Hintergangen
mit deftigen Honoraren lockte, sodass es mehr als wahrscheinlich gewesen wäre, dass irgendwer geplaudert, und Annabels Erbe sich in eine Rauchwolke aufgelöst hätte.
K urz darauf verabschiedeten sich der Anwalt und Brian Smedley. Tom hatte ursprünglich vorgehabt, die beiden Herren zu Annabel zu begleiten, um auch ihre Reaktion auf Hugos Testament zu beobachten, doch er glaubte, diese bereits erahnen zu können. Daher bat er stattdessen Becky mitzufahren. Er hatte noch keine Zeit gehabt, mit Laura zu reden, und die Anzahl von verwirrenden Fragen, die er lösen musste, wurde immer größer.
Laura hatte die beiden Männer hinausbegleitet, und bis sie ins Wohnzimmer zurückkam, hatte Tom sich eingeredet, dass das Gehörte sie bestimmt ernstlich mitgenommen hatte. Falls sie noch irgendwelche Illusionen bezüglich Hugos Gefühlen ihr gegenüber gehegt hatte, waren diese soeben öffentlich zerschmettert worden, und er machte sich ehrlich Sorgen um sie. Allerdings war es auch seine Aufgabe, hinter die Fassade zu schauen und sämtliche Geheimnisse aufzudecken, die diese Familie unter Verschluss hielt. Je mehr er von den turbulenten Emotionen der Leute in Hugos Umfeld begriff, desto besser seine Chance, den Mann zu verstehen. Dies wiederum würde, so hoffte er, seine Chance erhöhen, Hugos Mörder zu finden. Ein verständnisvolles Ohr in dieser emotional belasteten Zeit könnte Lauras Widerstände möglicherweise zum Teil abbauen.
»Ist alles in Ordnung, Laura? Es steht mir vielleicht nicht zu, das zu sagen, aber das war ja gerade ziemlich heftig.«
Ihr offenes Lächeln überraschte ihn. Als sie sich ihm gegenüber hinsetzte, wirkte sie fast belustigt.
»Danke der Nachfrage, Tom, aber es ist schon okay. Er hat wirklich an alles gedacht, nicht? Ich kann Alexa unmöglich Annabels Gleichgültigkeit überlassen. Das arme Kind hat schon genug zu verkraften.
Einen Fehler hat er aber gemacht«, fügte sie mit boshaftem Augenfunkeln hinzu. »Ich warte einfach ab, um das mit dem Treuhänder abzuklären, aber dann nehme ich den Laden hier auseinander, und es wird mir einen Riesenspaß machen. Ich hatte jahrelang Zeit, mir zu überlegen, was ich machen will. Ich weiß, ich verwende mein eigenes Geld für etwas, das mir am Ende gar nicht gehören wird, aber ich kann nicht noch einmal zehn Jahre hier so weiterleben. Alexa hat etwas Besseres verdient, und für die Zeit, wenn ich obdachlos bin, ist dann auch noch genug übrig.«
Es machte ihr tatsächlich nichts aus, dachte Tom voller Erstaunen. Das Grausame war aber nicht bloß der faktische Hausarrest.
»Und die Klausel mit der Wiederverheiratung und der nicht ehelichen Lebensgemeinschaft? Das ist doch ein bisschen krass, oder nicht?«
Laura lachte, und was sie nun sagte, kam aus vollem Herzen.
»Nein danke. Nie wieder. Was mich betrifft, ist das keine Strafe.«
»Aber Sie lieben Alexa offensichtlich. Wollten Sie denn keine eigenen Kinder?«
Lauras Gesicht wurde ernst, und es tat Tom leid, dass er die Stimmung getrübt hatte.
»Doch, ich hätte schon gern eigene Kinder gehabt. Aber das ist keine Option gewesen.«
In dem Moment klingelte Toms Handy. Verdammt, so nah an der echten Laura war er noch nie gewesen. Doch es war Kate, er musste drangehen. Er entschuldigte sich, stand auf und trat mit dem Rücken zu Laura ans Fenster. Er sprach ein paar Minuten mit gedämpfter Stimme und legte dann auf.
»Tut mir leid. Nicht der beste Zeitpunkt für eine Unterbrechung, aber das musste ich annehmen.«
Die Stimmung war hin, und Tom war frustriert. Kates Timing war schon immer großartig gewesen! Laura sah ihn fragend an, ob es etwas Neues über den Fall gab, wusste aber nicht recht, ob sie nachfragen durfte.
»Bloß ein persönliches Problem, das ich lösen muss. Keine neue Erkenntnis bezüglich des Täters, fürchte ich.«
Laura wirkte seltsam erleichtert. Vielleicht tat es ihr gut zu wissen, dass sie nicht die Einzige war, die Probleme hatte.
»Nun, die Gefühle meines Ehemannes mir gegenüber wurden ja soeben vor der ganzen Welt ausgebreitet, wenn ich also irgendwie helfen kann, schießen Sie los. Vielleicht lenkt es mich ja von dem mittlerweile hoffnungslosen Durcheinander meines eigenen Lebens ab.«
Als Tom sich wieder hingesetzt hatte, wurde ihm schmerzlich bewusst, wie einsam er war. Irgendwie hatte er das bisher immer verdrängt. Das Alleinsein machte ihm zwar nichts aus, doch hatte er seit seinem Umzug nach London niemanden mehr, mit dem er außer einem gelegentlichen
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