Hintergangen
obwohl ich zugebe, dass Äußerlichkeiten täuschen können.«
Unwillkürlich musste Laura lächeln. Beatrice verdiente es, die Wahrheit zu erfahren, dachte sie. Sie versuchte zu erklären, dass sie von einem Mann hingerissen war, der einen Großteil seines Lebens einer Wohltätigkeitsorganisation widmete, die in so dezidierter Weise Frauen unterstützte. Ihr war klar, dass sie ihn auf ein Podest gestellt und seine Fehler entweder nicht gesehen oder aber zu entschuldigen versucht hatte. Einem wie Hugo war sie bis dahin noch nie begegnet. Er war weltgewandt, charmant und führte ein Leben, von dem jemand wie sie immer nur geträumt hatte. Sie hatte sich oft gefragt, wie sehr sie sich von seinem Geld und seiner Macht hatte beeinflussen lassen, und ihr widerstrebte der Gedanke, dass beides bei ihrer Vernarrtheit eine Rolle gespielt hatte. Auch hatte sie lange nicht erkannt, dass der schmale Grat zwischen Einfühlungsvermögen und Dominanz bereits überschritten war.
Einen Arm am Treppengeländer, hörte Beatrice aufmerksam zu. Sie standen immer noch im Eingang.
»Ich habe gedacht, dass ich ihn liebe, Beatrice, das habe ich wirklich.«
»Aber du hast dich geirrt?«, erwiderte Beatrice nun doch mitfühlend.
»Ja, ich habe mich geirrt. Aber ich habe lange gebraucht, um daraufzukommen, und dann war es schon zu spät.«
»Was meinst du mit ›zu spät‹? Es ist doch nie zu spät. Was hat dich davon abgehalten, ihn zu verlassen?«
Das helle Klingeln der Türglocke kam Lauras Antwort zuvor. Das musste die Polizei sein, denn das vordere Tor war geschlossen. Und richtig, als sie die Tür aufmachte, stand ein besorgt aussehender Tom Douglas mit Becky Robinson davor. Tom lächelte entschuldigend, doch als ihre Blicke sich trafen, gestand sie sich ein, dass sie sich doch irgendwie freute, ihn zu sehen.
»Tut mir wirklich leid, Sie so spät noch zu stören, Laura. Aber ich muss noch mal mit Ihnen reden. Dürfen wir hereinkommen?«
Tom trat in die Eingangshalle und war verwundert, als er Beatrice sah.
»Verzeihung, Laura. Ich wusste nicht, dass Sie einen weiteren Gast haben.«
»Schon gut, Tom. Das ist Beatrice, Hugos Schwester. Beatrice, das ist Detective Chief Inspector Tom Douglas.«
Tom wurde neugierig.
»Wie lange sind Sie schon im Lande, Mrs …?«
»Lekkas. Ich bin übrigens heute erst angekommen, wenn Sie sich also fragen, ob ich ihn umgebracht habe, lautet die Antwort, nein – obwohl wer auch immer es getan hat, einen kräftigen Applaus verdient!«
Über Toms verblüfften Gesichtsausdruck musste Laura schmunzeln. Beatrices direkte und offenherzige Art war zwar etwas gewöhnungsbedürftig, doch sie gefiel Laura immer besser. Tom erholte sich recht schnell wieder.
»Sie können uns ja vielleicht helfen«, sagte er. »Gehen wir doch rein und setzen uns. Bestimmt können Sie uns weiterhelfen.«
Er lächelte Laura etwas gequält zu.
»Freut mich, wenn ich behilflich sein kann«, erwiderte Beatrice. »Wohin, Laura? In das scheußliche Wohnzimmer?«
Ohne die Antwort abzuwarten, stiefelte sie los. Tom sah Laura fragend an, die ihn kurz angrinste und sich dann umdrehte, um Beatrice zu folgen. Sie hatte die Stimmung beträchtlich aufgelockert.
Im Wohnzimmer ließ Tom sich noch einmal durch den Kopf gehen, was Mrs Lekkas über Hugos Ermordung gesagt hatte. Es sah so aus, als hätte ihn überhaupt niemand umbringen können . Und doch waren alle, mit Ausnahme von Alexa, offenbar hocherfreut über sein Ableben. Die Ankunft von Hugos Schwester war aber vielleicht gerade die glückliche Fügung, die sie brauchten. Tom war sich allerdings bewusst, dass diese Dame mit Vorsicht zu behandeln war. Ihr stand womöglich ein Schock bevor, wenn sie erfuhr, was im Zusammenhang mit den Ermittlungen im Mordfall Hugo alles untersucht wurde.
»Mrs Lekkas, ich würde …«
»Bleiben wir doch bei Beatrice.«
»Beatrice, ich will Sie ja nicht unnötig beunruhigen, aber wir haben in Bezug auf das Verhalten Ihres Bruders einige Vermutungen, kommen in der Sache aber nicht recht weiter. Laura, finden Sie es in Ordnung, wenn wir Beatrice einweihen?«
Beatrice antwortete an ihrer Stelle. Sie mochte es nicht so mit Formalitäten haben, besaß jedoch eine tief verwurzelte Haltung zu ihrer eigenen Wichtigkeit.
»Damit wird sie kein Problem haben, richtig, Laura? Und Sie sind Tom, nicht wahr? So hatte Laura Sie doch genannt?« Ohne abzuwarten, dass Tom es bestätigte oder auch nicht, fuhr sie fort. »Nichts von dem, was Sie mir
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