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Hinter verschlossenen Türen

Titel: Hinter verschlossenen Türen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Kathrine Green
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unberührt ist von jener wahnsinnigen Leidenschaft für einen andern.
    Aber sie war doch ein – ein Mädchen –
    Aus niederm Stande, wollen Sie sagen, ergänzte der Doktor. Das freilich; doch ist sie Genofevas Schwester und ihr an Verstand, an Schönheit und, wie ich hoffe, auch an innerem Wert überlegen. Zwar ist sie anscheinend ohne Gewissensbisse auf den Betrug eingegangen, hat aber seitdem Zeichen einer so aufrichtigen Reue blicken lassen, und hat für den Mann, welchen sie täuschte, eine so innige Zuneigung an den Tag gelegt, daß ich die frohe Hoffnung hege, sie wird meine Schonung und Hingabe verstehen und sich künftig meiner Liebe und Achtung würdig zeigen.
    Gryce trat näher an ihn heran: Sie machen es mir schwer, meine Pflicht zu erfüllen, sagte er.
    Ihre Pflicht?
    Sie scheinen zu glauben, daß es sich einzig und allein darum gehandelt hat, die Identität Ihrer Gattin festzustellen, und daß Ihnen jetzt nichts anderes mehr bevorsteht, als sich mit ihr zu versöhnen?
    Kameron unterdrückte einen Ausruf des Schreckens. Sie wollen doch nicht etwa ihr gegenüber den schwarzen Verdacht festhalten, denselben Argwohn, den Sie gegen die bis zum Wahnsinn erregte Tochter des Herrn Gretorex richteten?
    Der Detektiv seufzte; es war ihm höchlich zuwider, abermals das Amt eines Folterknechts zu versehen.
    Ich war der Meinung, bemerkte er zögernd, ich brauche Sie nicht erst darauf aufmerksam zu machen, daß der Verdacht der Polizei gegen Ihre Gattin weit eher verschärft als gemindert wird durch die Entdeckung, daß es Genofevas Stellvertreterin war, die am Leben blieb und Ihr Weib wurde – und nicht sie selbst.
    Darauf bin ich nicht vorbereitet. In der Ueberzeugung,die Lösung des Rätsels gefunden zu haben, habe ich mich nicht gefragt, ob wir noch ein anderes Geheimnis zu erforschen hätten.
    Ich wollte, wir wären dieser Pflicht überheben. Aber im Hinblick auf die begleitenden Umstände und die schwere Versuchung, die an Ihre Gattin herantrat, können wir unmöglich von einer gerichtlichen Untersuchung abstehen. Da Fräulein Gretorex Mut genug besaß, um ihre frühere Stellung als Herrn Gretorex' Tochter und Ihre Braut wieder einnehmen zu wollen, so würde es ihr auch sicherlich nicht an Kraft gefehlt haben, ihre Absicht auszuführen, hätte Mildred sie nicht gewaltsam daran verhindert. – Wie sollen wir uns den Vorgang erklären? Läßt sich annehmen, sie habe der Schwester zu Gefallen ihr Leben von sich geworfen? Scheint es nicht wahrscheinlicher, daß die Schwester ein Mittel fand, den Tod herbeizuführen, welcher ihr den Besitz aller Güter sicherte, die sie begehrte?
    Der Doktor gab die einzig mögliche Antwort:
    Das Gift, sagte er, gehörte Genofeva. Es war in dem Schmuckkasten verschlossen, der in ihrer Kommode stand. Ist es auch denkbar, daß Mildred dies wußte, so konnte sie Genofeva doch unmöglich den tödlichen Trank einflößen, ohne daß diese es gewahrte.
    Dies ist der schwache Punkt. Wir haben dagegen nur die Einwendung zu machen, daß Molesworth der Ansicht gewesen sein muß, Mildred Farley habe ein Verbrechen begangen. Er betrat zuerst den Schauplatz der Tat und bewies in seiner Handlungsweise eine Entschlossenheit und Umsicht, wie sie sich bei einem Manne erwarten läßt, der Willens ist, einen Mord zu verbergen. Wenn er so urteilte –
    Wir haben keine Gewißheit darüber. Was er dachte oder mutmaßte, werden wir nie erfahren; er ist tot und hat sich zu nichts bekannt, entgegnete Kameron kühl. Aberder Schlag war nicht wirkungslos geblieben. Niemand wußte ja besser als er, daß Molesworth sich gefürchtet hatte, ihm die Wahrheit in betreff der Identität seiner Gattin zu verraten. Gab es denn für diese Furcht eine andere Erklärung, als daß er an ihre Schuld glaubte, welche durch die Entdeckung, wer sie sei, als erwiesen gelten konnte? –
    Lassen Sie uns nicht weiter darüber streiten, Herr Doktor, bemerkte der Detektiv. Solange ich noch über meine Pflicht im Zweifel war, bin ich zu jeder Erörterung bereit gewesen, nun ich aber weiß, was ich zu tun habe, wünsche ich kein Wort mehr zu verlieren. Auch Ihnen möchte ich als Freund raten, ferner über die Angelegenheit zu schweigen.
    Dieser Ton war Kameron bei dem Detektiv ganz neu; er fühlte sich aufs peinlichste davon betroffen. Also, seine persönliche Ueberzeugung, ja die Wahrheit selbst vermochte nichts an der Tatsache zu ändern, daß sein Weib von nun an in den Augen der Polizei als des Verbrechens verdächtig gelten müsse,

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