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Hinter verschlossenen Türen

Titel: Hinter verschlossenen Türen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Kathrine Green
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wie soll ein frisches, lebensfrohes, junges Mädchen, das gesund ist an Leib und Seele, darauf kommen? – Sie sprach nicht weiter, aber der grimmige Ausdruck um ihren Mund schien Gryce ein deutliches Zeichen, daß Mildred Farleys warmherzige Freundin auf bestem Wege sei, seinen Argwohn zu teilen. In der Hoffnung, durch sie noch andere wichtige Aufschlüsse zu erhalten, begann er ihr eine Reihe Fragen vorzulegen. Wie geschickt er aber auch die Sache angriff, der Erfolg war nur gering. Am Schluß einer stundenlangen Unterredung hatte er etwa folgende Tatsachen erfahren:
    Das junge Mädchen war in letzter Zeit in betreff ihrer Arbeit sehr zurückhaltend gewesen. Von den vielen schönen Kleidern, die sie im vergangenen Monat angefertigt (die Flicken in ihrem Zimmer lieferten den Beweis dafür) war der Wirtin, welcher sie sonst alles zeigte, kein einziges zu Gesicht gekommen. Im Gegenteil, sie schloß sich damit in ihremZimmer ein, bis die Kleider zur Ablieferung fertig waren und trug sie dann selbst in einer großen Pappschachtel fort. Oft kam sie von solchen Gängen erst spät abends heim, was Frau Olney viel Angst und Sorge bereitet hatte. Das Haus ihrer Kundin mochte wohl in einem ganz andern Stadtteil liegen. Diese selbst mußte eine vornehme, reiche Dame sein; sie war öfters bei Mildred zur Anprobe erschienen und jedesmal im Wagen vorgefahren.
    Wo sich Mildred in den letzten Tagen zum Besuch aufgehalten, wußte weder die Wirtin noch sonst jemand im Hause anzugeben. Krank war sie nicht gewesen, hatte sich überhaupt stets der besten Gesundheit erfreut und, so weit bekannt war, nie einen Arzt gebraucht.
    Doktor Molesworth, der Frau Farley in ihrer letzten Krankheit behandelt hatte, war dadurch viel mit der Tochter zusammengekommen, aber ohne daß ihr Verhältnis ein vertraulicheres geworden. Sie für ein Liebespaar zu halten, wäre niemand in den Sinn gekommen. Die übrigen Kostgänger hatten sie weder zur Zielscheibe harmloser Spässe und Neckereien gemacht, wie dies bei solchen Gelegenheiten oft vorkommt, noch waren ihre Namen überhaupt im Hause zusammen genannt worden.
    Ein einzigesmal hatte man sie auf der Treppe miteinander flüstern sehen, aber auch dann nicht etwa in zärtlichem Zwiegespräch, sondern nur wie bei einer geschäftlichen Verabredung.
    Mit diesen Mitteilungen mußte sich Gryce fürs erste begnügen. Aber Frau Olney war nicht seine einzige Quelle. Als der Coroner sich am Morgen zur Totenschau eingefunden hatte, war in seiner Begleitung eine freundliche ältere Frau erschienen, um die Wirtin bei der Wache am Lager des toten Mädchens abzulösen. Von ihr hoffte Gryce Auskunft über einen Umstand zu erhalten, der ihm sehr wichtig war, denn Frau Roberts, die er sofort erkannte,diente der Geheimpolizei als ein tätiges Mitglied. Sobald er sich mit ihr allein sah, fragte er:
    Haben Sie meinen Zettel heute früh erhalten?
    Ja, lautete die Antwort, und Sie haben recht: auf dem Kleid, am Rücken zwischen den Schultern, ist wirklich ein ganz frischer Farbfleck.
    Gryce atmete tief auf vor innerer Befriedigung.
    Ist er hell oder dunkel? fragte er, beschreiben Sie ihn mir ganz genau.
    Ein rötliches Hellbraun, von ganz besonderer Schattierung.
    Also richtig. Besten Dank; ich bin Ihnen, sehr verbunden. Weiß jemand hier im Hause um den Fleck?
    Ich glaube nicht. Kann ich Ihnen sonst mit etwas dienen?
    Nur noch eine Frage: Was halten Sie von Doktor Molesworth?
    Es ist ein finsterer, trübsinniger Mensch, dem wohl noch etwas anderes auf der Seele drückt, als sein Kummer. Es ist schwer, aus ihm klug zu werden, aber eins ist sicher: verraten wird er nichts, wenn ihn nicht der Richter dazu zwingt. Er hat sich vollständig in der Gewalt, ist stets auf seiner Hut und benimmt sich ruhig und würdig. Ich bin erst so kurze Zeit hier auf dem Posten, aber ich muß sagen, er flößt mir Bewunderung ein.
    Wirklich? – Da wäre es ja leicht möglich, daß auch andere Frauen die gleichen Gefühle hegten.
    Versteht sich. – Sein Aeußeres ist zwar dem Auge nicht wohlgefällig, auch zeigt er keine Weichheit des Charakters, keine Schwäche für das weibliche Geschlecht – und doch kann er den Mädchen gefährlich werden. Ich sehe das in seinem Blick und kenne die Weiber.
    Sie glauben also, daß Mildred Farley durch die Liebe in den Tod getrieben worden ist? Aber der Doktor sagtedoch ausdrücklich in meiner Gegenwart, sie habe den Tod der Heirat vorgezogen.
    Wir sonderbar! – das kann nur Doktor Molesworth aufklären,

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