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Hinter Jedem Konflikt Steckt Ein Traum, Der Sich Entfalten Will

Titel: Hinter Jedem Konflikt Steckt Ein Traum, Der Sich Entfalten Will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Theresa Koch
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das Familiensystem durchrütteln und mit ihrem Verhalten den unbewussten Traum der Familie aufgreifen. Wenn Kinder psychisch krank werden oder auffälliges Verhalten zeigen, machen sie möglicherweise auf ein ungesundes und krankmachendes System und die Veränderungswünsche in der Familie aufmerksam. Deswegen raten Familientherapeuten in vielen Fällen davon ab, nur die Kinder zu behandeln. Man gibt ihnen damit zu viel Verantwortung für das familiäre Beziehungsproblem und aus prozessorientierter Sicht für die Entwicklung des verborgenen Traums der Familie.
    Nehmen wir wieder das Ordnungsbeispiel. In einer Familie, die sehr ordnungsliebend ist und in der die Eltern jede freie Lebensäußerung mit ihren Regeln ersticken, könnte ein Kind die Rolle des Quertreibers und Störenfrieds übernehmen, eine Rolle, die gebraucht wird, damit die Familie sich verändern kann. Das kann so weit gehen, dass die Eltern beginnen, ihr Kind zu hassen und es am liebsten irgendwo abgeben würden. Sie verstehen nicht, wie ihr Kind sich so gegen die herrschende Regel entwickeln kann. Die Eltern
brauchen Unterstützung dabei, ihre eigenen Grenzen zu überschreiten und lebendiger zu werden, dann können die Kinder aus ihren Rollen aussteigen.
    Wenn wir Menschen schlechte Eigenschaften vorwerfen, berücksichtigen wir nicht, dass sie sich verändern können, wenn wir anders mit ihnen umgehen.
    In der systemischen Familientherapie und -beratung achten die Therapeuten sehr darauf, Familienmitglieder nicht zu entwerten, indem ihnen Eigenschaften zugesprochen werden: »Er ist gewalttätig«, »sie ist penetrant« oder »sie sind Lügner«. Das sind Zuschreibungen, die nicht berücksichtigen, dass Menschen sich verändern können, beispielsweise wenn wir anders mit ihnen umgehen. Spannender ist es zu fragen: Was tut ein Mensch zu einem bestimmten Zeitpunkt und wie fühlen und reagieren die anderen? Auf diese Weise werden Eigenschaften zu Verhaltensweisen verflüssigt und wieder in einen Kontext gestellt, für den der Einzelne nicht alleine verantwortlich ist. Verhaltensweisen – so die prozessorientierte Erweiterung – gehören zu Rollen, die in bestimmten Zusammenhängen in Abhängigkeit von der Gruppe, ihrer Identität, an bestimmten Orten und zu bestimmten Zeitpunkten auftauchen. Das prozessorientierte Rollenkonzept hat meine systemische Haltung sehr bereichert. Verhaltensweisen werden in einem Kontext gesehen und gleichzeitig Rollen zugeordnet, deren Bedeutung mehr ist als die Summe der sie stabilisierenden Verhaltensweisen. Ein Rollenkonzept macht es möglich, den einzelnen Menschen, seine Gemeinschaften und ihre Auseinandersetzungen und Kämpfe miteinander viel besser zu verstehen. Rollen und Figuren können sein: Opfer und Täter, der Sündenbock,
der Herr und sein Knecht, der Terrorist und seine Opfer und viele andere mehr.
    Rollen haben häufig eine mythische oder archetypische Verknüpfung mit Bildern und Geschichten, die sehr alt sein können. So könnte ein Sozialaktivist mit einer gewalttätigen Tendenz, die uns Angst macht und beeinträchtigt, mit Robin Hood oder einer anderen Figur im Hintergrund identifiziert sein. Solche Rollen können nicht leichtfertig von ihren Trägern aufgegeben werden. Wenn Menschen an destruktiven oder unsinnig erscheinenden Verhaltensweisen festhalten, können wir versuchen, die Rolle zu finden, die ihnen dieses Verhalten nahelegt. Die Frage ist dann: Für was wird diese Rolle im Feld oder in Teilen des Feldes gebraucht? Was ist die Essenz dieser Rolle? Wie könnte die Gruppe, die Familie oder das Arbeitssystem diese Essenz gebrauchen und ins Leben nehmen? Wie können wir alle ein wenig mehr wie Robin Hood werden und nicht nur an das eigene Wohlergehen denken? Wird das herausgefunden und gewürdigt, können die Menschen aus schwierigen Rollen aussteigen oder schneller und bewusster einen Rollenwechsel vollziehen.

Aus alten Rollen aussteigen
    Fallbeispiel
    Kürzlich kam das dreiköpfige Team einer wissenschaftlichen Abteilung zu einem Konfliktcoaching: zwei Männer und eine Frau. Die beiden Männer hatten ein Problem mit der jüngeren, sehr engagierten Mitarbeiterin und schimpften über deren »distanzloses« Verhalten. Alle drei fühlten sich miserabel, versuchten sich aus dem Weg zu gehen, verschwendeten aber viel Zeit damit, über das Arbeitsverhältnis nachzudenken oder im Freundeskreis und in der Familie darüber zu sprechen. Die beiden Kollegen hatten sich gegen die junge Mitarbeiterin

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