schlecht aus und wirkte sehr sicher, dass er die Lage richtig einschätzte.
Das ärgerte mich und er war gerade dabei, mir seine Zunge zwischen die Lippen zu schieben, als ich begann, mich ernsthaft zu wehren. Ich mochte seinen Geruch nicht und wollte nicht, dass er mich küsste. Er ließ jedoch nicht locker, auch als ich versuchte, ihn von mir zu stoßen. Seine Arme hielten mich fest, als hätte er mich angekettet und dadurch wurde es für mich nur schlimmer.
“Was ist denn auf einmal los mit dir?”, fuhr er mich an.
“Lass mich einfach, ich habs mir anders überlegt, okay?”, quiekte ich leicht panisch und zappelte, um mich freizumachen. Wo blieb denn nur Jason?
Der Mann dachte gar nicht daran, mich freizugeben und versuchte erneut, meinen Mund zu erobern. Ich bog mich in seinen Armen so weit wie möglich nach hinten und war kurz davor zu schreien, als hinter meinem Peiniger ein Schatten aus dem Dunkel auftauchte.
Ein kurzes Gerangel, dann war ich frei und Jason stand an meiner Seite. Ich war so erleichtert, dass ich mich in seine Arme schmiegte, mich in seinem Duft nach Aftershave und frischem Schweiß vergrub. Es gab Phantasien, die mit dem richtigen Mann vielleicht in einem Spiel, niemals aber in der Realität wahr werden durften, damit sie
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