Hinter Geschlossenen Lidern
blickte mich herausfordernd an und nahm noch einen Schluck von dem Wodka, um dann mein Glas bis zum Rand zu füllen. Sorgfältig stellte er es vor mir auf den mit grünem Filz bespannten Spieltisch.
“Machst du weiter?”
„Nur wir beide?“
Er starrte mich nur an. Natürlich hätte ich jetzt um nichts in der Welt aufgegeben. Er wusste das nur zu genau. Also nahm ich die Herausforderung an, kippte den Schnaps und ließ mir vom Ober ein neues Deck geben, mischte die Karten gründlich durch. Nicht einen Augenblick dachte ich daran, mein Glück zu forcieren, wie ich es in den Spielen mit meinem Vater tat. Was aber auch kaum zu vergleichen war, denn der alte Sizilianer mogelte, was das Zeug hielt – sehr kunstvoll. Da gab es gar nichts anderes, als mitzuhalten. Zwischen uns war Betrügen ein Sport. Hier verbot es mir mein Stolz.
Eine nach der anderen ordnete ich die Karten in meine Hand und musste mich zusammenreißen, um nicht zu erstarren. Außer einem Paar Achter hatte ich nichts, absolut gar nichts.
Wir belauerten uns eine Ewigkeit. Er wirkte nicht mehr ganz so zufrieden wie vorhin, doch ich konnte mich auch täuschen. Sollte ich bluffen oder nicht? Der Wodka tat langsam seine Wirkung und trübte mein Urteilsvermögen. Ich hätte auf das nächste Blatt warten sollen. Aber ich wurde leichtsinnig und ging mit, schob schließlich alles, was ich noch hatte, in die Mitte. Ich wollte eine Entscheidung.
Dag erhöhte, genau wie ich befürchtet hatte. Warum hörte ich in solchen Momenten nicht auf mein Bauchgefühl? Er hatte genug, um mich fertig zu machen. War nur noch zu hoffen, dass er außer seinem Ferrari nicht mehr viel in der Hinterhand besaß. Schweren Herzens legte ich den Schlüssel für meinen Aston Martin auf den Tisch. Der ‚DB 2 MK3‘ war ein begehrtes Sammlerstück, von dem es nur noch wenige Exemplare auf dem Weltmarkt gab. In Kalifornien hatte ich ihn auf einer Ausstellung gesehen und vom Fleck weg ersteigert.
Ich fing an zu schwitzen und wusste, es war dumm, ihm das zu zeigen, aber ich musste jetzt einfach meine Jacke loswerden. Ich hängte sie über einen leeren Stuhl, löste die Krawatte und knöpfte meinen Hemdkragen auf.
Jetzt ging es Schlag auf Schlag. Seine Antwort war sein Ferrari. Also zog ich die Schlüssel zu unserer Villa in Rom aus der Tasche.
„So wie sie ist, mit allem was drin ist?“, fragte er nach.
„Sicher, Schlüssel sind Schlüssel, oder?“, sagte ich und war überzeugt, ihn damit mattsetzen zu können. Aber ich hatte zu kurz gegriffen.
Er zog zwei Schlüssel von seinem Schlüsselbund und warf sie achtlos auf den Tisch.
„Meine Jacht und meine Insel vor Irland – zusammen dreihundert Millionen.“
Ich riss die Augen auf, mein Pokerface zersplitterte wie zu dünnes Glas unter dem Ellenbogen eines Ladro. Putana Madonna, das war es dann wohl.
„Willst du das alles auf eine Karte setzen?“, fragte ich trotzdem. Einen Versuch war es wert.
Er zuckte die Achseln. “Ist nur ein Stück Land nichts, woran ich sonderlich hänge.”
Ich glaubte ihm nicht.
Auf einmal lächelte er breit unter meinem skeptischen Blick. Achselzuckend hob er die Hände und da wusste ich, warum ihm die Frauen ihre Spitzenhöschen aufs Feld warfen. Dieses Lächeln haute einen um.
“Was willst du? Die Villa ist doch nicht viel weniger wert, oder?”
Langsam wurde ich wütend. Er saß so lässig da, als handele es sich um ein paar bunte Murmeln, während ich gerade das Erbe meiner toten Mutter verspielte, inklusive Tizian im Esszimmer, Leonardo-Zeichnung im Tresor und unschätzbarer Bibliothek. Woher wusste er überhaupt davon? Ich warf mein Blatt auf den Tisch und sprang auf, tigerte aufgebracht im Zimmer hin und her.
Jetzt war er dran, sein Gleichgewicht zu verlieren. Entsetzt starrte er auf meine Karten.
“Du hast geblufft? Bist du bescheuert?”
“Verdammt, ja, wahrscheinlich!” Ich hielt das nicht länger aus und rammte meine Faust in die Holzvertäfelung, spürte kaum, wie mir die Splitter die Haut aufrissen. Erst als mir das Blut den Arm hinunter lief, merkte ich, was ich getan hatte. Irgendeine Ader musste etwas abbekommen haben.
Dag war mit zwei Schritten bei mir und wickelte mir schnell aber vorsichtig ein großes Taschentuch eng um meine blutende Hand. Dass seine großen Hände so sanft sein konnten, machte mich irgendwie hilflos. Um ihn nicht ansehen zu müssen, lehnte ich erschöpft meine Stirn gegen die Wand.
“Ich kann dir die Villa nicht geben.”, sagte ich leise. “Sie gehört zur Hälfte
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