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Hinter verschlossenen Türen

Titel: Hinter verschlossenen Türen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Kathrine Green
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ihr über die Wangen.
    Laß mich Gott danken! flüsterte sie und versuchte die Hände zu falten, doch war sie zu schwach dazu und lächelte nur stillbeglückt.
    Kameron drängte die Rührung zurück, die sich seiner unwiderstehlich bemächtigen wollte. Und war das der einzige Kummer, der dich bedrückte? fragte er, sie zärtlich anblickend; hast du keine andere Besorgnis, keine Furcht auf dem Herzen?
    Keine. Was könnte mich sonst noch quälen? War das nicht genug, deine Liebe zu verlieren? O Walter, du weißt nicht, welcher Schatz deine Liebe für mich ist! Aber, wenn ich am Leben bleibe, sollst du es noch erfahren.
    Sie Hob die schweren Lider und sah den Gatten mit so viel Freimut, Offenheit und Innigkeit an, daß er triumphierend aufstand und zu Gryce hinüberblickte. Dieser aber hatte seinen Beobachterposten verlassen und stand jetzt an der Tür, den Hut in der Hand.
    Ich möchte mich Ihnen empfehlen, sagte er, als der Doktor auf ihn zutrat. Wenn Sie noch einen Auftrag für mich haben, lassen Sie es mich gefälligst wissen. Ich selbst hege kein weiteres Anliegen und wünsche Ihnen nur noch von Herzen Glück.
    Mit wohlwollendem Abschiedsgruß wandte er sich zum Gehen und verließ geräuschlos das Zimmer und das Haus.

Vierzigstes Kapitel.
    Etwa sechs Wochen später erhielt Gryce die nachstehende Zuschrift:
    »Seit einigen Tagen weiß ich aus dem Munde meines Gatten, zu wie furchtbarem Verdacht ich der Polizei durch mein Verhalten Anlaß gegeben habe.«
    »Daß ich das Glück, welches mir zuteil geworden ist, nicht verdiene, fühle ich wohl; auch bin ich weit entfernt, meine Handlungsweise beschönigen zu wollen, aber meiner Schwester habe ich kein Leid zugefügt und trage keine Schuld an den schrecklichen Folgen, welche mit ihrer unerwarteten Rückkehr verbunden waren. Um Sie hiervon zu überzeugen, schicke ich Ihnen den folgenden wahrheitsgetreuen Bericht, in der Hoffnung, Sie werden der Gattin eines so edlen Mannes, wie Walter Kameron, gern Gerechtigkeit widerfahren lassen, mag sie Ihnen auch noch so tadelnswert erscheinen.«
    »Meine Jugend war nicht glücklich. Von Natur ehrgeizig und mit aufgeschlossenem Sinn für alles Hohe und Schöne, sah ich mich durch die Armut nicht nur in allem Streben gehemmt, sondern auch jeder Gelegenheit beraubt, die mir verliehenen Fähigkeiten und Gaben auszubilden. Unausgesetzte Arbeit war mein Los; meiner Mutter zuliebe ergab ich mich zwar darein, konnte mich aber von dem bittern Gefühl nicht freimachen, daß mir zu schwere Opfer aufgebürdet und meine Kräfte mißbraucht würden.«

    »Meine Unzufriedenheit wuchs, als mich meine Mutter eines Tages in ihr Vertrauen zog. Ich erfuhr, daß ich eine Zwillingsschwester besitze, die mein vollständiges Ebenbild sei, aber im Schoße des Glückes lebe und alle Güter ihr eigen nenne, nach welchen ich von ganzer Seele schmachtete. Sie hatte Reichtum und Talente, sie verfügte überihre Zeit und konnte jeden ihrer Wünsche befriedigen. In den Häusern der Vornehmen und Reichen, die mir wie Zauberpaläste erschienen, verkehrte sie als willkommener Gast. Und doch war es nur ein Zufall, welcher ihr undnicht mir dies glänzende Geschick bereitet hatte, denn eigentlich hatte meine Mutter mich für die vornehme Dame bestimmt, welche eines der beiden Neugeborenen an Kindesstatt annehmen wollte; aber jene griff über die ihr zunächstliegende Kleine hinweg nach meiner Schwester, obgleich diese weder hübscher noch größer und kräftiger war als ich.«
    »Seit dieser Umstand zu meiner Kenntnis kam, war ich wie verwandelt; mir schien, als sei ich durch meine Schwester unrechtmäßigerweise von dem mir gebührenden Platz verdrängt worden. Dabei malte sich meine jugendliche Einbildungskraft die Freuden und Vorzüge, welche sie genoß, mit um so glänzenderen Farben aus, je schroffer der Gegensatz war, in dem sie zu meinem mühseligen Alltagsleben standen. Die Pflichten gegen meine geliebte, häufig leidende Mutter war ich zwar bemüht, treulich zu erfüllen, aber ich beneidete meine Schwester um den äußeren Glanz ihrer Stellung, und brütete Tag und Nacht über mein trauriges Geschick, es mit dem ihrigen vergleichend. Ich hatte sie nie gesehen und wußte nur, daß sie in einem vornehmen Stadtteil wohnte, als eine jener Glücklichen, deren prächtige Wagen in den Straßen an mir vorüberrollten, oder sich an den Portalen der Theater und Konzerthäuser drängten. – Für mich waren solche Genüsse unerreichbar! –«
    »Inzwischen war meine

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