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Hintergangen

Hintergangen

Titel: Hintergangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Abbott
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über das Verhalten meines Bruders sagen können, wird mich überraschen. Wenn Sie mich fragen: Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm. Wie er jemandem nacheifern konnte, den er so offensichtlich gehasst hat, ist mir schleierhaft. Aber wer will das beurteilen? Was wollen Sie wissen, Chief Inspector?«
    Er sah zu Laura hinüber, die kurz nickte.
    »Tom, ganz recht – und bevor ich fortfahre, Beatrice, könnten Sie mir Ihre Bemerkung noch kurz erklären … dass Hugo seinen Vater gehasst hat? Wir haben die Angaben zum Tod Ihres Vaters durchgesehen. Offiziell wird der Fall als Selbstmord geführt, doch wenn man genau hinsieht, deutet da doch einiges auf Fremdeinwirkung hin – daher die richterliche Feststellung auf unbekannte Todesursache. Glauben Sie, Hugo könnte ihn umgebracht haben?«
    »Nein, hat er nicht. Er hat ihn verachtet, aber umgebracht hat er ihn nicht. Nächste Frage.«
    »Sind Sie sich da sicher?« Tom ließ nicht locker.
    »Absolut. Wenn Sie möchten, dass ich kooperiere, würde ich jetzt gern auf ein anderes Thema kommen.«
    Die Vergangenheit, erkannte Tom, mochte faszinierend sein, musste jedoch warten.
    »Richtig. Wir ermitteln nicht nur im Fall des Mordes an Ihrem Bruder, sondern schauen uns auch an, ob er einige der Prostituierten, die er durch seine Stiftung gerettet hat, vielleicht auch für seine eigenen Zwecke missbraucht hat. Sie müssen wissen, dass einige vermisst werden, und wir vermuten, dass es da eine Verbindung gibt. Eventuell hat eine von denen ihn auf dem Gewissen.«
    Beatrice lächelte freudlos.
    »Bei Hugo würde ich an Ihrer Stelle mit dem Schlimmsten rechnen. Ich glaube, er hat die Prostituierten einfach benutzt, wie es ihm gepasst hat – wahrscheinlich schon seit Bestehen der Stiftung. Mein Vater hat ein ähnliches Unternehmen betrieben, wenn auch in viel kleinerem Umfang und nur mit Mädchen aus dem Ort, rein zu seinem eigenen Vergnügen.« Beatrice verstummte. Sie blickte angestrengt, als wollte sie Ereignisse aus ihrer Vergangenheit heraufbeschwören, die nicht sehr angenehm waren.
    »Er hat darauf bestanden, bei jeder Leibesvisitation eines ›geretteten‹ Mädchens dabei zu sein«, fügte sie hinzu. »Es ist lange her, und damals hat man das aus irgendeinem bizarren Grund auch für akzeptabel gehalten. Genauso wie Lehrer damals kleine Jungen züchtigen durften, mit dem Rohrstock auf den blanken Hintern. Vater hat gemeint, man sollte sich nicht an seiner Anwesenheit stören und ihn als Arzt betrachten. Im Grunde war er schlicht pervers. Hugos Spielchen würden mich also nicht im Geringsten wundern. Ich staune bloß, dass man ihm nicht auf die Schliche gekommen ist.«
    Dabei musterte sie Tom, der in dem Blick einen leisen Anflug von Scham erkennen konnte, als wären die Nachkommen schuld an den Sünden ihrer Väter.
    »Wenn er die Mädchen als Geliebte genommen hat«, sagte Tom, »dann scheint er ja einen ziemlichen Verbrauch gehabt zu haben – jeden Monat eine Neue. Was glauben Sie, was mit denen passiert ist, wenn er mit ihnen fertig war, Beatrice?«
    Sie überlegte einen Augenblick.
    »Wenn ich jetzt wetten müsste, würde ich sagen, er hat sie mit Geld ruhiggestellt und sie wahrscheinlich möglichst weit weggeschickt – damit sie nicht zufällig ihren alten Freundinnen begegnen konnten. Wenn er auch nur annähernd so war wie sein Vater, dann hätte er alles getan, um einen Skandal zu vermeiden.«
    Sie schüttelte den Kopf. Wahrscheinlich bereute sie es, in diese ganze Sache hineingezogen worden zu sein, dachte Tom. Er schaute die beiden ihm gegenübersitzenden Frauen an. Er war ganz nah dran, doch das letzte Puzzleteilchen fehlte ihm noch.
    »Das Problem ist – wir haben die größten Schwierigkeiten, irgendetwas zu beweisen und die Mädchen ausfindig zu machen. Wir müssen herauskriegen, wo er sie hingebracht hat. Vielleicht finden wir dann einen Hinweis, der uns in die richtige Richtung lenkt. Können Sie sich an irgendeinen Ort aus Ihrer Kindheit erinnern, an den er sie möglicherweise gebracht hat, Beatrice, denn alle anderen Optionen haben wir bereits überprüft?«
    Tom saß buchstäblich auf der Kante seines Sitzes, ungeduldig und verzweifelt um irgendeinen Hinweis bemüht, und hoffte, dass diese Dringlichkeit sich den anderen Anwesenden mitteilte.
    Beatrice hatte aber offenbar nichts Wesentliches beizutragen.
    »Ich habe ihn ja bloß gekannt, bis er etwa zehn war, aber wenn er auch nur entfernt so ist wie seine Eltern, kann ich mir schon vorstellen,

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