Hinter Jedem Konflikt Steckt Ein Traum, Der Sich Entfalten Will
entfalten? Wie könnten Sie diesen Prozess noch bewusster in Ihrem Leben unterstützen?
• Schauen Sie noch einmal auf den Menschen, der Sie stört oder irritiert. Spüren Sie jetzt einen Unterschied? Wenn Sie noch böse sind, dann wiederholen Sie die Übung jetzt oder zu einem späteren Zeitpunkt.
Wenn Sie mit der Übung schon gute Erfahrungen gemacht haben, dann können Sie anfangen, auch Störungen und Irritationen anderer Art zu betrachten und deren Bedeutung zu finden. Was könnte die Essenz eines Hauses sein, das Sie unmöglich und deplatziert finden? Welche Kraft könnte sich hinter einem ohrenbetäubenden Lärm verbergen oder hinter einer Krankheit? Und wie wäre es, wenn Sie von dieser Kraft oder Essenz mehr mit hinein in Ihr Leben nähmen?
Im Leben spielen wir viele Rollen
Gerne sprechen wir von Eigenschaften, wenn wir Menschen und ihr Verhalten beschreiben. Der ist so oder so! Menschen sind und werden identifiziert mit Eigenschaften oder Rollen, als hätten sie sich einmalig entschieden so und nicht anders zu sein. Da ist einer der Störer, diese dort eine Draufgängerin, hier ein sturer Alter, in diesem Büro jener der Sündenbock. Selten wird gesehen, dass die Rollen und die dahinter stehenden Positionen nie isoliert betrachtet werden können und ihr systemischer Sinn erst verstanden werden muss, wenn wir wollen, dass Menschen aus alten Rollen aussteigen oder sich verändern. Besonders die ungeliebten Rollen haben eine Botschaft und sind Träger eines bedeutsamen Prozesses der ganzen Gruppe. Erst wenn die Botschaft oder der Sinn dieser Rollen erkannt ist, können Menschen aus alten Rollen aussteigen, die Gruppe – die Familie, das Team oder die ganze Gemeinschaft – lernt sich besser kennen und das, was Menschen unterscheidet, zu akzeptieren. Wenn Menschen sich streiten oder in einem Konflikt stecken, ringen die Rollen, in denen sie stecken, darum, gesehen und verstanden zu werden.
Besonders Menschen in ungeliebten Rollen ringen darum, dass deren verborgene Botschaft gesehen und verstanden wird.
In seinem Buch Der Weg durch den Sturm beschreibt Arnold Mindell, dass die Kräfte eines Feldes sich in Teile oder Rollen polarisieren, »welche untereinander eine Dynamik entwickeln. Rollen sind immer größer als einzelne Menschen, und ein einzelner Mensch ist immer größer als die Rolle, welche er gerade besetzt.«
Das heißt, dass wir nicht alleine entscheiden, welche Rollen wir in unseren Gruppen besetzen. Das hängt vom Feld und von den Rollen ab, die schon besetzt sind. Zu mächtige und große Rollen in einem Feld provozieren die Entstehung neuer Rollen, die auf der anderen Seite des Pols angesiedelt sind. Eine übergroße Freizügigkeit wird Ordnungshüter, kriegerische Rollen werden Friedensbewegte, Sauberkeitsfanatiker werden Menschen wider den Sauberkeitswahn auf den Plan rufen. Auch wer sehr mit seiner Rolle identifiziert ist, kann in völlig neue Rollen hineinschlüpfen und deren Werte hochhalten, wenn sich der Zeitgeist ändert oder andere Gegebenheiten in der Gruppe dies erfordern. Die gleiche Person verhält sich dann auf eine Weise, die vorher unmöglich schien.
Fallbeispiel
Ich erinnere mich an eine Reise durch den Norden Brasiliens Anfang der 80er Jahre. Wir waren mehrere junge Frauen und verbrachten einige Tage in einem kleinen Haus am Strand. An einem Tag kauften wir frischen Fisch, doch nachdem eine der Frauen von einem noch lebenden Fisch aus der Plastiktüte heraus ins Bein gebissen worden war, wollte erst keine von uns die Fische ausnehmen. Ich spürte plötzlich eine Beherztheit in mir, nahm die recht großen und noch lebenden Meerestiere in die
Hand und tat, was zu tun war. Kein Ekel war in mir, ich wurde zur Mutter dieses Abends und während die anderen noch kreischten und die Augen verdrehten, fühlte ich mich stark und von meiner Aufgabe erfüllt. Nie mehr danach habe ich Fische getötet oder sie ausgenommen. Es war eine Sonderrolle, die mir der Nordosten Brasiliens, die Fische und die kreischenden Frauen an diesem Abend beschert hatten.
Vielleicht kennen Sie solche Situationen in Ihrem Leben und wundern sich dann auch manchmal über andere oder sich selbst. Denken Sie an eine Diskussion: Wenn einer aus der eigenen Reihe eine extreme Position einnimmt, dann spüren Sie möglicherweise ein Bedürfnis danach, auf die andere Seite zu springen und für den nötigen Ausgleich zu sorgen. Das kann so weit gehen, dass Sie, ohne es zu merken, plötzlich eine Position vertreten,
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