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Hinter Jedem Konflikt Steckt Ein Traum, Der Sich Entfalten Will

Titel: Hinter Jedem Konflikt Steckt Ein Traum, Der Sich Entfalten Will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Theresa Koch
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und was verändert werden sollte. Um nicht zu aufdringlich zu erscheinen, hielt sie sich mit ihren Vorschlägen zurück oder packte sie zwischen ihre sonstigen Bemerkungen. Insbesondere mit einer Kollegin, die den höchsten Status im Team hatte, hatte sie schnell erste Auseinandersetzungen. Sie hielt sich in der Folge noch mehr zurück, fühlte sich aber zunehmend unwohl und schließlich von einigen Kollegen geschnitten. In der Teamsupervision wurde der Konflikt zögerlich angesprochen. Doris E. bekam den schwarzen Peter zugeschoben. Die anderen beklagten
sich, dass mit ihr nicht gut arbeiten sei. Wenige Wochen später »litten« alle Mitarbeiter der Einrichtung an dem Konflikt, ohne genau beschreiben zu können, woran eigentlich. Eine zusätzliche Teamberaterin wurde von außen hinzugezogen mit dem traurigen Ergebnis: Alle inklusive des Supervisors und der Beraterin sind jetzt von Doris E. und ihrer Schuld oder Verantwortung für diesen Konflikt überzeugt. Sie erhielt schon erste Abmahnungen und schaltete daraufhin einen Rechtsanwalt ein.
    Als Bekannte bot ich Doris E. an, uns das Teamtheater einmal genauer anzuschauen. Sie versetzte sich in die verschiedenen Rollen und schaute sich auch die eigene Geschichte noch einmal an. Um welche Entwicklungswünsche, eigene wie auch organisatorische, könnte es gehen? Welche Rollen kämpfen miteinander? Wir kamen zu folgenden Ergebnissen: Das Team braucht eine Teamleitung. Doris E. hat durchaus Leitungsfähigkeiten, kann diese aber im Team nicht einbringen, da sie dort keine entsprechende Stelle hat. Da sie vieles sehr kritisch und aus der Perspektive moderner Qualitätsanforderungen an soziale Arbeit sieht, werden ihre Verbesserungsvorschläge als anmaßend erlebt. Sie ist die Störerin, die die alte Identität des Teams und alte Abläufe aus der Gründerzeit in den achtziger Jahren in Frage stellt. Als Störerin repräsentiert sie möglicherweise den unbewussten Prozess des Teams und der Organisation, die sich verändern und eine neue Qualität in ihrer Arbeit finden muss. Sie bemüht sich trotz der Anfeindungen, freundlich zu bleiben, und will sich ihre Gefühle und auch ihre Gedanken über die anderen nicht anmerken lassen. Wir wissen, dass das selten gut geht. Die Doppelsignale und die Reaktionen der anderen darauf sprechen immer eine andere Sprache.
    Gibt es einen persönlichen Traum von Doris E.? Generell wünscht sich Doris mehr Übernahme von Verantwortung, sie könnte ihre besonderen und herausragenden Qualitäten beispielsweise in einer Leitungsposition entfalten. Vielleicht müsste sie dafür die Stelle verlassen. Was sie daran noch hindert, sind nicht nur die Kollegen, sondern es sind auch ihre eigenen inneren
Grenzen, die sie noch nicht überschreiten kann. Außerdem hat sie als allein erziehende Mutter ein großes Bedürfnis nach finanzieller Sicherheit, die sie nicht aufgeben will. So macht sie gute Miene zum bösen Spiel, aber mit der guten Miene kann es in einem solch schmerzhaften Konflikt gar nicht klappen. Die Kollegen reagieren auf ihre Doppelsignale, die ausdrücken: Ihr seid dumm, ignorant, ich mag euch nicht leiden und würde diesen Arbeitsplatz sofort verlassen, wenn ich ein besseres Angebot bekäme. Kürzlich hatte ich ein Telefonat mit ihr und sie stellte die Frage, wie Menschen so fies und ignorant sein können und nicht merken, was sie da tun. Das ist eine interessante Frage. Sie meinte natürlich die Kollegen, die sich wahrscheinlich ähnliche Fragen stellen. Ich bin mir sehr sicher, dass sie ebenfalls die schlechteste Meinung von Doris haben.
    Wenn sich ein Konflikt so zugespitzt hat, ist es müßig, sich auf der Ebene der beobachtbaren Ereignisse und persönlichen Einschätzungen zu bewegen und dort auf gute Antworten oder Lösungen zu hoffen. Sie werden nicht vorbeigeflattert kommen, auch wenn die eine oder andere Seite beeindruckt von der eigenen Sichtweise ist. Supervisoren und Konfliktberater müssten sich die Rollen im Hintergrund anschauen, und die Essenz dessen, was diese Rollen wollen und fühlen. Oder sie müssten sich für eine Weile auf die Seite von Doris stellen, um sie und ihre Reaktionen besser zu verstehen. Erst dann haben sie eine Chance zu begreifen, was auf der Ebene der Ereignisse passiert, welche Veränderungswünsche und Träume im Hintergrund aktiv sind und in der beobachtbaren Wirklichkeit auf so verkappte und verdrehte Weise anklopfen. Doris E. braucht keine Kritik, sie braucht Unterstützung. Sie kämpft für mehr als

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